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TEENAGE FANCLUB
 
Im Fernsehen mit Teenage Fanclub
Teenage Fanclub
13.30 Uhr, Köln, Hotel Mercure: Norman Blake, Gerard Love und Raymond McGinley teilen in der Hotelbar die letzten Pressevertreter unter sich auf. Der Teenage Fanclub ist in der Stadt, um sein neustes Werk mit dem pfiffigen Titel "Howdy!" zu erklären. Dabei gibt es eigentlich nicht viel, das erklärt werden müsste. Wie schon die letzte Platte "Songs From Northern Britain" hat auch das neue Album einen angenehmen 60s-Touch, und wie auf bisher jeder Teenage-Fanclub-Platte ist auch dieses Mal das Songwriting über jeden Zweifel erhaben. Ebenso wie der Harmoniegesang der drei bzw. vier Fanclubber. Wer behauptet, es gäbe eine Band mit schöneren Harmonien, ist entweder ein verdammter Lügner oder ein Mitglied der Byrds! Nachdem man mit Paul Quinn unlängst den dritten Schlagzeuger innerhalb von zehn Jahren verschlissen hat, gibt es nur noch drei Fannies plus einem trommelnden Gast. Auf "Howdy!" ist dies ein alter Bekannter: Francis, der allererste Drummer der Band aus Glasgow.
13.40 Uhr: Die Medienvertreter sind endgültig aufgeteilt und die Gästeliste darf mit Lockenkopf Gerard sprechen. Wie bei seinen Kollegen fällt zuerst auf, wie normal der Schotte ist. Viele andere Rockstars sind nett. Äußerst nett. Aber oft wird man trotzdem das Gefühl nicht los, dass sie bis zu einem gewissen Grad eine Rolle spielen, weil sie wissen, dass Freundlichkeit gut ankommt. Die Fannies dagegen sind so ungekünstelt - das kann keine Masche sein. Die sind wirklich so "down to earth", dass es fast schon nicht mehr zu glauben ist.

Gästeliste: Man kann ohne Übertreibung sagen, dass ihr schon ein paar Runden um den Block hinter euch habt.

Gerard: Ja, das ist schon ein tolles Gefühl, nach zehn oder elf Jahren und sechs oder sieben Platten immer noch dabeizusein. Als wir anfingen, hatten wir kaum Ziele. Wir wollten eine Platte machen, und als wir dann zum ersten Mal in New York spielen durften, dachten wir: "Okay, das war's!"

Gästeliste: Würdest du rückblickend sagen, dass du irgendwas besonders bereust?

Gerard: Keine wirklich wichtigen Dinge, nein. Das einzige, was mir im Nachhinein etwas peinlich ist, sind die superaufwendigen, aber letztendlich sehr albernen Videos, die unsere amerikanische Plattenfirma damals für "Bandwagonesque" gemacht hat. In Europa hatten wir billige, mit hand-held Kamera und so, die unser Freund Douglas Hart gedreht hat, der früher bei The Jesus And Mary Chain war. Aber die Amerikaner wollten richtig auffahren und das passte so gar nicht zu uns.

Gästeliste: Haben sich eure Erwartungen mit der Zeit dann verändert, nachdem eure "ursprünglichen Ziele" so schnell erreicht waren?

Gerard: Wenn du den ersten Begeisterungssturm hinter dir hast, geht es vor allem um Verbesserungen, und unser Hauptinteresse galt immer unserem Songwriting. Wir haben keine messbaren Erwartungen, wir wollen keine Million Platten verkaufen. Natürlich wäre das ganz nett, aber unser erster Ansatzpunkt ist das Songwriting, und wenn das zu besseren Verkäufen führt, wäre das noch befriedigender. Es gibt so viele unbekannte Variablen auf dem Weg zum Erfolg, dass man das nicht planen kann, deshalb sind wir auch zufrieden, solange unsere Songs immer besser werden.

Gästeliste: Der Sound eurer Platten hat sich im Laufe der Jahre fast dramatisch verändert. Auch die Herangehensweise beim Songschreiben?

