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THE YARDBIRDS
 
Die Gummiband
The Yardbirds
Nachdem sich heutzutage auch die Nachgewachsenen - wie z.B. die White Stripes - als bekennende Yardbirds Fans outen, ist der Moment ja sicherlich nicht so ganz falsch gewählt, diese Institution des britischen Gitarrenrock - oder besser dessen Geburtszelle - durch eine Re-Union wieder ins Gedächtnis zurückzurufen. Der Name "The Yardbirds" löst bei vielen Musikliebhabern heutzutage zunächst mal Erinnerungen an die Jugend der Rockmusik hervor: Eric Clapton, Jeff Beck und Jimmy Page entsprangen Mitte der 60er allesamt dieser damals wegweisenden und innovativen Band. Daneben besaß sie mit Keith Relf, der indes 1977 durch einen Stromschlag beim Homerecording verstarb, einen charismatischen Frontmann. Nicht nur das: Die Band entwickelte einen innovativen Ansatz, der weg vom Standard-Blues (wie z.B. "Smokestack Lightning" - einem Yardbirds Favorite) hin zu den Anfängen des Hardrock führte. Jimmy Page wanderte über den Zwischenschritt The New Yardbirds direktemang zu Led Zeppelin.
Daneben hatten die Yardbirds mit "For Your Love", "Shape Of Things To Come", "Heart Full Of Soul" und diversen anderen Singles auch solide Pop-Hits vorzuweisen. Warum also - so stellt sich die Frage - soll sich denn ausgerechnet heute eine solche Band wieder reformieren, um die Welt auf dem neuen Album "Birdland" mit 50% neuer Songs und 50% neu EINGESPIELTER Klassiker zu erfreuen? "Wir haben eben 35 Jahre Ferien gemacht", schmunzelt einer der drei verbliebenen Original-Yardbirds, Rhythmus-Gitarrist Chris Dreja auf die Frage, warum es gerade jetzt zu einer neuen Scheibe kommt. Die anderen beiden sind Drummer Jim McCarty, sowie Jeff Beck, der allerdings lediglich den Gitarrenpart auf "My Blind Life" beisteuerte. Das Konzept des Albums ist es nämlich, der Grund-Band berühmte Gitarrenhelden zur Seite zu stellen, um das, was damals in den 60s geboren wurde - das Rock-Gitarren-Solo - in Formvollendung als Schmankerl beizugeben. Neben dem neuen Gitarristen - ex-Dr. Feelgood Gitarrist Gypie Mayo - halfen Slash, Steve Lukather, Joe Satriani, Brian May und Steve Vai, auf dessen Favored Nations Label die CD erscheint, an der Gitarre aus. Das Album besteht dabei, wie angedeutet, nur zur Hälfte aus neuen Songs, und zur anderen Hälfte aus neu eingespielten Yardbirds-Klassikern wie "For Your Love". Das Arrangement dieser Stücke wurde nahezu 1:1 übernommen. Warum denn das? "Nun, es gibt ja schon subtile Unterschiede", wirft Chris Dreja ein und spielt dabei auf eher marginale Veränderungen an, "aber es wir waren alle der Meinung - weil wir ja so lange weg waren -, dass wir einige Stücke einem neuen Publikum neu vorstellen wollten. Ich muss auch gestehen, dass mir die alten Sachen soundtechnisch nicht besonders gefallen. Deswegen habe ich die neuen Aufnahmen sehr genossen. Die alten Sachen waren zwar sehr originell und innovativ, aber sie wurden damals immer sehr schnell unter technisch ungünstigen Bedingungen eingespielt und der Mix war wirklich grottenschlecht. Es ist aber trotzdem eine interessante Frage, da wir als Yardbirds bekannt dafür sind, sowieso dauernd Dinge zu ändern und nichts zweimal auf die gleiche Art zu spielen. Dafür sind wir bekannt. Bei den klassischen Songs gab es aber nur subtile Änderungen. Z.B. einen Harmonika-Hook hier oder ein Fade-Out dort. Wir hatten ja z.B. die Gäste im Kopf. Z.B. deutete sich an, dass Slash auf 'Sideways' mitspielen wollte, also hängten wir für ihn noch ein Rock-Ende dran, das seinem Stil entgegenkam. Wir wollten die Songs also für die Gäste anpassen, aber gleichzeitig diesen Drang von damals beibehalten, sehr eng im vorgegeben Format. Und wir wollten sie soundtechnisch ins 21. Jahrhundert bringen. Wichtig war uns aber dabei, die wesentlichen, exzentrischen Elemente, ihre Integrität zu erhalten. Und wir wollten auch nicht die alten Yardbirds Fans vergraulen." Den besseren Grund liefert indes Jon Idan, der neue Sänger der Yardbirds: "Wenn etwas nicht kaputt ist, sollte man es nicht reparieren", überlegt er, "nimm z.B. das Riff von 'Train Kept A Rollin'' - da gibt es einfach keine Möglichkeit, diesen zu verbessern. Dann belassen wir's lieber dabei. Wir haben mal ein neues Arrangement für 'Heart Full Of Soul' gemacht - das hat irgendwie funktioniert, war aber längst nicht so memorabel. Deshalb sind wir bei dem alten Ansatz geblieben."
