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TWIN BANDIT
 
Kreisverkehr
Twin Bandit
Als Hannah Walker und Jamie Elliot - ihres Zeichens zweieiige musikalische (nicht jedoch verwandtschaftliche) kanadische Zwillinge - mit ihrem ersten Album "For You" auch bei uns reüssierten, präsentierten sie sich als gut gelaunte Botschafterinnen der kanadischen Variante des Old-School-Country-Folk-Genres. Im wesentlichen ist das auch auf dem zweiten Album "Full Circle" noch so - zumindest auf der musikalischen Ebene, denn inhaltlich mischen sich auch schon mal düstere Untertöne ein. Für das neue Album wagten Hannah und Jamie - die bislang ihre Songs stets alleine schrieben - einen für sie neuen Schritt und beschlossen, mit anderen Songwritern zusammenzuarbeiten, was letztlich zu Trips nach Salt Springs Island, Jamaica und Nashville führte, wo sie unter anderem mit dem Songwriter Neil Mason zusammen arbeiteten. Das alles spricht natürlich für den Entwicklungs-Willen der jungen Damen - wirft aber doch die Frage auf, wieso man bereits auf der zweiten Scheibe einen Kreis geschlossen haben will; denn eigentlich stehen Hannah und Jamie ja doch eher noch am Anfang ihrer Laufbahn.
"Das ist in einem größeren Zusammenhang zu sehen", erklärt Hannah Walker den philosophischen Unterbau des Album-Titels, "Jamie und mir ist immer bewusst, dass die Musik nur ein Aspekt unseres Lebens ist. Jenseits der Bühne und des Studios gibt es schließlich noch das Familienleben, Beziehungen, Freunde, Liebhaber und alles, was eben hinter der Kulisse passiert. Jamie und ich haben in den letzten paar Jahren einige große Herausforderungen in unseren Leben meistern müssen. Als wir dieses Album schließlich angefangen haben, hatten wir das Gefühl, dass wir eine neue Ebene mit einem dann wieder positiveren Ausblick betraten - und zwar in dem Sinne, dass wir sozusagen zum Anfang zurück kehrten und von vorne begannen." Der vollendete Kreis ist also somit gesamtheitlich zu sehen. Wenn Hannah sagt, dass sie und Jamie große Herausforderungen zu meistern hatten, so bezieht sich das aber doch nicht auf die Musik, oder? "Nein", bestätigt Hannah, "Musik zu machen und Songs zu schreiben ist für uns eine ganz natürliche Art uns auszudrücken. Ich würde nicht sagen, dass das leicht ist, aber es macht uns beiden viel Freude." Die Musik auf dem neuen Album ist von bemerkenswert heiterer Gelassenheit. Ist das vielleicht eine Art Reaktion auf die angedeuteten persönlichen Probleme? "Ja, definitiv", bestätigt Hannah, "denn wenn Jamie und ich in der Vergangenheit zusammen gearbeitet haben, haben wir das Augenmerk oft auf die negativen Aspekte gelegt - also in der Art, in der wir dachten und wie wir uns dann musikalisch ausdrückten. Wir hatten dann aber mal ein Gespräch und haben beschlossen, dass wir lieber doch der Welt etwas Positives vermitteln wollten. Mag ja sein, dass es manchmal schwer ist, aber am Ende des Tages gibt es doch eine Menge - zum Beispiel Freunde, Familie, das schöne Land in dem wir leben und nicht zuletzt der Umstand, dass wir uns und unsere Musik haben - für das wir dankbar sein sollten." Das heißt also, dass die Einstellung dem Songwriting gegenüber sich geändert hat? "Ja, hat sie", meint Hannah, "wir wollten dieses Mal tatsächlich absichtlich positiv rüberkommen." Nun ist das aber so, dass da musikalisch ziemlich viele positive Vibes durchschimmern, aber unter der Oberfläche gibt es doch - musikalische und inhaltliche - Details, die etwas düsterer erscheinen. So als laufe man über einen Sandstrand und trete dann auf Steine oder Muscheln. "Ja, das tut weh, richtig?", fragt Hannah, "ich denke, wir haben uns das so gedacht, dass wir die ganzen positiven Aspekte - die Oberfläche - vielleicht auf eine realistische Basis packen wollten. Insofern haben unsere Songs vielleicht einen realistischen Kern - aber einen positiven Charakter." "Wir müssen ja auch realistisch sein", wirft Jamie Elliot ein, "es ist ja nicht so, dass es bei positiven Gedanken nur um Sonnenschein und Regenbogen geht. Das ist nicht der wahre Optimismus, den wir vermitteln wollten. Wahre Positivität ist, wenn man die Schwierigkeiten konfrontiert, aber für die das positiven Aspakete dann dankbar ist." Ein gutes Beispiel dafür ist der Song "That's Just The Way Live Is", der - obwohl musikalisch heiter - eher stoisch als traumtänzerisch daher kommt. "Ganz genau", stimmt Hannah zu, "es ist ja am Ende nicht alles perfekt, aber das Wichtige ist, dass man am Ende das, was man hat, wertschätzt."