Gerard: Ich denke, die Veränderungen waren eher innerlich und lassen sich nicht damit erklären, dass wir die Bandbreite vergrößert haben. Wir haben's ja nicht so wie Radiohead gemacht, die ewig mit Gitarrensounds herumexperimentiert haben. Wir benutzen Gitarren nur als Medium. Wenn du zum ersten Mal im Studio bist, fühlst du dich wie erschlagen von all den Knöpfen und blinkenden Lichtern. Aber sobald du durchschaust, dass es eigentlich eine ganz simple Technik ist, fühlst du dich gleich viel wohler, und es ist für Songwriter, die auch ihre eigenen Platten aufnehmen, extrem vorteilhaft, wenn man die Möglichkeiten des Studios kennt.

Gästeliste: In meinen Ohren geht die neue Platte einen ähnlichen Weg wie schon die letzte, viel mehr in Richtung klassischer 60s Sound.

Gerard: Stimmt! Für mich ist der 60s Sound, wenn es so etwas überhaupt gibt, der Klang eines Typen, der seine Gitarre ohne jegliche Effektgeräte dazwischen an einen Verstärker angeschlossen hat. Wenn er Distortion haben wollte, hat er eben ein Loch in den Verstärker gehauen. Und genauso gehen wir auch an die Sache heran. Die meisten Bands heute jagen ihren Gitarrensound durch 1000 Effekte und massig Technik. Das ist schon okay, wir haben an sich nichts dagegen, doch der simple Klang einer Gitarre, die einfach über einen Verstärker gespielt wird, ist uns einfach am liebsten.

Gästeliste: Heißt das, dass ihr inzwsichen einen Schritt zurückgegangen seid und anfangs mehr Effekte benutzt habt?

Gerard: Nein, eigentlich haben wir nie Effektgeräte benutzt. Früher haben wir bloß unseren Gesang mehr unter der Musik begraben, weil wir unsicher waren und uns selbst nicht hören wollten. Jetzt setzen wir viel mehr auf Harmonien und haben den Gesang wieder nach vorne geholt. Mit der Zeit gewöhnst du dich an den Klang deiner eigenen Stimme und es macht dir nicht mehr soviel aus, die im Vordergrund zu hören. Trotzdem glaube ich nicht, dass wir bewusst einen Schritt zurückgegangen sind. Wir versuchen nicht, den Sound einer bestimmten Ära wiederzubeleben, was wir machen, ist ganz einfach ultrasimpel. Natürlich sind wir keine moderne Band, aber wir sind Teil einer modernen Songwriter-Tradition.

Teenage Fanclub
14.30 Uhr: Die Interviews sind zu Ende, Gerard hat für die Gästeliste gerade noch das bereits erwähnte Schlagzeuger-Dilemma verbildlicht und sich staunend über die deutsche Pressung von "Bandwagonesque" geäußert, die ihm euer Korrespondent zum Signieren unter die Nase gehalten hat: "Das Backcover und die Label sind ganz anders als in England. Allerdings muss ich gestehen, dass ich kein ausgesprochener Sammler meiner eigenen Platten bin. Ich habe ein paar Promo-White-Labels, aber ich suche nicht gerade danach."

14.40 Uhr: Die Instrumente werden zusammengesucht und Norman Blake zeigt stolz, was sich in einem quietschgelben Plastikköfferchen verbirgt, das die Umstehenden im ersten Moment für ein Warndreieck gehalten haben: Eine Melodika! Zusätzlich zu ihren Gitarren haben die Schotten auch noch ein Glockenspiel dabei, was auf eine unterhaltsame Session später bei VIVA schließen lässt. Per Auto geht es dann Richtung VIVA-Studio.