Die neuen Stücke sind indes nicht unbedingt schlechter - oder etwa gar vom Stil her anders - als die alten. "Wir sind die Yardbirds und haben eben einen bestimmten Sound", erklärt das Dreja, "wir wollten diesen modernisieren, ohne ihm aber untreu zu werden. Das Lob hierfür gebührt dem Produzenten Ken Allardyce [Weezer], der diesbezüglich ein wahrer Meister ist. Wir konnten zum Beispiel verschiedene Versionen live einspielen, und dann im Computer editieren - Sachen wegnehmen, anderes ausprobieren, Sachen weglassen. Ken ist da ziemlich genial. Es war aber nicht ganz leicht, unseren Stil auf die moderne Technik umzustellen." "Du musst dir nämlich vorstellen, dass die Yardbirds eine Band sind, die dazu tendiert, während des Spielens ganz natürlich das Tempo zu variieren", unterstreicht Idan hiermit die Tatsache, dass die Band - mit drei neuen Mitgliedern - bereits seit Jahren auch wieder unterschwellig live aktiv ist, "moderne Musik folgt oft einem strikten Tempo. Deshalb dauerte es ganz schön lange, z.B. mit dem Computer einen variablen Click-Track - für sagen wir mal 'Better Man Than I' hinzubekommen. Wenn du das nämlich zu einem konstanten Click-Track spieltest, dann fiele das ganze Futter raus, es würde es sehr langweilig klingen. Es war aber sehr interessant, z.B. für das Solo das Tempo um vier Beats zu erhöhen und danach wieder zu verlangsamen. Das gibt dem Gitarristen Raum zum Atmen. Es hat indes viel Zeit gedauert, dafür ein Tempo-Muster zu kreieren. Am Ende konnten wir es kaum abwarten, endlich loslegen zu können." "Letztlich haben wir den Computer aber nur als Aufnahmegerät verwendet", wirft Dreja ein, "denn es war uns wichtig, alles richtig zu spielen, und es nicht etwa nachher zu 'korrigieren'." Ein Teil des besonderen Yardbird-Sounds scheinen ja auch die Percussion-Instrumente zu sein - man denke nur an die Bongos in "For Your Love". "Ja, wir mochten immer die Tambourines", erinnert sich Jon Idan, "das kann den Charakter eines Songs stark verändern." "Jim McCarty ist ja nicht nur Drummer, sondern auch Songwriter. Er ist eher ein Maler mit seinen Drums", ergänzt Dreja, "einen Backbeat für 20 Minuten durchzuziehen kann sehr hypnotisch sein, aber das ist nicht, was wir tun." Ein Gründungsmitglied, Keith Relf, weilt ja nicht mehr unter den Lebenden. Der Mann, der nach den Yardbirds zusammen mit seiner Schwester, Jane Relf, die Band Renaissance gründete, die danach in das Projekt Illusion überging, verstarb bei den Aufnahmen zum geplanten nächsten Album im Jahre 1977. Dreja widmete ihm den "Song For Keith". "Ich saß da an einem melancholischen Winter-Nachmittag über diesem Buch über die Band zu Hause und da kamen die ganzen Erinnerungen hoch", gesteht er, "Ich denke, dass Keith ein sehr unterschätzter Künstler war. Er war ein sehr intensiver Harmonica-Spieler, ein großartiger Sänger, und als Vorbild war er sehr originell und richtungsweisend und es erschien mir wichtig, dem Mann Tribut zu zollen." "Was viele nicht wissen, ist dass Bowie sich an Keith orientierte", wirft Idan ein, "seine ganze Davey Jones Personality richtete er am Vorbild