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THE SOFT BOYS
 
Alte Männer kommen langsam
The Soft Boys
"Ältere Männer kommen langsamer", ist das genaue Zitat, mit Hilfe dessen Robyn Hitchcock sein Lieblingsthema auf den Punkt bringt. Welches da lautet: Rock im Alter. Es geht um die Wiederveröffentlichung des legendären Soft Boys-Albums "Underwater Moonlight" und der dafür angesetzten Re-Union. "Wir gehen immerhin schon auf die 50 zu", beschreibt er den Zustand der Band, "da kann man nicht von uns erwarten, daß wir dieselbe Energie an den Tag legen wie 1980."
Was ja auch niemand verlangt hat. Allerdings darf man doch mal fragen, welchen Grund es geben mag, eine zwar legendäre und vielgelobte, aber doch ehemals eher obskure Undergroundband wiederzubeleben. "Es geht hier nur um 'Moonlight', nicht um eine Soft Boys Retrospektive", stellt Robyn kategorisch klar, "mir wurde irgendwann bewußt, daß die Scheibe nicht mehr zu bekommen war, obwohl nach wie vor Bedarf bestand. Da habe ich dann ein kleineres Label gesucht, um die Scheibe wieder verfügbar zu machen." Im Independent Label Matador fand man einen Verbündeten im Geiste. Nicht ganz von ungefähr, denn Soft Boys Ober-Fan Ira Kaplan ist mit Yo La Tengo ja auf diesem Label beheimatet. "Und dann kam eins zum anderen", fährt Robyn fort, "mit Kimberly (Rew, dem Gitarristen), hatte ich ja immer mal wieder Kontakt. Lediglich Matthew (Seligman, der Bassist) hatte sich zurückgezogen und arbeitete 10 Jahre lang als Anwalt. Als wir uns aber trafen, waren wir uns schnell darüber einig, daß das ein geeigneter Zeitpunkt für eine Reunion wäre. Wir probten dann die alten Stücke und stellten schnell fest, daß der Funke noch da war."
Einer der Pluspunkte des besagten Albums, das jetzt tatsächlich als De-Luxe-Doppel-CD mit Singles, Outtakes und Probenmitschnitten herauskommt, war doch zweifelsohne die jugendliche Frische, mit der damals - auch aus ökonomischer Notwendigkeit heraus - gearbeitet wurde. Wie will man diesen Faktor denn angesichts des Alterungsproblems wettmachen? "Mit Wärme und Tiefe", antwortet Robyn nach einem kurzen Überlegen, "wir sind weniger 'stachelig' heute. Ich gehe z.B. viel ruhiger und gelassener an die Sache heran. Früher war meine Arbeitsweise mit einem EKG zu vergleichen, heute ist es eine Kurve. Es kommt dazu, daß man das, was man mit 20 einmal zustandegebracht hat, ja nicht beliebig toppen kann, sondern es geht darum, es zu verfeinern. Wir sind mit der Zeit auch technisch viel besser geworden. Das gilt besonders für Kimberley, der ein wahrer Virtuose ist. Aber er haut die Sachen eben nicht mehr so raus wie früher." Was auch ganz gut ist, denn die Soft Boys Sachen waren ja schon ganz schön extrem. "Sie waren Over the Top, genau", stimmt Robyn zu, "aber das hing auch mit den Umständen zusammen. Wir hatten schließlich kein Geld und nur eine 4-Spur-Maschine. Das stellte sich aber als Vorteil für uns raus, denn so klingt die Scheibe heute nicht wie eine typisches 80s-Produkt, sondern ziemlich zeitlos. Das ist auch der Grund dafür, daß ich die Sache genauso wieder machen würde, wenn ich die Chance dafür hätte. Denn so kann ich guten Wissens sagen, eine gute und wichtige Platte gemacht zu haben."

Was für eine Empfehlung hat denn ein Mann, der musikalisch immer zwischen allen Stühlen gesessen hat, für junge Musiker heutzutage? "Die sollen sich einen Manager suchen, dem sie vertrauen können. Wenn es so was gibt. Es war sicherlich der größte Fehler, den wir als Band machten, daß wir uns praktisch ausverkauft haben", dann denkt er noch einen Moment nach und fügt hinzu, "und wenn man als junger Musiker Geld verdienen will, muß man mit dem Trend gehen, oder besser, den Trend erkennen und ausbeuten. Wenn man dem Trend hingegen folgt, kann man nur kurz absahnen. Wenn Du widerum gegen alle Trends arbeitest - so wie wir - brauchst Du ein ziemlich dickes Fell und mußt dich auf einen harten Kampf einstellen." Was Robyn wissen muß, da die Sache mit den Soft Boys - kommerziell gesehen - doch ziemlich schief ging. "Was auch damit zusammenhing, daß wir vieles aus den richtigen Gründen falsch verstanden" ergänzt er und fügt dann in Anspielung an die damalige, abschließende US-Tour hinzu: "künstlerisch war das alles für uns von Vorteil aber als Band sind wir so quasi gerade noch an Land gekommen, dort aber ertrunken."

The Soft Boys
Ob die Sache mit den Soft Boys eine längerfristige Angelegenheit wird, wird die Tour zeigen. Robyn hat zwar keine Vorbehalte auch bei uns aufzutreten, jedoch spielt der Kostenfaktor herein. Und ob es eine neue Soft Boys Scheibe geben wird - außer vielleicht eines Live-Mitschnittes - werden die Vibes auf der Tour zeigen. Mit einer neuen Robyn Hitchcock Solo-Scheibe ist jedenfalls vorerst nicht zu rechnen. "Meine nächste CD wird ein Buch", meint er schmunzelnd, "ich schreibe seit Jahren an einem Roman, den ich endlich mal fertigstellen möchte." Über den Fortbestand des Rock hat Robyn so seine ganz eigenen Vorstellungen: "Ich bin fälschlich stolz darauf, daß ich musikalisch nicht Up To Date bin. Im Grunde genommen müßte ich mehr aktuelle Musik hören. Meine Meinung ist, daß Du als älterer Zeitgenosse die Musik von jungen Bands z.T. nicht mehr richtig verstehen kannst, weil Du deren Beweggründe nicht mehr nachvollziehen kannst. Vielleicht gibt es ja mal wieder eine große Trendwende in der Musik - so wie damals zwischen Glenn Miller und Elvis Presley, vielleicht hören wir aber auch in 300 jahren noch Gitarrenmusik - ich weiß es nicht. Aber ich habe 'Underwater Moonlight' gemacht."
Weitere Infos:
www.underwatermoonlight.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
The Soft Boys
Aktueller Tonträger:
Underwater Moonlight
(Matador/Zomba)

 
 

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