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Interview-Archiv

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MARLON WILLIAMS
 
Songs, die das Leben schrieb
Marlon Williams
In der Vergangenheit zog Marlon Williams stets einen tiefen Graben zwischen seinem Privatleben und den oft vom Leben gebeutelten Protagonisten seiner als düstere Charakterstudien ausstaffierten Storytelling-Songs. Mit "Make Way For Love", seinem zweiten Album unter eigenem Namen, verarbeitet der 27-jährige Singer/Songwriter aus Neuseeland dagegen aus betont persönlicher Sicht das Ende seiner langjährigen Beziehung zu Gothic-Folk-Überfliegerin Aldous Harding. "Ich war überrascht, dass ich beim Schreiben diesen Weg eingeschlagen habe, nachdem ich zuvor so oft von der Trennung zwischen meinem Leben und meinen Songs gesprochen hatte", verrät er im Gaesteliste.de-Interview. "Trotzdem möchte ich mich in Zukunft nicht zu sehr auf Inhalte aus meinem eigenen Leben verlassen. Ich mag es, das Schreiben wie einen geregelten Job zu betrachten. Nicht jeder meiner Songs muss eine persönliche Herzensangelegenheit sein."
Auf seinem brillanten selbstbetitelten Erstling aus dem Jahre 2016 beherrschten Tragik, Weltschmerz und enttäuschte Hoffnungen die Texte, während Williams klanglich eine Stimmung einfing, die man sonst nur von längst vergilbten Fotos der ganz großen Country- und Pop-Balladensänger der 50er und 60er kennt. Auch "Make Way For Love" atmet noch diesen Geist, doch der Weg dorthin war ein völlig anderer. Während er zuvor seine Texte geradezu journalistisch angegangen war und sie in trockenem Nachrichtenstil besonders verstörend erscheinen ließ, ist der Mann mit der wunderbar voluminösen Crooner-Stimme dieses Mal viel näher dran an seinem eigenen Leben. Denn so schmerzvoll die Trennung von Harding auch war, künstlerisch hätte ihm eigentlich nichts Besseres passieren können. "Es macht mich krank, das so zu sehen, aber etwas Wahres ist da schon dran", sagt er mit einem Schmunzeln. "Es war ein Glücksfall, dass meine Beziehung genau zu dem Zeitpunkt endete, als ich seit zwei Jahren keine Zeile geschrieben hatte und ganz eilig Material für ein weiteres Album brauchte. Die Songs schrieben sich plötzlich fast wie von selbst." Das Ende seiner Beziehung in den Mittelpunkt des Albums zu stellen, hatte Williams zunächst dennoch nicht vor. "Der Aufnahmeprozess war schon fast abgeschlossen, bis ich mich erstmals mit der Frage auseinandersetzte, ob ich wirklich ein Break-up-Album machen wollte", gesteht er lachend. "An dem Punkt war es allerdings praktisch schon zu spät, um mich anders zu entscheiden."
Doch wo andere klassische Songs über das Ende von Beziehungen wie Bob Dylans "Idiot Wind" gerne mal acht, neun Minuten lang sind, gelingt es Williams, seine komplizierten, oft widersprüchlichen Gefühle in Liedern festzuhalten, die oft kaum mehr als drei Minuten dauern, ohne dass Subtilität und Detailverliebtheit deshalb zu kurz kommen. "Um das zu erreichen, musst man Negativraum und Mehrdeutigkeiten als Mittel einsetzen", ist er überzeugt. "Es ist wichtig, sich die Grenzen seines Mediums vor Augen zu führen. Das Schönste dabei ist, wenn man Zeilen kürzt und der Song dadurch trotzdem an Gewicht gewinnt." Angst, dass er zu ehrlich sein könnte, ganz besonders, weil auch seine frühere Partnerin in der Öffentlichkeit steht und eng mit ihrem Leben verbundene Songs schreibt, hatte Williams allerdings nicht. "Auch als wir noch zusammen waren, haben wir uns gegenseitig die Freiheit gelassen, unsere Gefühle in Songs auszudrücken", erklärt er. Inzwischen sind die zwei sogar so weit, dass sie wieder gemeinsam Musik machen können. So singt Harding beim allerletzten Song, der für "Make Way For Love" aufgenommen wurde (auch wenn die beiden bei den Aufnahmen nicht im gleichen Raum waren), und selbst bei einigen Festivalauftritten in der Heimat standen sie zuletzt zusammen auf der Bühne. Welches "Druckmittel" hatte Williams denn, seine Ex-Freundin zum Mitmachen zu bewegen? "Druckmittel ist gut!", erwidert Williams und schüttet sich erst einmal aus vor Lachen. "Nun, wir kamen an einen Punkt in dem ganzen Drama, an dem es wieder Raum für Empathie gab und der Wunsch aufkam, zu unterstreichen, dass wir uns immer noch sehr mögen. Es ist sehr schön, wenn du an diesen Punkt kommst, und dass es ganz am Ende des Aufnahmeprozesses passierte, hat mich sehr berührt." Gleichzeitig hat sich die Balance zwischen dem Gesang und der Bedeutung der Texte gewandelt. War Williams bislang vor allem ein Sänger, der in bester Roy-Orbison-Manier selbst aus den trivialsten Zeilen eine unvergessliche Gesangsperformance machen konnte, achtete er dieses Mal darauf, dass seine Stimme den Inhalt nicht überschattete. "Mich beim Singen etwas mehr zurückzuhalten, war dieses Mal sehr wichtig für mich", sagt er. "Ich liebe es, mit voller Stimme zu singen, aber gleichzeitig wollte ich, dass die Stärke der Songs an sich mehr zu Geltung kommt. Stimmliche Zurückhaltung ist deshalb dieses Mal voll mein Ding gewesen."
Mit "Make Way For Love" geht Williams allerdings nicht nur textlich neue Wege. Auch klanglich ist der Rahmen nun breiter gesteckt und das Country-Flair wird um Scott Walker'sche Pop-Grandezza bereichert. Das geschah allerdings nicht, weil Williams glaubte, die Texte würden eine andere Herangehensweise an die Musik notwendig machen. "Die Veränderungen passierten eher unbewusst", erklärt er. "Sobald mir die Melodien in den Sinn kamen, setzte ich mich dieses Mal eher ans Klavier, anstatt mir die Gitarre zu schnappen, und weil meine Fähigkeiten am Klavier sehr begrenzt sind, landete ich bei Akkordfolgen, die anders sind als auf der Gitarre. Das passierte einfach. Sicherlich spielte es aber auch eine Rolle, dass ich zuvor lange auf Tournee war und praktisch zwei Jahre am Stück jeden Abend Country-Nummern gesungen hatte. Das heißt nicht, dass ich nicht weiterhin weiche Knie kriege, wenn ein Country-Song richtig gut ist, aber mir stand der Sinn nach etwas anderem."
Weitere Infos:
www.marlonwilliams.co.nz
facebook.com/marlonwilliamsmusic
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Steve Gullick-
Marlon Williams
Aktueller Tonträger:
Make Way For Love
(Dead Oceans/Cargo)
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