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Interview-Archiv

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HUGO RACE
 
Das innere Universum
Hugo Race
Fast könnte man den Eindruck gewinnen, dass Hugo Race ein unsteter Geist sei. Nach einem langen Aufenthalt in Berlin und Italien und einem zeitweisen in Mali lebt er nun wieder in seiner alten Heimat Melbourne in Australien. Dort schrieb er nicht nur die Songs zu seinem neuen Album mit seinem Projekt "Fatalists" (das aus den Musikern der befreundeten italienischen Band Sacri Cuori besteht) und das nun als Songsammlung "24 Hours To Nowhere" vorliegt, sondern auch ein semi-autobiographisches Buch namens "Road Series", das in 14 Kapiteln die Stationen seines Lebens als Musiker dokumentiert. Zwischenzeitlich fand er aber auch Zeit, mit seiner anderen Band, The True Spirit, auf Europa-Tour zu gehen und darüber nachzudenken, zusammen mit Chris Eckman das Projekt Dirt Music musikalisch in eine neue Richtung zu lenken.
Angesichts dessen, dass Hugo Race als Musiker von der Rastlosigkeit seines Lebens in nicht unerheblichem Maße zehrt, ist "unstet" dann vielleicht nicht der richtige Ausdruck, sein Wesen zu beschreiben. Wie sieht er selber denn diese Sache? "Das habe ich in meinem Buch zusammengefasst", erläutert er, "das Buch enthält 14 Kapitel und jedes Kapitel spielt in einem bestimmten Jahr oder einem bestimmten Monat. Es ist also nicht als typische Rockmusiker-Autobiographie angelegt. Es sind eher 14 einzelne Geschichten. Die erste spielt 1981 in Melbourne und die letzte 2012 in Mali. Die Kapitel dazwischen spielen entweder in Australien, Italien, Deutschland oder Afrika - den Orten, an denen ich zeitweise gelebt habe. Jede dieser Geschichten handelt von Musik, Reisen, die Gesellschaft, Politik, Philosophie - was alles in der Erzählung miteinander verquickt ist." Und die musikalischen Pendants dazu sind dann die Songs auf dem neuen Album. Ging es hier denn vielleicht sogar darum, Geschichten in den neuen Songs zu erzählen? "Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll", überlegt Hugo, "ich wusste, dass es auf der neuen Scheibe um das Thema 'Liebe' gehen sollte - aber vor allen Dingen aber um all die Düsternis und Brutalität, die unser Erlebnis der Liebe ausmacht. Ich hatte also eine klare Vorstellung von dem Umfang dessen, was ich machen wollte, aber auch davon, wie das klingen sollte. Dann habe ich begonnen, das alles zusammenzufügen." Geht es auch um Zeit und Orte? "Ja, in der Tat", pflichtet Hugo bei, "es ist nämlich von 'Road Series' - wo es ja um Zeiten und Orte geht - in direkter Weise betroffen, denn bei diesem Projekt musste ich brutal offen mir selbst gegenüber sein. Da musste ich mich ganz schön zu zwingen. Ich wollte das gar nicht - aber das verlangte das Konzept des Buches schlicht von mir. Nachdem ich diese Barriere durchbrochen hatte, und es geschafft hatte, mir gegenüber ehrlich zu sein, konnte ich überhaupt erst die Songs schreiben, die auf '24 Hours' zusammengefasst sind."
Auch im Titel des Albums geht es um Zeit und Orte: 24 Stunden ist dabei ein relativ konkreter Zeitraum, während "Nirgendwo" ein ziemlich unbestimmter Ort ist. Ist das Absicht? "Der Titel erklärt sich so, dass es hier um die Idee eines Ortes geht, an dem man so desorientiert und alleine ist, dass man 24 Stunden dazu braucht, dort hinzugelangen", erläutert Hugo, "und zufälligerweise braucht man 24 Stunden von Melbourne nach Berlin oder Europa im Allgemeinen. Diese 24-Stunden-Trips sind mir also nicht fremd." Und das "Nirgendwo" als Ziel bedeutet, dass die Orte in den Songs selbst keine besondere Rolle spielen? "Nein, denn die Geschichten auf der Scheibe könnten überall spielen", bestätigt Hugo, "aber unter dem Strich ist das Album in vielerlei Hinsicht eine ziemlich australische Scheibe geworden, denn unser Verständnis als Australier ist es, über sehr große Räume mit sehr wenig, was diese erfüllt zu verfügen. Und das prägt die australische Psychologie sehr stark." Das heißt also, dass die Umgebung, in der Hugo seine Songs schreibt, einen großen Einfluss auf das Songwriting hat? "Ja, sehr stark sogar", stimmt Hugo zu, "musikalisch, stilistisch, atmosphärisch - in all diesen Hinsichten. Und der Ort ist für mich deswegen wichtig, weil dort die Leute sind, mit denen ich zusammen arbeite. Dieses Album schrieb ich in Melbourne zu einer Zeit, in der ich für niemand anderen etwas machen musste und konnte mich deswegen sehr stark auf mein inneres Universum konzentrieren und hart daran arbeiten, dieses Umfeld überhaupt aufzubauen. Aufgenommen habe ich die Songs aber in Italien, weil es sich bei Fatalists um ein Solo-Songwriter-Projekt handelt und Sacri Cuori, die Fatalists ausmachen, meine bevorzugten Musiker sind, um so etwas umzusetzen. Ich arbeite mit denen schon seit über zehn Jahren zusammen - bevor Sacri Cuori überhaupt existierten."
Hugo Race
Auf der neuen Scheibe singt Hugo auch ein Duett mit Angie Hart. "Ja, Angie ist die Sängerin einer australischen Band namens Frente. Die hatten in Europa in den frühen 90ern einige Hits, gingen dann mit einigem Erfolg in die USA, lösten sich auf und fanden sich dann wieder in Australien zusammen. Ich wusste das gar nicht, aber auf der Beerdigung eines guten Freundes letztes Jahr habe ich sie wiedergetroffen und dann haben wir beschlossen, zusammen zu arbeiten." Wonach sucht Hugo Race in einem guten Song? "Wenn man einen guten Song schreiben will, dann sollte man etwas zu sagen haben", überlegt Hugo, "und man sollte es in einer emotionalen Weise, die die Leute bewegt, sagen können sollen. Das ist schon mal schwierig genug. Dann muss man das Ganze auch in einen zumindest ansatzweise originellen Kontext packen. Man muss versuchen, neue Ideen in alte Konzepte einzubringen. Und das muss dann auch noch auf eine natürliche Weise passieren - weil es sich sonst wie eine Konstruktion anhört. Deswegen habe ich auch ein ganzes Jahr gebraucht, um die Scheibe zu schreiben." Das unterscheidet sich doch sehr von dem, was Hugo bislang so machte, oder? "Ja, gewiss", räumt er ein, "ich habe so einige abstrakte Scheiben über abstrakte Ideen gemacht. Mit '24 Hours' wollte ich aber eine Scheibe machen, die sich auch jemand anhören kann, der nichts über mich weiß - und sich dennoch davon betroffen zeigen kann."

