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TWO DOOR CINEMA CLUB
 
Gemeinsam stark
Two Door Cinema Club
Two Door Cinema wissen, wie es geht: "False Alarm", ihr aktuelles viertes Album, klingt altvertraut und doch nie nur wie ein Aufguss. Nachdem sich die drei Herren aus Nordirland mit dem Vorgänger "Gameshow" im Jahre 2016 persönlich und musikalisch neu aufgestellt hatten, rücken Alex Trimble (Gitarre, Gesang), Sam Halliday (Leadgitarre) und Kevin Baird (Bass, Synths, Keyboards) nun stärker als zuvor ihr Faible für einen kantig-elektronischen Disco-Sound mit 80s-Einschlag in den Mittelpunkt und haben einen Heidenspaß daran, mit Versatzstücken aus der Welt von Indie, Funk und Pop zu experimentieren, während ihr langjähriger Produzent Jacknife Lee dafür sorgt, dass dem leichtfüßigen Future-Pop-Sound Zeitgeist, Euphorie und Tanzbarkeit nicht abhandenkommen. Jetzt kommen Two Door Cinema Club für einen Auftritt beim Deichbrand-Festival nach Cuxhaven, weitere Konzerte sollen im Herbst folgen. Zuvor hatten wir das Vergnügen, mit Alex Trimble zu plaudern.
GL.de: Alex, eure letzte Tournee endete als Headliner eines Riesen-Open-Airs im Londoner Finsbury Park. Das erste Konzert zu "False Alarm" dagegen fand bei einer kleinen Clubnacht im Oval Space statt.

Alex: Ja, das war ein ganz kleiner Laden, an einem Abend, den Annie Mac ausgerichtet hatte, die bei der BBC als DJ arbeitet und uns immer sehr unterstützt hat. Sie hat nun auch als Erste die Single "Talk" aus dem neuen Album im Radio gespielt. Das war genau der richtige Anlass, um mit einem kleineren Konzert wieder in Tritt zu kommen, zumal wir zum ersten Mal seit einigen Jahren wieder neues Material gespielt haben. Das hat alles prima funktioniert, zudem wurden wir von einigen Freunden begleitet, die wir schon seit Jahren kennen, denn Circa Waves und Anteros sind auch noch aufgetreten.

GL.de: Ist das nicht auch ein wenig einschüchternd, in einem kleinen Club zu spielen, nachdem zuletzt die Zuschauerzahl bei euren Konzerten auch schon mal fünfstellig war?
Alex: Einschüchternd würde ich es nicht nennen, aber du fühlst dich auf jeden Fall viel stärker mit dem Publikum verbunden, weil du die Gesichter aller Leute sehen kannst, während sie in den großen Locations zu einer großen Masse verschmelzen. Letzteres macht es dir zwar leichter, dich etwas auszuklinken, aber nach einer Weile empfinde ich das als ermüdend, denn mir gefällt es, den Gesichtsausdruck der Menschen zu studieren - ganz besonders, wenn wir etwas Neues spielen.

GL.de: Ganz allgemein: Wenn du die Stimmung in der Band jetzt mit der Zeit vergleichst, als ihr "Gameshow" veröffentlicht habt - was ist anders?

Alex: Gute Frage! Im Moment sind wir in einer richtig guten Phase. Als die Veröffentlichung von "Gameshow" anstand, hatten wir gerade als Band eine schwierige Zeit hinter uns: Wir verstanden uns eine Weile nicht so gut und hatten deshalb eine längere Auszeit genommen, und als wir zurückkamen, machten wir eine ganz andere Musik als zuvor. Hinzu kam, dass es damals, 2016, ganz allgemein nicht unbedingt eine gute Zeit für Bands war. Wir hatten also mit einer Menge Schwierigkeiten zu kämpfen, aber glücklicherweise konnten wir das alles durchstehen. Jetzt haben wir das Gefühl, dass Bands einen viel besseren Stand haben, zumal wir dieses Jahr auch wirklich in guter Gesellschaft sind, denn mit Foals, Tame Impala und Vampire Weekend veröffentlichten eine Menge Bands, die mit uns zusammen angefangen haben, neue Platten. Gleichzeitig sind wir uns unserer Verantwortung bewusst, den Leuten zu zeigen, dass Bands es noch bringen, nachdem die Musikindustrie in den letzten Jahren vor allem von Solokünstlern dominiert worden ist: Große Popstars mit noch größeren Autorenteams, was dazu beigetragen hat, dass es immer mehr Musik nach Schema F gibt. Jetzt ist es auch an uns, aufzuzeigen, dass es auch etwas anderes gibt!

GL.de: Du hast eben das Stichwort Popmusik angesprochen, das ja in der Tat heute etwas vollkommen anderes bedeutet als früher. An wen denkst du, wenn du das Wort "Popmusik" hörst?

