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AMBER RUBARTH
 
Eile mit Weile
Amber Rubarth
"Wildflowers In The Graveyard" ist bereits das achte Solo-Album der US-Songwriterin Amber Rubarth - und dennoch gelingt es ihr auch hier (wie bei den vorangegangenen Werken und auch ihren beiden Band-Projekten Paper Raincoat und Applewood Road) den Eindruck zu erwecken, als mache sie hier etwas für sie vollkommen Neues. Und das, obwohl "Wildflowers" ein klassisches Folk-Album im Besten Sinne geworden ist - und Folkmusik nun wirklich eine Musikrichtung darstellt, die sie schon des Öfteren bedient hat.
Der Umstand, dass Amber jedes ihrer kreativen Projekte mit einer ungebremsten Begeisterung und Neugier angeht, muss wohl daran liegen, dass sie schlicht mit offenen Augen durch das Leben geht und für alles offen ist - auch zum Beispiel dafür, Skulpturen mit Kettensägen zu erschaffen oder sich als Schauspielerin in Indie-Filmen zu versuchen. Aber lassen wir Amber doch mal selbst erzählen, was es mit "Wildflowers" auf sich hat. Was will uns zum Beispiel der Titel des Albums sagen? "Nun die ganze Scheibe handelt von dem Prozess des Lebens und Sterbens", meint Amber, "es geht aber auch um Wiedergeburt und Verjüngung - speziell in der Natur; wie dort alles irgendwie in Bewegung ist." Was hat den Wunsch, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, ausgelöst? Ging es um einen Todesfall? "Nein - der Keim zu dieser Idee war ein ziemlich schlimmer Verkehrsunfall, in den ich verwickelt war", erklärt sie, "das war vor einigen Jahren. Ich wusste damals nicht, ob ich die Sache überstehen würde und ob ich jemals wieder Musik machen könnte, denn ich hatte eine sehr schwere Gehirnerschütterung. Ich fühlte mich damals ziemlich verloren - einfach weil ich nicht wusste, woran ich war. Ich dachte viel nach und konnte aus körperlichen Gründen eine ganze Zeit keine Musik machen. Da habe ich mich der Natur zugewendet. Speziell diesem Friedhof in der Nähe meines Hauses. Da ist mir dann irgendwann bewusst geworden, dass die Natur sich ziemlich elegant durch den Kreislauf von Leben, Tod, Wiedergeburt bewegt. Wenn in der Natur etwas stirbt, dann macht es Platz für etwas Neues. Mehr noch: Es verschwindet in der Natur ja nichts, sondern geht in etwas anderem auf. Das zu beobachten und davon zu lernen half mir dann bei meiner Genesung."

Wie immer man zu diesen Gedanken stehen mag: Für ein Folk-Album sind diese natürlich eine grandiose Inspirationsquelle. Ist das auch der Grund, warum das Album musikalisch so friedfertig und leise daher kommt? "Ja, das ist wohl richtig", schmunzelt Amber, "das ist definitiv mein leisestes Album. Aber es geht ja auch um das innere Heilen und das Bewusstsein dafür. Ich muss auch sagen, dass ich dieses Album deswegen vor allen Dingen für mich selbst geschrieben habe. Zum Glück ist dann ja auch alles gut gegangen, denn - wie gesagt - ich wusste ja nicht, ob ich noch mal zur Musik zurück finden werde. Ich hatte diese Gehirnerschütterung und ich hatte Probleme mit meinen Nerven. Und jetzt ist alles ganz anders und neu für mich. Deswegen sind die Beobachtungen, die ich in der Natur machte auch so wichtig für mich. Es ist alles nicht so, wie früher, sondern neu und anders. Mir ist jetzt klar, dass alles nicht mehr so sein wird, wie früher." Wie hat sich das auf Ambers Leben ausgewirkt? "Nun, zunächst gab es eine achtmonatige Rekonvaleszenz-Phase", berichtet Amber, "dann fühlte ich mich wieder besser und zog nach Nashville, um mich dort einzuleben. Dort hatte ich dann noch eine Phase mit einer Gürtelrosen-Erkrankung und erst danach konnte ich wieder arbeiten." Hat der Umzug nach Nashville irgend etwas mit der musikalischen Gestation des Albums zu tun? "Auf gewisse Weise ja", zögert Amber, "ich hatte aber schon vorher die Idee dafür. Lustigerweise haben mit die Leute schon vor dem Umzug nach Nashville gesagt, dass meine Musik mit der Zeit immer mehr Southern Vibes angenommen hätte. Nashville hat also nur bedingt mit dem Sound des Albums zu tun. Analog habe ich ja immer schon aufgenommen - einfach weil das meine bevorzugte Art ist. Ich hatte das Glück in Nashville mit dem Tontechniker Matt Andrews zusammenarbeiten zu können, der ja auch schon für Gillian Welch, Dave Rawlings und Dawes gearbeitet hat."

Was wollte Amber denn als Songwriterin mit dem "Wildflower"-Album erreichen? "Das, worum es mir ging, war Subtilität", überlegt Amber, "weißt du, die Welt ist ja an einem Punkt angekommen, an dem alles laut und wütend und offensichtlich ist. Jener Art von Energie der Welt, die als gegeben hingenommen wird, ist heutzutage schon ganz schön extrem. Ich wollte mit diesem Album einfach mal ausprobieren, wie subtil und ruhig man heutzutage überhaupt noch sein kann. Wie man sich durch die Welt bewegen kann und dabei den Dingen Zeit gibt, sich zu entwickeln. Ich wollte gehen und nicht rennen. Genauso wie die Natur, die sich ja auch langsam entwickelt. Ich wollte sagen: Das bin ich - und nicht damit irgendjemand sprichwörtlich ins Gesicht hauen." Das heißt also: "Quiet Is The New Loud", oder? "Ja", lacht Amber, "aber nur für dieses eine Album!"

