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GREEN APPLE SEA
 
Was uns nicht tötet...
Green Apple Sea
Daß Green Apple Sea aus Münster/Köln und die Nürnberger Missouri dieser Tage gemeinsam ein Album - ihren Beitrag zur inzwischen zu einer echten Institution gewordenen "Return To Sender"-Mailorder-Serie von Normal Records - veröffentlichten, ist auf den ersten Blick nicht weiter verwunderlich. Immerhin sind die beiden Bands nicht nur schon seit längerem befreundet, sie sind auch so etwas wie Seelenverwandte. Denn obwohl es ja gerade in Deutschland mit Glitterhouse und Blue Rose Records zwei auch über die Grenzen unserer Republik hinaus be- und anerkannte Lieferanten für Fans alternativer Klänge mit Singer/Songwriter-Flair gibt, erscheinen dort fast ausschließlich Produktionen internationaler Künstler, und da ist es nicht weiter verwunderlich, daß die einheimischen Bands gemeinsame Sache machen. Das Ergebnis heißt "By The Time We Get To Phoenix".
Dennoch hätte der Weg seit ihren fast zeitgleich veröffentlichten Debütalben, "It's A Glow-In-The-Dark Good Time" von Missouri und "All Over The Place" von Green Apple Sea kaum unterschiedlicher verlaufen können. Während es für die Nürnberger mit eigenem Studio und veröffentlichungswilliger Plattenfirma (XXS Records in Hamburg) im Rücken völlig normal ist, alle paar Monate ein neues Album auf den Markt zu bringen, hatten Green Apple Sea wesentlich mehr zu kämpfen. Erst schwächelten Promotion und Label, dann verzettelten sich die drei Bandmitglieder - Stefan Prange, Henrik Schoch und Frank Theismann - mit ihren anderen Bandprojekten, und Green Apple Sea wurde - trotz eines viel beachteten Auftritts beim "Orange Blossom Special"-Festival vor knapp zwei Jahren - nie die Wertschätzung zuteil, die das Trio ob seines ausgezeichneten Tonträgers ohne weiteres hätte verdient gehabt.

Kein Wunder also, daß Gitarrist und Sänger Stefan beim Gespräch mit Gaesteliste.de im Münsteraner Cafe Fundus erst einmal froh ist, daß es die Band überhaupt noch gibt und das "Return To Sender"-Album nun endlich erscheint. "Wir sehen das Album zwar nicht als 'unsere zweite Platte', aber als eine sehr gute Möglichkeit, die Zwischenzeit zu füllen. Von uns sind jetzt drei eigene neue Stücke auf dem Album, ein Missouri-Stück, das wir alle zusammen spielen, und dann noch einige Coverversionen. Wir wollten unbedingt eigene neue Songs aufnehmen, weil wir Angst hatten, daß sie sonst schon so alt sind, daß keiner mehr Lust hat, sie zu spielen, wenn wir wirklich unser nächstes Album in Angriff nehmen." Bevor die drei dieser Tage, nicht wohl zuletzt auch angespornt durch die Split-Veröffentlichung, ihre neuen Songs im Nürnberger Studio von Missouri aufnehmen wollen, hatte es sogar zwischenzeitlich so ausgesehen, als würden sich Green Apple Sea ganz auflösen oder zumindest nicht mehr in der alten Besetzung zusammen spielen. Schlagzeuger Henne wohnt schließlich in Köln, was die beiden Münsteraner in der Band vor logistische Probleme stellt, und Bassist Frank fühlt sich als gelernter Gitarrist an den vier Saiten wohl auch etwas unterfordert. Nur Stefan als Songschreiber kann also von sich behaupten, wirklich hundertprozentig glücklich mit seiner Rolle in der Band zu sein.

Nach Lambchop, Howe Gelb und "Stephen Malkmus mit mehr Country" würden die neuen Songs klingen. "Die neuen Sachen klingen nicht mehr so 'indie', sondern wirklich schon eher in Richtung Country mit einer größeren Instrumentierung. Im Endeffekt wird das womöglich noch weniger Leute als bisher interessieren, weil wir dadurch, daß wir bisher als Indieband galten, doch noch ein paar Leute mitgezogen haben. Wenn wir jetzt in die Countryecke reinrutschen, ist wahrscheinlich Hopfen und Malz verloren", lacht Stefan, denn er weiß, daß es in Deutschland eh nur sehr wenige Labels gibt, die diese Art von Musik veröffentlichen würden, und praktisch keine dieser Firmen Green Apple Sea in Form eines finanziellen Vorschusses bei den Aufnahmen unterstützen könnte. Wobei es die Band natürlich nicht darauf anlegt, auf Teufel komm raus anders zu sein: "Die Songs entstehen einfach so", erklärt Stefan. "Gerade dadurch, daß wir im Gleis 22 [dem Münsteraner "Auffanglager" für gute, aber gnadenlos unbekannte Live-Bands aus aller Welt] so viel Musik mitbekommen haben, schließen unsere Hörgewohnheiten eben auch diese kleinen Bands mit ein. Wenn dann jemand über unsere Musik sagt, so etwas habe er noch nie gehört, ist das nur zu verständlich, weil wir uns in einem sehr kleinen, abgeschlossenen Universum bewegen. Wir legen es nicht darauf an, besonders originelle oder ausgefallene Musik zu machen. Wir wollen uns aber auch vom Gegenteil fernhalten und nicht unbedingt Musik machen, die mehr Leute interessiert."

Daß es aber trotzdem immer noch Oasen des guten Geschmacks gibt, die auch Bands wie Green Apple Sea ihre wohlverdiente Chance geben, zeigte sich unlängst in Holland. Dort durften die drei nämlich eine Session für den niederländischen Radiosender VPRO aufnehmen, in dessen Studio wirklich schon jede Band Station gemacht hat, die diesseits oder jenseits des großen Teiches etwas auf sich hält. Der Kontakt kam - wie sollte es anders sein - zufällig letzten Herbst zustande, als Stefan mit den australischen Slow-Core-Helden von Sodastream unterwegs war. "Ich habe in Luxemburg jemanden kennengelernt, der mir die Adresse von jemandem in Frankreich gegeben hat, der mich dann in Kontakt mit John Wayne Shot Me aus Holland gebracht hat, die wiederum dem VPRO-Booker unsere CD gegeben haben, die letztendlich zu der Einladung geführt hat. Der ist auch in gutem Kontakt mit Jesus Llorente vom Acuarela-Label [sozusagen dem etwas weltoffeneren Pendant zu Glitterhouse bei uns], und es ist durchaus denkbar, daß die was von uns veröffentlichen würden. Mal sehen! Ich denke auf jeden Fall, daß die Art von Musik, die wir machen, in anderen Ländern eine höhere Wertschätzung erfährt als bei uns."

Recht hat er, aber trotzdem können wir nur hoffen, daß uns Green Apple Sea dennoch treu bleiben und nicht auswandern und uns mit all den zweitklassigen Punkbands und drittklassigen HipHop-Acts hierzulande allein lassen. Da heißt es: Abwarten und Daumen drücken!

Weitere Infos:
www.greenapplesea.de
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Stefan Claudius-
Green Apple Sea
Aktueller Tonträger:
By The Time We Get To Phoenix
(Return To Sender/Glitterhouse)
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