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Interview-Archiv

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JOHN PARISH
 
Hansdampf in allen Gassen
John Parish
Frage: Was haben PJ Harvey, The Eels, Sparklehorse, Giant Sand, The The, The Experimental Pop Band, Tracy Chapman und Goldfrapp gemeinsam? Antwort: John Parish! John ist so etwas wie eine graue Eminenz des Musikbusiness: Als Produzent und Gitarrist bei den Kollegen hochgeschätzt (zuletzt auf Tour mit den Eels), bei den Kritikern hoch angesehen, aus manchem Soundgefüge nicht wegzudenken - und doch beim Konsumenten nahezu unbekannt. Das soll sich jetzt ändern, denn mit "How Animals Move" veröffentlich John seine erste "richtige" Solo-CD. Zwar hatte er bereits '96 mit PJ Harvey das spröde Blues-Noir-Album "Dance Hall At Louise Point" aufgenommen - doch wurde dieses überstrahlt vom Namen der berühmten Partnerin. Auch sein '98er Soundtrack für den belgischen Film "Rosie" war ja nicht eben ein Publikumsrenner.
"How Animals Move" überrascht jetzt in mehrfacher Hinsicht: Es ist ein Instrumental-Album, es ist zugänglich, es ist eine Sammlung von Stücken, die er über einen Zeitraum von mehreren Jahren angesammelt hat und es ist ein Produkt, an dem eine zehnköpfige Schar von Musikanten mitgewirkt hat - mit denen John auch auf Tour gehen wird. Das passt alles irgendwie nicht richtig zusammen. Doch darum geht es John offensichtlich auch nicht unbedingt. "Ich stehe ja im Ruf, musikalisch düster und unnahbar zu sein", meint er auf sein musikalisches Werken angesprochen, "und schon alleine deshalb wollte ich ein zugängliches Album machen. Das ist der Grund, warum ich die Stücke alle überschaubar arrangiert habe und auch nicht irgendwelche gewollt künstlerischen Passagen oder Krach oder so etwas eingebaut habe." Dennoch sind die Cuts allesamt komplex, anspruchsvoll, intelligent gemacht - und auch durchaus stilistisch verschieden. Wie man sich im Falle eines musikalischen Chamäleons wie John es nun mal ist denken kann, ist das aber kein Widerspruch. (Zum Zeitpunkt des Interviews produziert er z.B. gerade die neue Tracy Chapman-Scheibe). "Das Wichtigste ist mir, dass ich niemanden kopiere und mich auch selbst nicht wiederhole", erklärt John die eklektische Mischung der Stücke. "Ich persönlich mag ja auch Compilations sehr gerne. Ich möchte jetzt die Sache nicht zu sehr analysieren, aber als ich diese Stücke einspielte, habe ich versucht - ausgehend von einem instinktiven Gefühl - alles so schön und originär wie möglich zu gestalten, ohne dabei entfremdend zu wirken. Es ging mir darum, vollständige Songs zu kreieren, die sparsam aufgebaut sind, aber auch vielschichtig erscheinen." Auch wenn John jetzt nicht absichtlich Noise-Passagen eingebaut hat: Ein wenig Hintergrund-Geräusch findet sich in all seinen Stücken. Was ist der Grund dafür? "Um es mal einfach auszudrücken: Ich finde Musik ohne Zusatzgeräusche immer sonderbar. Das hängt mit meiner Arbeit als Produzent zusammen", erklärt er. "Ich mag es einfach nicht, wenn es steril klingt. Und ich mag es auch nicht, wenn man das Studio hört. Deswegen arbeite ich auch nicht gerne mit Studio-Effekten. Stattdessen füge ich lieber ein wenig Umgebungsgeräusche hinzu - wie z.B. das Baby-Phon im ersten Stück [ein Violinen-Stück namens "Absolute Beauty Is An Absolute Curse"]. Erst dadurch kannst du - meiner Meinung nach - die Geige im Kontext plazieren und entsprechend wahrnehmen." Ist John vielleicht auch einer dieser Analog-Fetischisten? "Nein, ganz und gar nicht. Ich