Teenage Fanclub
15.00 Uhr, Köln, Mediapark: Die Band kommt bei VIVA an und trifft dort auf Drummer Francis, der sich bei den Interviews zurückhält, aber später bei der Aufzeichnung der Live-Session gebraucht wird. Ob des schönen Wetters findet das Interview gleich draußen, auf dem Spielplatz hinter dem VIVA-Gebäude statt. Der zuständige Redakteur hat sich bereits als Hardcore-Fan der Band geoutet und einen richtigen Schrein aus (fast) allen LPs und Singles der Schotten aufgebaut. Die Band gibt sich derweil sowohl sympathisch als auch superprofessionell, beantwortet die Fragen locker, lustig und - gerade bei Fernsehinterviews nicht gerade selbstverständlich - ohne großes Stocken oder zweite Versuche. Euer Korrespondent will die Szenerie in einigen Fotos festhalten, merkt aber schnell, dass die Band zu nett ist: Alle schauen nämlich bei jedem meiner Versuche in meine, anstatt in die Fernsehkamera! Gehört sich schließlich so, oder? Die Gästeliste will natürlich keinen Stress mit VIVA und gibt das Vorhaben, selber Fotos zu machen, schnell wieder auf. Dass die Band nicht nur sympathisch, sondern auch äußerst stilvoll ist, äußert sich allerspätestens bei der Wahl ihrer Wunschvideos für ihre Sendung: "Here Comes Your Man" von den Pixies und Elliott Smiths "Son Of Sam". Euer Korrrespondent hätte keine besseren Clips aussuchen können...

16.35 Uhr: Die diversen Beiträge sind im Kasten und die Band auf dem Weg in die 6. Etage des VIVA-Baus, wo sich das Team alle Mühe gegeben hat, um für die Aufzeichnung der kurzen Akustik-Session eine stilvolle Atmosphäre zu schaffen. Der silberne Glitzervorhang kommt bei der Band allem Anschein nach ausgezeichnet an. Derweil besorgt der Promoter Pizza für Francis und stellt sie auf den Tisch hinter den Kulissen. Ein Requisit, das später noch "wichtig" werden sollte.

17.15 Uhr: Dem bei einer Fernsehsession gewohnt langwierigen Vorlauf mit Ton und Kameraproben folgt die Aufzeichnung. Der erste Song ist die neue Single der Fannies, "I Need Direction", gesungen von Gerard. Norman witzelt vorher: "Wenn ich heute einen Song verhaue, dann diesen hier. Wir haben ihn am wenigsten geübt." Er sollte unrecht behalten. Schlagzeuger Francis spielt bei diesem Song Bass, Ray versucht sich derweil am Glockenspiel. Und genau bei seinem Solo haut er auch einmal kräftig daneben, was Norman mit einem breiten Grinsen zur Kenntnis nimmt. Perfektion ist den Fannies nicht so wichtig, so scheint es. Ray singt den zweiten Song, mit Francis an den Bongos. "Can't Find My Way Home" braucht zwei Starts, weil Norman übereifrig ist und zu früh einsetzt. Ansonsten gibt's dreieinhalb Minuten Perfektion. Genauso easy hätte eigentlich auch der letzte Song, "Accidental Star", laufen sollen. Doch während man im Fernsehen später eine erstklassige Version mit wunderbarem Harmoniegesang von Francis zu hören bekommen wird, ging der erste Versuch baden, als Ray beim Gitarrensolo an den Saiten hängenblieb und ihm dieser zweite Fehler anscheinend wesentlich mehr zusetzte als sein kleiner Patzer bei "I Need Direction". Der zweite Versuch endete damit, dass Norman den Text vergaß. Warum? "Ich hab für einen Moment auf Francis Pizza geschaut und dann war es plötzlich vorbei", grinst er.

18.10 Uhr: Die Fannies packen zusammen, VIVA-Crew, Promoter und die Gästeliste sind happy. Die Band hat noch ein Radiointerview im Nachbarhaus bei 1LIVE auf dem Programm, bevor sie noch am Abend wieder gen Heimat fliegen, während sich euer Korrespondent verabschiedet. Nicht bevor ihm gerade noch rechtzeitig aufgefallen ist, dass die Fanclubber ja jetzt Labelkollegen von Bob Dylan, Bruce Springsteen und sogar Mariah Carey sind! "Stimmt", grinst Gerard im Gehen. "Es ist auch das Label von Jennifer Lopez und Ricky Martin. Wir bekommen deren CDs jetzt alle umsonst. Das ist Wahnsinn!"

Weitere Infos:
www.teenagefanclub.com
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Carsten Wohlfeld / Columbia-
Teenage Fanclub
Aktueller Tonträger:
Howdy!
(Columbia)
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