Alex: Ich denke dabei immer noch an die großen Popstars von früher: The Beatles, The Bee Gees, Prince, David Bowie... Das waren alles Künstler, die an Veränderungen interessiert waren. Von ihren ersten Werken bis hin zu "Sgt. Pepper's", dem Weißen Album und "Abbey Road" haben die Beatles immer nach etwas Neuem gesucht, sind aber trotzdem stets sich selbst treu geblieben. Das lag nicht zuletzt daran, dass die meisten Songs von Lennon/McCartney geschrieben wurden. Das allein hat dafür gesorgt, dass die Essenz der Band unverändert blieb. Vermutlich ist es bei uns ganz ähnlich, denn ich habe stets die Songs, oder zumindest die Texte und die Melodien, also das Grundlegende der Songs, geschrieben, und wenn sich die anderen in der Band dann darauf stürzen, wissen sie, was sie mit meinem Rohmaterial zu tun haben.

GL.de: Wie stehst du zur Popmusik von heute, bei der ein Dutzend Songschreiber am Konferenztisch sitzen und Lieder wie Autoteile zusammensetzen?

Alex: Ich habe mit der modernen Art, Songs zu schreiben, vor einigen Jahren eigene Erfahrungen gemacht, weil ich es unbedingt einmal selbst ausprobieren wollte. Ich traf mich mit ein paar Typen in L.A., aber das Ganze war einfach verrückt! Es ist in der Tat so, wie du sagst: Es fühlt sich an, als würde man Autoteile zusammensetzen. Es gibt unglaublich viele Regeln und Schemata, und am Ende kommt ein Song dabei heraus, der klingt wie tausend andere auch. Deshalb ist es so schwierig, heute die Lieder auseinanderzuhalten, die im Radio gespielt werden: Sie verwenden alle die gleichen Akkordfolgen und die gleichen melodischen Hooks. Sogar die Sounds sind praktisch identisch, denn die Produktionsweise ist heute auch völlig homogen. Letztlich bin ich aber froh, dass ich es probiert habe, denn dadurch habe ich die Fallen, in die man stolpern kann, mit eigenen Augen gesehen. Das hat mir klargemacht, was ich auf gar keinen Fall tun will. Am Ende des Tages war es also sehr lehrreich.

GL.de: Dein Mitstreiter Kevin hat davon gesprochen, wie gut es sich anfühlt, mit Two Door Cinema Club an einem Punkt angekommen zu sein, an dem ihr niemandem mehr etwas beweisen müsst. Auf persönlichem Level ist das sicherlich ein tolles Gefühl, künstlerisch besteht aber natürlich die Gefahr, dass man die Zügel schleifen lässt und nachgiebig wird. Wie habt ihr diese Klippe umschifft?

Alex: Ich denke, das Wichtigste dabei ist, nicht zu viel darüber nachzudenken. Mit der Zeit haben wir gelernt, unserem eigenen Riecher zu vertrauen und einfach dem Pfad zu folgen, der die meiste Spannung verspricht. Wir alle sind große Popmusik-Fans und daran wird sich auch nichts ändern, denn wir waren immer schon begeistert von eingängigen Rhythmen und starken Melodien. Natürlich werden wir dabei manchmal ein wenig selbstgefällig, aber deshalb nehmen wir ja so unglaublich viel Material auf. Der erste Schritt zu einer Platte ist für uns immer, erst einmal alle Ideen festzuhalten. Zu Beginn haben wir dann manchmal zehnminütige Songs, die in alle erdenklichen Richtungen ausfransen. Die zweite Stufe bei der Entstehung eines Albums ist dann, diese Lieder zu zerpflücken, das zu filtern, was wirklich heraussticht, und das dann im Rahmen eines Popsongs zu verwenden. Dabei benutzen wir gewissermaßen erst die linke und dann die rechte Hälfte unseres Gehirns. Zuerst haust du alles raus, und dann geht es darum, deine Ideen zu editieren.

GL.de: Trotz all der offenkundigen Veränderungen in eurer Musik seid ihr gut darin, den Kern eures Tuns unangetastet zu lassen - die Neuerungen entstehen drumherum. Wenn du sagst, dass ihr beim Musikmachen nicht zu analytisch vorgeht: Ist das dann einfach Glück?

Alex: Nein, da steckt schon Kalkül dahinter, auch wenn uns das vielleicht gar nicht immer bewusst ist. Ich denke, eine der Stärken unserer Band ist, dass wir alle in puncto Interessen, Vorlieben und Abneigungen völlig verschiedene Menschen sind. Die Kombination von uns dreien ist, was Two Door Cinema Club ausmacht. Würden wir Soloplatten machen, würden sie vollkommen unterschiedlich klingen.

GL.de: Textlich nehmt ihr, zumeist mit einem Augenzwinkern, auch auf der neuen Platte den alltäglichen Wahnsinn auf die Schippe...

Alex: Ja, das trifft den Nagel auf den Kopf. Viele der Themen, um die es auf "False Alarm" geht, sind nicht weit entfernt von "Gameshow". Ich fühlte viel Wut und Bitterkeit und ich war wirklich genervt von dem, was in der Welt vor sich ging, als ich die Songs für das letzte Album schrieb. Das lag nicht zuletzt daran, dass ich mit vielen der modernen Errungenschaften wie Social Media und dem Konsumverhalten dieser Tage nie so richtig warm geworden bin. Ich bin vermutlich einfach ein bisschen altmodisch in dieser Hinsicht....

Weitere Infos:
twodoorcinemaclub.com
www.facebook.com/twodoorcinemaclub
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Pressefreigabe-
Two Door Cinema Club
Aktueller Tonträger:
False Alarm
(Pias/Rough Trade)
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