Gaesteliste.de Internet-Musikmagazin



SUCHE:

 
 
Gaesteliste.de Facebook Gaesteliste.de Instagram RSS-Feeds
 
Interview-Archiv

Stichwort:



 
PRIMAL SCREAM
 
Sex, Drugs And Turnhallen
Primal Scream
Großbritannien 1989: Primal Scream veröffentlichten ihr selbstbetiteltes zweites Album auf Creation Records, dem Kultlabel, das damals trotz des kurz zuvor veröffentlichten "Isn't Anything"-Albums von My Bloody Valentine in erster Linie als Heimat verträumten 60s-Pops und MC5-mäßiger Rock N Roll-Attacken galt. Primal Scream fielen in letztere Kategorie, und auf besagtem Album fand sich auch eine Roots-Rock-Nummer namens "I'm Losing More Than I'lll Ever Have", die typisch war für alles, was Primal Scream damals verzapften: Höchst überdurchschnittliches Mittelmaß nämlich. Dann kam Andrew Weatherall ins Bild. Der hatte auf den ersten Blick überhaupt nichts mit der Musik von Primal Scream zu tun, denn damals (wie heute) war er eher als DJ und Elektronik-Pionier unterwegs. Das gemeinsame Interesse dürften die kleinen Spaßmacher gewesen sein, die Scream-Mastermind Bobby Gillespie später sagen ließen "Hinter jedem guten Song steckt eine gute Pille" und Television Personalities-Chef Dan Treacy zu der Textzeile "I've taken three E's, but I still can't dance like Bobby Gillespie" inspirierten. Jedenfalls nahm sich Weatherall des erwähnten Songs an und machte daraus den Track "Loaded" - der Rest ist Geschichte. Mit dem folgenden Album "Screamadelica" brach nicht nur für Primal Scream eine neue Ära an - die Band wurde zur Speerspitze einer ganzen Bewegung und die Platte zu einer der einflussreichsten der 90er Jahre.
Nach einigen mageren Jahren Mitte der 90er ist das inzwischen auch besetzungstechnische Scream Team heute wieder voll auf der Höhe. Eigensinnig, aber immer noch ziemlich genial. Das bewies vor zwei Jahren ihr Album "Xtrmntr" (analog dazu gab es übrigens großartige T-Shirts mit dem Slogan "Prml Srm Mthrfckr"!) und jetzt das mit viel Prominenz eingespielte neue Werk "Evil Heat". Kevin Shields von den bereits erwähnten My Bloody Valentine ist als Musiker und Tontechniker mit an Bord, Robert Plant von Led Zeppelin spielt Mundharmonika, Bobbys alter Jesus And Mary Chain-Mitstreiter Jim Reid singt ein Stück und Kate Moss (ja, das Supermodel!) gibt auf dem Album ihr Gesangsdebut! "Sie ist eine wirklich gute Sängerin, sie klingt wie die junge Nico, ihre Stimme ist so europäisch!", schwärmt Bobby Gillespie beim Treffen mit Gaesteliste.de im Büro seiner Plattenfirma in Köln. "Ich hoffe, das wird dann unsere erste Nummer 1. Ich habe ja jetzt eine Familie zu ernähren!" Nach fast zwanzig Jahren im Geschäft schlagen Bobby und Co. jetzt also endlich den Weg zum Ruhm ein? "Wir wollten immer schon Popstars sein, und jeder will doch einen Nummer-1-Hit haben", sinniert Bobby und fügt laut lachend an: "Das wäre doch völlig bizarr, oder?"

Bizarr ist auch, dass Gillespie letztes Jahr auf der Insel in die Schlagzeilen geriet, weil er eben keine Drogen nahm, sondern in einer Turnhalle gesehen wurde! "Die Geschichte ging folgendermaßen: Ich hatte eine Verletzung am Knie, die ich mir irgendwie letztes Jahr zugezogen hatte. Ich bin einfach eines Morgens aufgewacht und hatte diese Schmerzen im Knie. Also musste ich ein bisschen Aufbautraining für das Bein machen. Das war alles. Die britische Presse hat dann so getan, als hätte ich es nötig, mich in Form zu bringen. Das sind einfach nur Schwachköpfe. Sie erfinden einfach Geschichten, diese Idioten! Sie machen doofe Witze, dass es viele Rockstars gibt, die dünner werden müssen – ich muss nicht dünn werden. Ich hab genug Drogen genommen, ich bin immer noch hier, und ich bin immer noch dünn." Ob es nun am Training liegt oder nicht. Gut sieht er aus, der 38-jährige Schotte. Mit dem Zombie, der von Drogen zerfressen bei Interviews Mitte der 90er völlig abdrehte, hat der gut gelaunte Mann, der uns im lustigen Ringelpulli gegenübersitzt, viel lacht und jede Frage mit viele Engagement beantwortet, jedenfalls nichts gemein. Seine wiedergewonnene Lässigkeit ist vielleicht auch mit Grund dafür, dass Primal Scream auf "Evil Heat" offensichtlich darum bemüht waren, Problemen aus dem Weg zu gehen. Der Song "Dresden" wurde nach dem 11.September schnell in "Detroit" umgetauft, und "Bomb The Pentagon", das die Band auch bereits lange vor den Ereignissen am World Trade Center live gespielt hatte, kommt jetzt unter dem unverfänglicheren Titel "Rise" und ohne die markante Textzeile daher. "Ich habe die Zeile gestrichen, weil sie so sensationslüstern geklungen hat. Das hätte nur bedeutet, dass der Song mit einer bestimmten Zeit und einem bestimmten Ort in Verbindung gebracht worden wäre, und das wollte ich vermeiden. Der Song wäre einfach nicht mehr zeitlos gewesen. Und um ganz ehrlich zu sein: Mir gefiel die Zeile sowieso nicht. Nur mein Partner fand sie großartig."

Fraglicher Partner, Andrew Innes, ist auch der Aufhänger für eine letzte Anekdote. Vor sechs Jahren wurden Primal Scream gebeten, einen Song für die Fußball-Europameisterschaft zu schreiben. Der Song wurde zwar letztendlich nicht akzeptiert, für Schlagzeilen sorgte der Track in Zusammenarbeit mit Schriftsteller Irvine Welsh aber dennoch: „Darf ich erst einmal etwas richtig stellen? ICH HATTE NIX DAMIT ZU TUN!", erklärt uns Bobby lachend. "Das war ganz alleine Andrews Idee! Und er hat es auch nur gemacht, weil er Freikarten für die Spiele haben wollte! Ich war Fußball-Fan, als ich klein war, aber jetzt hab ich mit dem ganzen Mist nichts mehr am Hut! Der Song sollte eigentlich eine Pro-Schottland-Hymne werden, aber letztendlich wurde daraus ein Anti-Glasgow-Rangers-Song! Und wie das dann oft so ist: Am Ende stand ich in den schottischen Zeitungen zusammen mit Irvine Welsh unter der Überschrift: 'Rebel Rocker, Junkie Author: Anti Rangers Hate Record', dabei war ich noch nicht mal auf der Platte drauf! Die Rangers-Fans hassen mich wie die Pest. Aber ich hasse die sowieso! Sport und Rock N Roll passen einfach nicht zusammen."
Weitere Infos:
www.primalscream.org
Interview: -Crstn Whlfld-
Foto: -Pressefreigabe-
Primal Scream
Aktueller Tonträger:
Evil Heat
(Columbia/Sony Music)

 
 

Copyright © 1999 - 2024 Gaesteliste.de

 powered by
Expeedo Ecommerce Dienstleister

Expeedo Ecommerce Dienstleister