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Interview-Archiv

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TANYA DONELLY
 
Liebeslieder
Tanya Donelly
Nach mehreren erfolglosen Anläufen, ist es nun endlich doch einmal gelungen, Tanya Donelly vor's Mikro zu bekommen. Tanya, die bereits seit den 80ern musikalisch aktiv ist - zunächst bei den Throwing Muses, der Band ihrer Halbschwester Kristin Hersh, dann in der Ur-Version der Breeders, der Band von Pixies-Bassistin Kim Deal und zuletzt mit ihrer eigenen Band Belly, hat jetzt ein Solo-Album veröffentlicht: "Lovesongs For Underdogs". Was ist denn aus Belly geworden?
TANYA: Hast Du das noch nicht gehört? Ich habe das bereits tausend Mal erzählt. Eigentlich sind alle Band-Auflösungsgeschichten dasselbe. Wir sind einfach implodiert. Hatten uns am Ende musikalisch nichts mehr zu sagen. Es ist traurig - aber so ist das eben.

Die ehemalige Belly-Bassistin, Gail, spielt jetzt bei L7. Auf Tanya's Platte spielen jetzt andere Leute - z.B. David Narcisco, der Drummer von den Throwing Muses, die es jetzt auch nicht mehr gibt. Ist das ein Band-Projekt, oder sieht sie sich jetzt als Solo-Künstlerin?

T: Die Band, mit der ich jetzt spiele, ist meine Tour-Band. Ein paar der Leute, darunter mein Gistarrist, Dave, spielten auch auf der Platte mit. Aber ich bin jetzt Solo und habe nicht wieder vor, eine Band zu gründen.

Was ist denn der Unterschied?

T: Es reizt mich, mit vielen unterschiedlichen Leuten zu spielen und neue Sachen auszuprobieren - z.B. verschiedene Instrumente. Und sicherlich ausschlaggebend ist, daß ich am Ende des Tages das letzte Wort habe, entscheiden kann, was gemacht wird.

Soweit das im Rahmen des Plattenvertrages möglich ist. Wie mir Kristin Hersh ein paar Tage später erzählte, war der Druck auf Tanya nach dem vergleichsweise großen Erfolg von Belly in den USA ziemlich groß. So hatte sie das Album bereits fertig eingespielt, mußte jedoch auf Wunsch der Plattenfirma alles neu aufnehmen, weil man eine bestimmte Vorstellung von den Songs hatte und nach potentiellen Hits suchte. Wenn man z.B. die EP des letzten Jahres mit der CD vergleicht, kann man dies nachvollziehen. Die Stücke auf der CD klingen alle sehr viel kompakter als jene auf der CD. Das Stück "Bum" wurde sogar neu aufgenommen...

T: Nicht neu aufgenommen, sondern neu abgemischt. Es sollte besser zu den anderen Stücken passen. Eigentlich sollten die Tracks auf der EP auch straighter klingen, aber dann entwickelte es sich im Studio in eine andere Richtung.

Wie funktioniert das Songwriting?

T: Ganz verschieden. Manchmal habe ich einen Song bereits fertig im Kopf, manchmal schreibe ich Stücke mit anderen Leuten zusammen, manchmal entwickelt es sich im Studio. Das ist nicht so verschieden von der Zusammenarbeit in einer Band. Ich denke aber, daß ich so mehr Freiheiten habe.

Z.B. für Strings?

T: Oh ja, ich liebe den Sound von Strings. Wenn ich Stücke im Kopf habe, höre ich immer die Strings gleich mit. Der schönste Instrumentenklang überhaupt ist der des Cellos. Es hat soviele Variationen, kann gleichermaßen als Background wie auch zur Melodieführung eingesetzt werden und hat eine unglaubliche Tiefe.

Kristin sagte einmal, daß man mit dem Einsatz des Cello's vorsichtig sein müsse, da es dazu tendiere, dominant und dramatisch zu klingen.

