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ILYA
 
From Bristol With Love
Ilya
Zunächst mal eine Warnung: Wer im Web nach "Ilya" sucht, bekommt momentan alles mögliche angezeigt - vor allen Dingen eine Band aus Chicago gleichen Namens. Die sind aber hier nicht gemeint. Bei "unseren" Ilya geht es um ein neues Projekt aus Bristol und deren Debüt-Album "They Died For Beauty". Und wie es sich für eine Scheibe aus der Mutterstadt des Trip Hop gehört, könnte man auch die kunstvoll zusammengewebten Songgebilde des Trios diesem Genre zuordnen. Wer aber ist Ilya? Ilya ist ja per se ein russischer Vorname und in den Texten tauchen gelegentlich andere russische Namen auf: Kalashnikov z.B. oder Pushkin. Geht es hier vielleicht um den russischen Heimatdichter Ilya Ehrenburg? "Oder Ilya Kuriakin aus 'Solo für Onkel' vielleicht?", scherzt Ilya Stimme Jo Pullin, "nein, Ilya ist bloß ein Name. Es ist auch niemand von uns." "Und was die andere Band aus den USA betrifft", wirft ihr musikalischer und Lebens-Partner Nick Pullin ein, "da verhandeln wir gerade darüber, diese erschießen zu lassen..."
"Nein, ganz so schlimm ist es nicht", mildert Jo ab, "wir werden uns in den USA einfach 'San Ilya' nennen. Weißt du, wir haben ein Problem mit Namen. Zunächst hießen wir nämlich 'Iris' - bis wir dann erfuhren, dass es eine französische Band gleichen Namens gibt. Es ist so schwierig, einen Namen für eine Band zu finden." "Wir haben uns so viele Namen überlegt", erinnert sich Nick, "auch große Namen wie 'Wonderland Inferno'. Letztlich sind wir dann aber zu dem Schluss gekommen, dass weniger mehr ist. 'Ilya' ist fast ikonisch und graphisch. Das ist keine intellektuelle Entscheidung gewesen, sondern es fühlte sich bloß gut an." Hm. Gilt das denn auch für die Musik des Trios, die sich aus vielen verschiedenen Teilen zusammenzusetzen scheint, die auch nicht immer richtig logisch zusammengehören, sich aber im Endeffekt gut anhören? (Es gibt hier wilde Mischungen aus jazzigen Grooves, südländischer Instrumentierung, soundtrackähnlicher Klangflächen, rauhen Gitarrensoli und sparsamen Beats). "Zunächst mal ist es bei den Texten so", erläutert Nick, der diese auch schreibt, "es ist einfach interessant, mit verschiedenen Worten zu spielen. Auch z.B. mit den russischen Namen." "Vor allen Dingen auch mit den Sounds der Wörter", wirft Jo ein, "was für mich als Sängerin sehr wichtig ist." "Es geht um Gegensätze", führt Nick aus, "in einem süßlichen Song mit einer harmonischen Stimmung bietet es sich an, härtere Wörter als Gegensatz einzusetzen." Es geht also nicht um eine Verbeugung vor Russland als solches? "Nein, eher um eine Verbeugung vor Europa", lacht Nick, "wir verwenden ja auch italienische und französische Wörter. Und auch Deutschland spielt eine Rolle. Ich weiß gar nicht, warum wir momentan so an Europa interessiert sind?" Vielleicht wegen der Musik? Denn wenn man diese irgendwie einordnen möchte, könnte man sich vielleicht auf den Terminus "unamerikanisch" einigen? "Oh ja, unsere Musik ist sehr sehr unamerikanisch", stimmt Jo zu, "es ist einfach ein Ding, das du fühlen musst, nicht wahr? Außer dem Blues, der gewiss da ist, verwenden wir andere Stilarten wie Caféhaus Musik, Walzer, Polkas, französischen 60s Pop - was wir alles sehr spontan kombinieren."
Spontan kombinieren ist ja schön und gut - aber wie macht man denn aus diesen Zutaten fertige Songs? "Ganz einfach: Damit fängt alles an", meint Jo, "Nick schreibt als erstes die Songs und dann arbeiten wir daran. Wenn der Song - ohne Arrangement - dich bewegt, dann fallen dir die anderen Zutaten ganz natürlich ein. Wir erkennen auch erst nachher, was wir da eigentlich gemacht haben." Wer macht denn eigentlich was in der Band? "Nick spielt eine sehr eigentümliche Gitarre", erklärt Dan Brown, der dritte Mann an Bord, "die Gitarren, an die du dich nachher erinnerst, stammen von ihm. Ich bin eher so eine Art Arbeitstier. Ich spiele Bass. Und wir kämpfen dann um Bouzuoki, Banjo, Harmonika, Akkordeon, Piano und so weiter." "Außer den Streichern und den Bläsern spielen wir alles selber", fügt Jo hinzu, "und wenn du ein perfekt gespieltes Klavier hörst, sind das auch nicht wir, zugegebenermaßen..." Was sind denn die musikalischen Wurzeln der drei Ilyas? "Ich habe angefangen mit harter Rockmusik", erklärt Dan, "heutzutage habe ich mich aber dem Jazz zugewandt. Das habe ich auch studiert. Und dann mag ich noch 70s Soul. Joanna ist eher an althergebrachten Divas interessiert - welche würdest du sagen?" "Nina Simone, Julie London, Scott Walker", lacht Jo, "das ist eine schöne Diva, nicht wahr?!?" "Ich mag eine Menge Zeug", fügt Nick hinzu, "ich mag klassisches Songwriting, ich mag Can sehr gerne, ich mag Elektronik. Ich mag es, Sachen zu mischen. Normalerweise bleibt man ja in seinem Genre. Ich mag aber so viele Dinge, dass ich mich nicht für einen Stil entscheiden möchte." Woher kommt denn die Inspiration für die Songs? Die weit ausholenden Klanglandschaften erinnern ja zuweilen doch an Soundtracks, nicht wahr? "Das ist ein großer Einfluss", stimmt Jo zu, "Nino Rota, Fellini Filme, der Soundtrack vom 'Paten'. Es ging uns um diesen Sound." "Es hat auch ein bisschen von grandiosen Western", schwärmt Dan, "mit einem wenig Morricone - aber mit Beats und Bass-Lines." Und woher kommen die ungewöhnlichen Melodien, die die Sounds "begleiten"? "Ich liebe gute Melodien", meint Songwriter Nick, "und eine gute Melodie bewegt sich von ausgetretenen Pfaden weg. Es mag ein wenig anmaßend klingen, aber das, was wir machen, enthält ein wenig von dem, was uns in der gegenwärtigen Pop-Musik eigentlich fehlt - wohl aber in anderer Musik zu finden ist. Ich liebe Beats und all das, aber ich mag vor allen Dingen gute Melodien."