Wie sind Hannah und Jamie das Album musikalisch angegangen? "Wir haben in Nashville einige Kollaborationen ausprobiert. Das hat ganz gut funktioniert. Wir haben das vier mal ausprobiert und zwei der Songs auch auf der Scheibe verwendet. Das war für uns eine interessante Erfahrung, weil wir bisher immer nur zusammen oder jeder für sich geschrieben hatten. Wir haben das sehr genossen. Wir sind dann aber auch noch nach Jamaika und auf einige Golf-Inseln gereist und dort alleine in Klausur gegangen, um Songs zu schreiben. Und einen Song - 'Spell It Out' - haben wir dann auch in Deutschland geschrieben." Heißt das denn, dass die Umgebung wichtig ist für das Schreiben von Songs? "Ich denke, dass die Umgebung und die Leute, mit denen wir uns umgeben, wichtig für sie Musik sind", überlegt Hannah. "Es gibt eine andere Perspektive, wenn man die Umgebung wechselt", ergänzt Jamie, "es sind dann andere Dinge, die deine Aufmerksamkeit erregen." Warum haben Hannah und Jamie überhaupt mit anderen Songwritern zusammen gearbeitet? "Wir wollten halt mal etwas Neues ausprobieren", meint Jamie, "es war unser Label, Nettwerk, das Beziehungen zu einigen Songwritern in Nashville hat. Jamie und ich hatten eigentlich vorgehabt, Urlaub in Nashville zu machen - und da haben die vom Label dann vorgeschlagen, es doch mal mit Co-Writes zu versuchen. Zunächst haben wir uns gesträubt, sind dann aber doch drauf eingegangen. Es war dann auch sehr gut. Schließlich kann es ja auch nicht schaden, wenn man sich anderen gegenüber ein wenig öffnet. Am Ende des Tages gingen wir mit dem Gefühl nach Hause, dass das Ganze viel Spaß gemacht hat." "Es ist nicht so persönlich, wenn man mit jemandem schreibt, den man nicht so gut kennt", fügt Jamie hinzu, "es fordert dich aber heraus, eine Verbindung mit jemand einzugehen, der dir unbekannt ist. Das gibt dir dann auch neue Ideen."

Nun ist "Full Circle" ja ein richtig schönes, altmodisches Country-Album geworden - was das denn gleich der Plan, als es an die neuen Songs ging? "Wir haben uns beide immer der Country & Western-Musik verbunden gefühlt", erläutert Hannah, "Jamie ist damit aufgewachsen und bei mir war es so, dass meine Mutter ein großer Country-Fan ist. Also sind wir von diesem Stil auch immer beeinflusst worden. Ich denke, dass auf dem neuen Album ungefähr die Hälfte der Songs den traditionellen Coutry-Touch haben und die anderen dann - in Bezug auf die Instrumentierung und die Produktion - etwas moderner im Sound sind." "Wir versuchen, der Country Musik, mit der wir aufgewachsen sind, treu zu bleiben", meint Jamie, "versuchen aber auch neue Wege, diese Musik zu teilen." Was fasziniert denn so an Country-Musik? Ist es der Umstand, dass das nun mal eines der besten Genres ist, um Geschichten erzählen zu können? "Ganz genau", pflichtet Hannah bei, "Country Musik hat eine lange Tradition des Geschichten-Erzählens. Und genau das ist es letztlich, das uns beide überhaupt erst zur Musik gebracht hat. Es ist die Weise auf der du dich ausdrücken kannst, deine Sorgen, Nöte und auch die Freude mitteilen kannst und auf diese Weise eine Verbindung zu anderen herstellen und eine Gemeinschaft fühlen kannst."