Nun ist es ja so, dass das Songwriter-Genre nicht unbedingt ein junges ist. Alles, was man mit einer akustischen Gitarre erzählen kann, ist im Prinzip ja schon erzählt worden. "Ganz genau", überlegt Hugo, "die musikalische Sprache ist ja ziemlich limitiert - was Akkorde, Tonleitern, Harmonien und Stile betrifft. Ein Teil meiner Aufgabe ist der, Rhythmus, Atmosphäre, Inhalt, Harmonie, Melodie und Instrumentierung auf eine neue Art und Weise zusammenzubringen. Das kann ganz schön lange dauern - es sei denn, man arbeitet mit den richtigen Leuten zusammen, und das ist der Grund, warum ich so gerne mit Sacri Cuori zusammen arbeite." Wie funktioniert denn dieser Prozess? Durch Hinzufügen? Durch Subtrahieren? "Beides", meint Hugo sehr bestimmt ,"zunächst mal baue ich verschiedene Ebenen aus, füge Instrumente hinzu und probiere Dinge aus, und dann beim Mischen nehme ich dann wieder dieses und jenes weg - denn am Ende klingt nichts so gut wie das absolut notwendige Minimum." Und entstanden die Songs auf "24 Hours" auch auf eine konventionelle Songwriter-Art? "Auf gewisse Weise ja", schränkt Hugo ein, "aber für gewöhnlich beginne ich mit offenen Stimmungen auf der Gitarre - weil mir das ermöglicht, mich außerhalb standardisierter musikalischer Referenzen zu bewegen. Wenn ich etwas gefunden habe, was mir gefällt, muss ich das dann in konventionelle Stimmungen zurücktransponieren, damit andere Musiker mir folgen können. Das Problem, das ich mit diesem Prozess habe ist, dass ich nicht mehr weiß, wie ich den Song geschrieben habe, wenn ich fertig bin." Wo geht es für Hugo denn musikalisch in der Zukunft hin? "Heutzutage ist es mir tatsächlich möglich, einfach das machen zu können, was ich möchte. Ich habe das Vertrauen meiner Musiker und das Label spielt auch mit. Ergo habe ich eine Menge Projekte aufgereiht. Ich freue mich zum Beispiel auf die nächste Dirt Music-Scheibe, denn hier wird es einen radikalen Richtungswechsel geben. Und dann wird es später im Jahr noch eine Scheibe geben, die ich mit einer belgischen Violinistin namens Catherine Graindorge als Long Distance Operators eingespielt habe - das ist dann eine Mixtur aus moderner Klassik, Elektronik und Songwriting. Ich werde mich auf jeden Fall musikalisch weiter entwickeln." Etwas anderes hätte man wohl auch kaum erwartet. Bis dahin kann man sich als Zuhörer ja vielleicht auf den Hugo Race konzentrieren, der sich auf "24 Hours To Nowhere" von einer Seite zeigt, die man von ihm nicht unbedingt erwartet hätte.

Weitere Infos:
www.hugoracemusic.com
www.facebook.com/hugo.race
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Hugo Race
Aktueller Tonträger:
24 Hours To Nowhere
(Glitterhouse/Indigo)
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