T: Das kann ich voll unterstützen, aber es bestätigt das, was ich gerade sagte: Das Cello ist eines der vielseitigsten Stücke, und deswegen muß man es auch sehr bewußt und vorsichtig einsetzen.

Wie kommen denn die Texte zu den Stücken? Tanya tendiert ja dahingehend, ihre Texte ein wenig metaphernhaft, verklausuliert aufzubauen.

T: Ich kann dir versichern, daß sie weit weniger verklausuliert sind, als wenn ich einfach alles so rauslassen würde. Ich bin aber der Ansicht, daß, wenn ich schon Texte schreibe, diese auch etwas besonderes sein müssen. Ich werde oft darauf angesprochen, daß meine Texte so poetisch klängen. Mich erstaunt es dagegen immer wieder, wenn Texte etwas banales aussagen und dann auch noch profan daherkommen.

Tanya mag die englische Schriftstellerin Jeanette Winterson, die ja auch eine besonders lyrische Einstellung zur Sprache hat, und es schafft, traumähnliche Textgebilde zu fabrizieren, die eine eigentümliche Faszination auf den Leser ausüben. Gibt es da Parrallelen zu Tanya's Texten?

T: Das kann schon sein. Ich lasse mich von allen möglichen Dingen inspirieren, von persönlich erlebtem, über Gespräche bis hin zu Büchern oder Filmen. Mir kommt es darauf an, etwas besonderes zu erschaffen. Musik ist schließlich keine Fließbandarbeit, kein Handwerk. So ist es auch mit den Texten: Es ist eine Kunstform und soll auch Kunst sein.

Da fragt sich, wie sie etwa zur Tanzmusik steht, in der ja die Texte beinahe noch mehr nerven, als die Musik.

T: Nun, wenn ich Tanzmusik höre, dann höre ich nicht auf die Texte. Mein einziges Interesse in diesem Augenblick ist, meinen Körper zu bewegen und zu tanzen. Aber Du hast schon recht: Textlich spielt sich da nicht viel ab.

Tanya Donelly
Was hört Tanya denn für Musik und mit wem würde sie gerne einmal zusammenarbeiten.

T: Oh, ich mag alles Mögliche - Wilco z.B. oder Vic Chesnutt. Und ich würde gerne mal mit Leonard Cohen zusammenarbeiten. Aber das ist schwierig, weil er in einem Kloster lebt. Aber da ich gerade das Baby Talk hier sehe: Man hat mir erzählt, daß der Sänger von den Wannadies Stücke für mich schreiben wollte. Das empfinde ich als Kompliment. Die Wannadies kenne ich zwar nicht persönlich, aber ich finde sie sehr gut.

Wie wird es denn musikalisch weitergehen? In die komplexere Richtung, die sich auf der EP andeutete, etwa?

T: Kann sein. Was ich aber wirklich gerne einmal machen möchte, ist ein wirklich sparsam arrangiertes Album - weg von der Gitarrenmusik, hin zu verschiedenen anderen Instrumenten. Ich spiele selbst ein wenig Keyboard und liebe, wie gesagt, die verschiedensten Sounds.

Einen ersten Schritt in diese Richtung vollzog Tanya beim anschließenden Konzert. Es wurden - mit ganz wenigen Ausnahmen, darunter eine Coverversion von "Time Of The Seasons" - nur Stücke von "Lovesongs" oder neue Stücke gespielt. Das Hauptgewicht lag hierbei auf den Balladen. Einige Stücke präsentierte Tanya sogar akustisch und solo. Es bleibt abzuwarten, ob Warner - bei denen Tanya in den USA unter Vertrag ist - ihr den nötigen Freiraum einräumen, um den neuen Ambitionen nachzukommen. Zu wünschen wäre es jedenfalls.

[Erstveröffentlichung im Baby Talk-Fanzine #12, Dezember 1997]

Weitere Infos:
www.repriserec.com/tanyadonelly
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-




 
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