von Keith aus. Er war Keith - nur noch blonder." Wie fühlt man sich denn, wenn heutzutage junge Musiker das zur Vollendung gebracht haben, was man vor 35 Jahren selbst losgetreten hat? "Das ist eine Ehre", räumt Dreja ein, "besonders, wenn diese Leute auf uns zukommen, wie das in dem Fall geschehen ist. Ich denke, alle sind irgendwo Teil der Band geworden. Nimm z.B. Brian May, der unverkennbar er selbst ist. Er spielt auf seinem Lieblings-Yardbirds-Song 'Better Man' - als Yardbird. Steve Lukather suchte sich einen Song aus, der zu seinem Stil passte und Jeff Beck ist ja nun mal ein Yardbird." "Und man darf Gypie Mayo nicht vergessen", erinnert McCarty. Mayo ist der neue Lead-Gitarrist der Yardbirds und war eine Zeit lang bei Mr. Feelgood. "Mayo ist ein total origineller und vielseitiger Gitarrist und er spielt total verrückte Sachen. Es war von Anfang an klar, dass er der Richtige für uns war. Davon abgesehen gibt es bei uns eigentlich keine Regeln. Du kannst uns als Gummi sehen, den du ziemlich weit dehnen kannst, bevor er reißt."
Was hat sich denn am meisten im Laufe der Zeit verändert? "Die Plattenindustrie hat sich total verändert", sagt Dreja, "es passierte in den 80ern und in den letzten 3-4 Jahren. Es war ein Blutbad! Ich denke, dass Plattenfirmen heutzutage in schlechtem Zustand sind. Finanziell, aber vor allen Dingen mit ihrem Künstlerstamm und der Weise, wie sie ihr Geschäft führen. Ich denke, dass die Künstlerdecke bei Majors heutzutage so dünn ist, dass es sehr schwer wird. Es ist eine Marketing- und Verpackungsübung. Gottseidank gibt es ein paar erfolgreiche Künstler und vor allen Dingen Independent Labels, weil diese auf einem kleineren Level funktionieren können und gute Musik und tolle Künstler hervorbringen. Wir hätten heutzutage niemals zu EMI gehen können und sagen: Jungs, wir waren zwar 35 Jahre weg, aber wir haben eine neue Scheibe. Deswegen waren wir froh, dass es Steve Vai und sein Favored Nations Label gibt. Steve ist selber ein Musiker, der weiß, worauf es ankommt und ein sehr interessantes Label geschaffen hat. Das ist so, wie in den 60s Musik gemacht wurde. Das Problem der Majors ist, dass die sich an ein so junges Publikum richten - alles andere wird irrelevant. Das hat Musik auf ein oder zwei gutverpackte Idiome begrenzt. Was okay ist, so lange es läuft, aber es gibt schließlich mehr gute Musik draußen." Dreja und McCarty geben sich jedenfalls nicht damit zufrieden, einfach in der Oldies-Ecke zu vergammeln, sondern wollen es noch einmal wissen. Dabei helfen sicherlich die hier gezeigten Einsichten und Erfahrungen. Einen soliden Masterplan haben sie ja auch und die großen Namen auf der aktuellen Scheibe sorgen sicherlich auch für einen gesunden Grund-Durchsatz. Die Yardbirds werden jedenfalls in den kommenden Monaten eifrigst touren, um auch neue Fans hinzuzugewinnen - ohne die alten zu vergraulen.
Weitere Infos:
www.theyardbirds.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigabe-
The Yardbirds
Aktueller Tonträger:
Birdland
(Favored Nations/Zomba)

 
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