habe nichts gegen digitales Equipment. Es geht nur darum, es nicht wie digitales Equipment klingen zu lassen. Das hängt aber ganz davon ab, wie es eingesetzt wird. Pro-Tools muss nicht nach Pro-Tools klingen, weißt du?" Der Klang der aktuellen CD ist denn auch alles andere als "poliert" - in die Charts kommt man mit so etwas sicher nicht. Dafür kommt die Sache aber sehr schön organisch daher - u.a. auch deswegen, weil John auf Synthesizer verzichtet und stattdessen lieber mit Streichern oder verfremdeten Keyboards arbeitet. Dass sich dann doch ein paar Stücke mit Vocals auf der CD finden (darunter eines mit PJ Harvey), verwundert dann doch wieder. Warum denn überhaupt Vocals? "Ich setze die Vocals eher wie Instrumente ein. Das Problem mit Stimmen ist ja, dass sie automatisch zum zentralen Mittelpunkt des Songs werden. Auf diesem Album wollte ich das aber nicht. Wenn mich jemand fragt, was mir denn an diesem Album das Wichtigste ist, möchte ich sagen: 'Das Album selbst'. Das mag sich jetzt aufgeblasen anhören, es ist aber ganz einfach so gemeint. Insofern spielen die Stimmen hier auch nur eine nachgeordnete Rolle." Was nicht heißen soll, dass John etwas gegen Songs mit Stimmen hat. Seine nächste Scheibe wird anders werden. "Das dauert aber noch ein wenig. Ich arbeite nämlich langsam. Dazwischen brauche ich auch ein wenig Zeit für meine Familie in Bristol. Ich denke aber, dass das nächste Album eher Song-orientiert wird und hoffentlich auch wieder ziemlich unterschiedlich zu dem, was ich jetzt mache. Im November habe ich vor, mit den Leuten, die auch auf der Scheibe mitmachen, auf Tour zu gehen." (Leider nicht mit PJ Harvey und Howe Gelb - die beide zu hören sind).
John Parish
Bleibt noch der Titel der Scheibe, "How Animals Move". Was will uns das sagen? "Auch hier sollte man nicht allzuviel reindeuten", beschwichtigt John etwaige psychologisch relevante Interpretationsversuche. "Ich habe einfach dieses Buch gelesen, das sich mit der Fortbewegungsmechanik von Tieren beschäftigte. Das ist ein faszinierendes Thema - und ein hinreichend abstraktes dazu. Es hat etwas simples, etwas magisches, wie sich Tiere bewegen - und so soll das Album ja auch sein. Das ist es, was ich damit ausdrücken wollte. Ich versuche, die Titel immer so abstrakt wie möglich zu halten, damit sich jeder irgendwie sein Bild machen kann." Dass John Songs schreiben kann, zeigte er auf der letzten Eels-CD, "Souljacker". "Das war eher ein Zufall", erinnert sich John, "ich habe E bei Top Of The Pops getroffen. Wir sind ins Gespräch gekommen und er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, mit den Eels zu arbeiten. Zufällig hatte ich gerade ein Stück geschrieben, das da gepaßt hätte und daraus wurde später 'Souljacker'. Wir haben uns dann so gut verstanden, dass ich mit den Eels auf Tour gegangen bin." Das erfreuliche ist also, dass John gar nicht so sehr dieser intellektuelle Kopfmensch ist, als der er immer hingestellt wird, sondern jemand, der auch Spaß an seiner Arbeit hat. "How Animals Move" ist - in Zeiten des Erfolges für Bands wie Godspeed You Black Emperor! - sicherlich eine interessante Möglichkeit, sich in das Bewusstsein der Allgemeinheit zu spielen und so den Grundstein zu legen für eine Karriere jenseits von PJ Harvey, jenseits des Mischpultes und unter eigenem Namen.
Weitere Infos:
www.johnparish.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigabe-
John Parish
Aktueller Tonträger:
How Animals Move
(Thrill Jockey/EFA)
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