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FRANZ KASPER
 
Kasperkram
Franz Kasper
Franz Kasper aus Köln hat das gemacht, was eigentlich das höchste Gut eines jeden Musikanten sein sollte, und dennoch erstaunlich selten genug passiert: Er hat nämlich etwas musikalisch ganz Eigenständiges kreiert - was so recht in keine Schublade passen will (obwohl das manchmal notwendig ist, wie er zugibt). Der Name des Projektes, "The Freewheeling Franz Kasper", der diesem Umstand Rechnung trägt, kommt vom Labelboss Goldi persönlich - und natürlich erinnert das ein wenig an Bob Dylan (nicht der Musik wegen, indes). Damit muß man aber vorsichtig sein bei Franz, denn die üblichen, schnoddrig in den Raum geworfenen Namen, mittels derer man seine musikalischen Theorien untermauern möchte, fruchten bei Franz nix: Julian Cope? Todd Rundgren? - kennt er nicht, Mick Taylor? - nie gehört, Elliot Smith? - unbekannt. Und so geht das weiter. Ganz im Gegenteil: Man muß auch noch drauf gefaßt sein, daß Franz das Namedropping zum Anlaß nimmt, um ganzheitliche, philosophische Theorien zu entwickeln, die z.B. darin gipfeln, daß man Bob Dylan ja nicht als Star verehren könne, weil in jedem so ein Bob drinstecke und nur die Angst die persönliche Genialität blockiere. Das stimmt zwar nicht wörtlich so - der Recorder war schon aus, als es so richtig interessant wurde - zeigt aber eines: Franz macht sich Gedanken. Und zwar eigene. Und das ist gut so.
Franz Kasper
Auf die Frage, was ihn denn zu dem inspirierte, was letztlich dann zu dem führte, was uns jetzt als musikalischer Abenteuerspielplatz vorliegt, kommen nach einigem Herumdrucksen doch noch ein paar Namen: "Ich sage ja nur ungern, daß mich Sartre beeinflußt hat, oder das Jerry Mulligan Quartet (Jazz) oder daß ich Hoagy Carmichael (klassisches Songwriting der frühen Jahre -> "Georgia On My Mind") mag. Denn dann meinen ja gewiß alle, ich wolle mich bloß selbst darstellen." Franz macht indes weniger den Eindruck, daß er sich darstellen möchte, sondern vielmehr, daß er seinen eigenen Weg sucht. Und dabei - Philosophiestudioso, der er ist - eben auch viel denkt. Um so verwunderlicher, daß seine Musik weniger kopflastig daherkommt, als das nach all dem möglich scheint. "Vor allen Dingen waren es die tollen Melodien, die mich von der Musik überzeugt haben", meint Goldi und bringt die Sache damit auf den Punkt - denn diese sind in der Tat der geeignete Einstieg in die Welt des Franz Kasper. Daneben gibt es allerdings noch viel mehr zu entdecken: Meist auf dem Piano basierend, morphen sich seine Songs dann sehr schnell in alle möglichen Richtungen gleichzeitig. Es gibt (gesampelte und echte) Streicher, Hardrock-Gitarren, Blues-Gitarren, Jazz-Gitarren, verschiedene Baßtöne und allerlei Drumtracks, die sich vom bloßen Gepluckere bis hin zu komplexen Drum'n'Bass-Orgien steigern - und dann ist da noch Franzens charsimatischer, selbstbewußter Gesang. Doch lassen wir Franz einmal selbst zu Wort kommen. "Ich spiele Musik seit ich 14 bin (er ist jetzt 26, sieht aber aus, wie 18). Angefangen habe ich mit Heavy Metal. Da war mir immer klar, wie das ablaufen muß. Erst nach vielen Jahren habe ich angefangen, das in Frage zu stellen. Das normale Vorgehen interessierte mich dann nicht mehr. Die Stücke zu der CD habe ich bei mir zu Hause im digitalen Studio aufgenommen. Das sage ich aber nicht so gern, weil das dann plötzlich alle herauszuhören glauben." Da sei mal beruhigend eingeworfen, daß diese Produktion keineswegs nach Schnürsenkel und Hausstaub klingt - auch nicht dann, wenn man weiß, wie sie entstand. "Die meisten Instrumente habe ich selbst gespielt - bis auf ein paar Beiträge von Sebastian Ruin." Sebastian und Franz begannen nämlich als Duo, bevor sich dann Franz als Solo-Künstler herausschälte. Einer der Gründe, warum die Scheibe so ungewöhnlich klingt, ist - daß sie ungewöhnlich klingt. An Stellen, wo man z.B. fette Gitarrensounds erwartet, wird die Lautstärke antiklimatisch zurückgefahren. Drum-Parts klöppeln irgendwo im Hintergrund für sich hin - oder verschwinden ganz, nur um dann an anderen Stellen wieder aufzutauchen. Und wer behauptet, er könne voraussagen, wie ein Franz Kasper-Song weiterginge, der darf als realitätsfremd bezeichnet werden.
Franz Kasper
Und dann gibt es Tracks, deren lyrischer Gehalt auf die Feststellung hinausläuft: "A song is true and a can of beans is, too." Was will uns das alles sagen? "Nun, das Ganze ist ein Solo-Projekt - ganz ohne Vorgaben. Ich hatte zunächst auch gar keine Vorstellung von Stil oder Besetzung, sondern habe einfach meine Songideen so verwirklicht, wie das für jeden einzelnen Song am Günstigsten war. Die meisten Stücke schreibe ich am Klavier - ich habe aber auch schon Stücke auf dem Fahrrad geschrieben. Ganz verschieden. Manche Songs habe ich auch mit dem Text angefangen." Womit wir wieder zu den Bohnen in der Dose kommen. "Da ist meistens was dahinter (hinter den Texten). In dem Fall ein philosophischer Gedanke. Es ist eine Kritik an der Gehaltsästhetik." Time Out. Was ist denn Gehaltsästhetik? Es hat ja nicht jedermann ständig einen Internetanschluß greifbar, um so was nachzuschauen. "Gehaltsästhetik ist der Originalitätsgedanke und Wahrheitsanspruch an Musik und Kunst - ausgehend von Hegel, umgeformt von Adorno, der verheerende Auswirkungen hat. Die ganze neue Musik (Arnold Schönberg) hat sich auch daran gehalten: Musik soll nicht schmücken, sie soll wahr sein." Um ehrlich zu sein: Das hätte wohl für die meisten Musikanten verheerende Auswirkungen, wenn sie sich auf dieser Ebene ihrem Werk näherten. Deaf Poet's Society? Was Kasper bestätigt: "Ich habe zum Beispiel, als ich mich viel mit Philosophie beschäftigt habe, zwei Jahre keinen Song mehr geschrieben, weil mich diese Gehaltsästhetik davon abgehalten hat." Q.E.D. Das galt es also zu überwinden. "Ja, das ist auf ganz vielen verschiedenen Ebenen falsch - rein philosophisch und logisch... Man könnte vieles dazu sagen. Auf jeden Fall hat mich das so geärgert, daß ich einen Song darüber geschrieben habe." Was ja auch der Sinn der Sache ist - zumindest wenn man Songwriter ist.