Twin Bandit
Haben Hannah und Jamie auch an ihrer gesanglichen Technik gearbeitet? Stellenweise klingen die aktuellen Gesangspassagen, als singe hier eine Person mit zwei Stimmen. Von "echten" Geschwistern kennt man so etwas ja - aber für "bloße" Freundinnen ist das doch ein bemerkenswertes Maß an Übereinstimmung. "In der Tat haben wir an unseren Harmonien gearbeitet", gesteht Hannah, "wir haben dabei auch neue Dinge ausprobiert, wie zum Beispiel Harmonien innerhalb eines Songs zu ändern oder unsere Beiträge zu tauschen, zwischen Harmonie und Lead-Gesang zu wechseln, mit Chören zu arbeiten, es am Laufen zu halten, aber interessant zu gestalten und tatsächlich auch mit einer Stimme zu singen, denn unsere Verbindung ist es ja, was uns auszeichnet." Das bedeutet dann wohl, dass dieses Album Hannah und Jamie noch enger zusammengeführt hat, oder? "Definitiv", gibt Hannah zu Protokoll, "denn das war für uns zugleich ein anstrengender wie auch erfreulicher Prozess, während dessen wir uns ausdrücken konnten und gemeinsam durch schwere Zeiten gegangen sind. Wir haben sehr viel Zeit zusammen verbracht und das hat uns enger zusammengeführt. Musik ist dabei das Medium, mit dem das auf ganz natürliche Weise passiert. Wir sind in diesem Sinne in einer sehr glücklichen Lage." Ist Musik dabei also eine Art von Therapie? "Ja, bestimmt", meint Jamie, "zum Beispiel hatte ja auch ich eine schwierige Phase in meinem Leben und die Musik half mir dabei, das zu verarbeiten, indem ich mich auf eine gewisse Weise selbst analysieren konnte. Indem ich über meine Gefühle singen konnte, konnte ich sie auch in Gänze ausschöpfen. Das Ganze versetzt dich in eine Situation, in der du deine Gefühle nicht ignorieren kannst, sondern mit ihnen konfrontiert wirst. Dann kommst du auch dazu, diese auf eine greifbare Art zu verarbeiten." Ein Beispiel für diesen Prozess könnte der Song "I Try" sein, in dem es um eine Konfrontation mit dem Vater geht. "In dem Song geht es um mehrere Dinge", erläutert Jamie, "worum es meiner Meinung nach geht ist der Zwiespalt einerseits vor seinen Problemen weglaufen zu wollen und sich andererseits diesen zu stellen. Es geht auch darum, ein gutes Leben zu führen und harte Entscheidungen zu treffen. Und es geht auch ein wenig um unsere Familie." "Ja, Jamie und ich haben den Song zusammen geschrieben", fügt Hannah hinzu, "es ist also gewissermaßen eine verdichtete Geschichte unserer Empfindungen während des Erwachsen-Werdens. Ich zum Beispiel respektiere meine Eltern, die eine ganze Menge in ihrem Leben erreicht haben, hatte allerdings als junge Person manchmal das Gefühl, ihren Erwartungen nicht immer entsprechen zu können. Also wollte ich lieber davor weglaufen und mein eigenes Leben leben und ihnen nicht etwa das Gefühl geben, sie zu enttäuschen. Ich bin jetzt aber an einem Punkt in meinem Leben angekommen, an dem ich realisiere, dass es doch gerade darum geht: Sich solchen Sachen zu stellen und zum Beispiel den Leuten, die man liebt, die eigene Verletzlichkeit einzugestehen." Das ist ja ganz schön schwerer Stoff. Sagen wir mal so: Da haben wir aber Glück gehabt, dass Hannah und Jamie nicht auf die Idee gekommen sind, für solcherlei Inhalte ein entsprechendes musikalisches Äquivalent zu finden, sondern dem Album - im Gegenteil - musikalisch die erwähnt positive Note zu verleihen. Auf eine neuerliche Twin Bandit-Tour müssen wir aber leider bis zum nächsten Jahr warten.
Weitere Infos:
www.twinbandit.com
facebook.com/twinbandit
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Twin Bandit
Aktueller Tonträger:
Full Circle
(Nettwerk/Warner Music)
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