Ganz was anderes: Zusammen mit ihrem Songwriter-Kollegen Joe Purdy spielt Amber die Hauptrolle in dem Indie-Film "American Folk" von dem Filmemacher David Heinz - in dem es um zwei Folkmusiker geht, die ausgerechnet am 11. September 2001 - am Tag der Anschläge - von Los Angeles nach New York fliegen wollen. Sie beschließen dann, gemeinsam per Auto die USA zu durchqueren. Der Film erzählt von dieser Reise - und logischerweise spielt die Folk-Musik dabei eine große Rolle. Wie ist Amber zu diesem Projekt gekommen? Sie hatte doch vorher keine Schauspielerfahrung, oder? "Nein - das war für mich die erste Rolle", bestätigt Amber, "der Film wurde von David Heinz geschrieben. Das war auch sein erster Film. Er wollte vor allen Dingen, dass die Musik in dem Film besonders authentisch ist. Du kennst ja bestimmt diese Filme, in denen zwar gute Schauspieler mitspielen, wenn es aber um die Musik geht, mit Synchronisationen und Overdubs gearbeitet wird. Das wollte David nicht, denn die Sache mit der Musik war ihm am Wichtigsten. Er hatte bereits Joe Purdy engagiert, der wie er in L.A. lebt. Sie suchten dann nach einer Schauspielerin für die weibliche Hauptrolle. Und der Grund, warum ich dann in Frage kam, war der Umstand, dass Dave ein Video gefunden hat, in dem Joe und ich zusammen einen Carter-Family Song auf einer Benefiz-Veranstaltung gesungen haben. Ich bin dann zu einer Audition eingeladen worden und habe die Rolle bekommen. Joe und ich haben sowieso schon eine sehr schöne, natürliche Chemie zusammen. Wir hatten vorher ja schon gelegentlich zusammen gespielt und kannten uns also ganz gut. Wir wussten ja auch, wie wir zusammen musizieren müssen." Viele Schauspieler, die zur Musik gekommen sind, beklagen sich ja oft darüber, dass sie beim Filmen zu viele Kompromisse machen müssten, weil zu viele Leute involviert seien. Wie ist das denn bei Amber, die von der Musik zur Schauspielerei kam? "Also ich liebe den Prozess mit anderen zusammenzuarbeiten", meint Amber, "ich habe ja so viel Musik alleine gemacht - und selbst, wenn man mit jemand anderem zusammen arbeitet, ist das gleich etwas anderes, weil sich alle auf der selben Ebene befinden. Was ich auf dem Film-Set hingegen so spannend fand, ist, dass jeder seine spezifische Aufgabe hat - der Kameramann, der Beleuchter, der Regisseur usw. Ich fand es sehr inspirierend, wie aus so vielen Elementen eine Welt erschaffen werden kann, die allen gehört, die aber niemand alleine kontrolliert. Vielleicht hatte ich ja auch einfach nur Glück - aber ich habe alle an dem Prozess beteiligten und die Zusammenarbeit gemocht. Gerade weil ich zuvor ja so viel alleine gemacht habe, wäre ich nicht abgeneigt, so etwas noch mal zu versuchen."

Wie sieht es denn mit Ambers anderen Projekten The Paper Raincoat mit Alex Wong und Applewood Road mit Emily Barker und Amy Speace aus? Laufen diese noch? "Ja, in der Tat. Amy ist gerade hier und wir haben angefangen neue Songs zu schreiben und zu üben und werden diese vermutlich nächstes Jahr herausbringen. Und Paper Raincoat ist ja das Projekt, das ich mit Alex Wong ins Leben gerufen habe. Das Konzept ist, eine durchgehende Geschichte zu erzählen. Wir haben bislang aber nicht erklärt, worum es in dieser Geschichte geht - und so haben wir da jetzt ein Script daraus gemacht und arbeiten mit einer Theater-Gesellschaft in San Francisco daran, es zu mit einem Schauspieler-Workshop zu produzieren. Wir haben auch 12 neue Songs, die zu diesem Projekt gehören, die wir vermutlich auch im nächsten Jahr aufnehmen und rausbringen wollen. Wir wollen aber aus der Sache entweder eine Theaterproduktion oder einen Film machen." Und was macht Amber selbst so als Nächstes: Gibt es da irgendwelche Pläne oder Visionen? "Oh, das ist eine gute Frage", überlegt Amber, "das Projekt, das ich in diesem Winter in Angriff nehmen werde und für das ich einen Plan habe, ist ein Konzept-Album. Ich habe so was noch nicht gemacht und habe mir dafür extra 30 Tage freigehalten. Ich werde mich vermutlich in New York von der Außenwelt verkriechen, alles abstellen und einfach das Album schreiben. Es wird aber gewiss nicht so werden wie 'Wildflowers', denn ich habe vor, alles wesentlich üppiger zu arrangieren. Ich denke, dass das eine schöne Herausforderung für mich ist, weil ich so etwas noch nie gemacht habe. Ich bin mal gespannt, ob es mir gelingt, mich in das Konzept einzuleben, das ich mir da ausgedacht habe."
Weitere Infos:
www.amberrubarth.com
www.facebook.com/AmberRubarthMusic
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Shervin Lainez-
Amber Rubarth
Aktueller Tonträger:
Wildflowers In The Graveyard
(Make My Day/Indigo)
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