Kommen wir zur Musik: Was ist mit dem wilde Mix der Stile? "Es ist nicht die Strategie dahinter, unbedingt Erwartungen brechen zu wollen, aber mich persönlich turnt das Klassische eben nicht mehr an - diese typischen dynamischen Sachen, die erwartet werden. Das hat sich durch Ausprobieren so herausgeschält. Manche Songs habe ich ein Jahr lang abgemischt." Das übrigens ist den Elaboraten wieder nicht anzuhören. Denn da sind ja diese prägnanten Melodien. "Ja und dann gibt's da ja noch dieses tolle Solo auf dem Stück 'Rock'n'Roll'", erinnert sich Goldi, "wie ich das hörte, da dachte ich, Mensch, das ist doch fast wie bei Steely Dan." Daß sich der Labelguru hier ständig einschaltet liegt nicht nur daran, daß er zufällig anwesend ist, sondern daß es sich bei DayGlo um eines dieser kleinen, feinen Labels handelt, die von Enthusiasten und nicht von Produktmanagern geleitet werden. Hier kocht der Chef noch selbst. Außerdem hat der Mann eine interessante Art, des Pudels Kern herauszukitzeln - was wohl daran liegt, daß er selbst kein Musiker ist.

Franz Kasper
Noch eine Sache muß erwähnt werden: Franz Kasper live ist nicht Franz Kasper live! Franz ist auch hier nicht an den üblichen Strukturen interessiert, sondern legt Wert auf den Unterschied. Wenn Franz auftritt, läßt er sich von Streichern und einer Jazz-Combo begleiten. Es geraten hierbei die Stücke erheblich anders als auf der CD - das ist jedoch beabsichtigt, denn natürlich interessiert es einen Franz Kasper nicht, sich in irgendeiner Form zu reproduzieren oder gar Erwartungshaltungen zu erfüllen. Davon sind die Live-Vorträge auch weit entfernt. Bei der CD-Präsentation auf der "Literaturbühne" der renommierten Kölner Buchhandlung Gonski (einer Ehre übrigens, die ansonsten nur politisch korrekten Jazz-Combos zuteil wird) überraschte Franz dadurch, daß er ohne Drummer auftrat, wohl aber mit Flügel, Cello, Baß, Geige, Trompete, Bongos und Ukelele. Obwohl seine Musik ja nun nicht eben simpel gestrickt ist, sah man doch allenthalben wippende Füße und schmunzelnde Gesichter. Selbst bei wagemutigen Ausflügen ins Atonale oder beim Vortrag ganz neuer (und ergo unbekannter) Tracks ging der Kontakt zum Publikum niemals verloren. Das liegt auch am unbestreitbaren Charme des Auteurs selbst, der z.B. mit einem Solo-Präsentation seines Hits "Wild Wild Romance" besondere Pluspunkte verzeichnen konnte. Schön, daß es mal jemandem gelingt, sich durch Originalität und nicht durch Krach Respekt zu verschaffen. Seine Musikanten sind alles Musikfreunde, die das aus Spaß an der Freude tun. Gefragt, was er denn machen würde, wenn er keinerlei budgetäre Beschränkungen hätte, antwortet Franz: "Meine Musiker bezahlen." Also: Wer sich Franz Kasper's "Violin Violence"-Event anschaut, unterstützt damit direkt hungernde Künstler in Not! Unter dem Strich ist Franz Kasper ein ungemein sympathischer Kölner Superstar in the Making. Wollen wir hoffen, daß sich alle Maximilian Hecker-Freunde auch mal den Freewheeling Franz Kasper geben. Schlechter ist der nämlich nicht - nur eben ganz anders.
Weitere Infos:
www.day-glo.de/kasper.htm
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Franz Kasper
Aktueller Tonträger:
The Free-Wheeling Franz Kasper
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