Wie wichtig ist denn die Beschränkung auf organische Instrumente in diesem Zusammenhang? Auf "They Died For Beauty" spielt die Elektronik ja eine eher untergeordnete Rolle, nicht wahr? "Wir sehen das so, dass die Elektronik für uns so eine Art Zuckerguss auf dem Kuchen ist", erläutert Jo. "Es gibt elektronische Elemente, die dir aber nicht weiter auffallen", fügt Nick hinzu, "es ging eher darum, gewisse Dinge zu betonen." Was ist denn die größte Herausforderung? "Darüber haben wir noch gar nicht nachgedacht", überlegt Jo, "es ist ja alles eine Herausforderung, nicht? Wir machen aber alles aus Spaß an der Freude ohne Druck. Die größte Herausforderung ist, das, was wir tun, zu verkaufen, denke ich." "Ich würde sagen, die größte Herausforderung wird sein, diese Art der Arbeit aufrecht zu erhalten", ergänzt Dan, "ohne dabei das Ziel aus den Augen zu verlieren. Je mehr Leute sich ihre Meinung bilden, desto stärker werden wir davon beeinflusst. Deswegen ist auch das zweite Album so schwierig. Mal sehen, was passiert." Okay - kommen wir noch mal zu den Texten. Ist es also so, dass diese eher lautmalerische Qualitäten besitzen? Nick scheint ja eher zu zögern, auf den Inhalt einzugehen. "Ich spreche schon gern darüber", schränkt Nick ein, "es ist aber so, dass mich eher die Dinge interessieren, die man NICHT sagt. Wenn man etwas andeutet, ist für mich interessanter, als wenn man Stücke schreibt, die Bilder in den Kopf des Hörer projizieren. Wir kommen eher aus der Richtung, ein Bild malen zu wollen, als eine Geschichte zu erzählen." Das klingt ja in etwa so, wie das, was uns Sean Hagan von den High Llamas neulich erzählte: Nimm eine Geschichte, schreibe einen Text und dann lasse die Geschichte weg. "Ganz genau", stimmt Jo zu, "wenn ich einen Song singe, dann interpretiere ich das immer so, dass da zwar eine Geschichte ist, aber dass diese aus Bildern und Fragmenten besteht." "Das liegt auch ein wenig daran, dass Jo die Texte ja singt", wirft Nick ein, "wir haben uns darüber unterhalten: Wenn nur Dan und ich in der Band wären, würde ich vielleicht auch Texte wie 'Fuck You Pigs' oder so etwas schreiben. Ich denke nämlich, dass vieles, was wir tun, auf sie zugeschnitten ist. Und sie verwirft alles, was nicht Ilya ist."

Ilya
Woran liegt es denn eigentlich, dass die Stücke so lang sind? "Sie sind ziemlich lang, nicht wahr?", lacht Jo, "das muss eine natürliche Sache sein. Wir versuchen immer, sie kürzer zu machen, es klappt aber nicht so richtig." "Man könnte sie sicher für's Radio kürzen", meint Dan, "aber wir haben immer instrumentelle Expositionen, die ihre Zeit brauchen. Manchmal haben wir auch Teile von Songs, die natürlich wachsen - und dann haben wir eben Songs von acht Minuten Länge." Okay - wie wird man das alles denn live reproduzieren können? "Das haben wir schon geplant", meint Jo, "wir haben eine sechsköpfige Band und sind in der Lage, das meiste reproduzieren zu können. Wir verwenden relativ wenige Samples und wir arbeiten mit Improvisationen. Allerdings kein Jazz. Wir müssen bloß noch an den subtileren Passagen arbeiten - da gibt's noch einiges zu tun." Dafür - so verraten die drei an anderer Stelle - ist das nächste Album schon halb fertig. Ilya, so scheint es, sind angetreten, dem Genre Trip Hop mit ihren "Euro-Trash"-Elementen eine neue Nuance hinzuzufügen. Wenn man bedenkt, dass das Ganze entstand, als man auf Hochzeiten alten Jazz Standards eine Dub-Basslinie hinzufügte, wie es in der Info heißt, ist das schon ein ganz respektables Ergebnis...
Weitere Infos:
www.ilya.uk.com
www.virginmusic.de/xml/5/3252088/index.html
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Ilya
Aktueller Tonträger:
They Died For Beauty
(Virgin)

 
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