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RILO KILEY
 
Unternehmungslustig
Rilo Kiley
Sie gehören irgendwie dazu, sind aber doch anders. Sie sind Indie, haben aber trotzdem das Zeug dazu, darüber hinaus zu gehen. Sie wurden zur Bright Eyes / Omaha-Clique gezählt, obwohl sie aus Los Angeles stammen. Es kann schon ein wenig verwirrend anmuten, wenn man sich mit der Band um die beiden Songschreiber Jenny Lewis und Blake Sennett, Rilo Kiley, beschäftigt. Nichtsdestotrotz zählt am Ende die Musik, und die reicht auf dem dritten Album "More Adventurous" von lässigen Indie-Pop-Songs hinüber zu Crooner-Ansätzen bis hin zu Folk-Einflüssen. Der Titel spiegelt - ob nun gewollt oder nicht - das aktuelle Befinden von Rilo Kiley wider.
2001 erschien mit "Take Offs & Landings" das Debüt-Album auf Barsuk Records, 2002 folgte das tolle "The Execution Of All Things" auf Saddle Creek - zwei Alben, zwei renommierte Indie-Labels, einen besseren Start konnte man sich gar nicht vorstellen. Dennoch verabschiedete man sich von Saddle Creek, um das Band-eigene Brute/Beaute-Label zu gründen und als ersten Akt das neue Album "More Adventurous" zu veröffentlichen - als Vertrieb wurde hierzulande der Major Warner Music an Land gezogen. "Kurz nach Fertigstellung des Albums hatten wir mit Saddle Creek einen offenen Dialog darüber, was wir mit dieser Platte machen wollten", erzählt Jenny Lewis beim Gaesteliste.de-Interview. "Uns war natürlich bewusst, dass ein paar der neuen Songs schon anders klingen als unseren bisherigen Stücke, sie besitzen teilweise mehr Pop-Anteil und dadurch vielleicht auch das Potenzial, mehr Leute anzusprechen. Also haben wir uns darüber unterhalten, was ihre Pläne waren, und was wir uns vorgestellt hatten, und nach einigen Diskussionen sind sowohl Saddle Creek als auch wir zu dem Ergebnis gekommen, dass wir besser getrennte Wege gehen sollten. Das war dann im Grunde der Startschuss für unser eigenes Label." Doch ganz wurde die Verbindung zu Barsuk und Saddle Creek nicht abgebrochen - so erscheint z.B. die Vinyl-Ausgabe auf Barsuk. Brute/Beaute bedeutet für die Band einfach mehr Kontrolle über ihre Aktivitäten zu haben, und auch die Möglichkeit, die Musik von befreundeten Bands zu veröffentlichen.
Auf der neuen Platte herrscht eine größere Bandbreite vor als zuvor - als Produzenten konnte man wiederum Mike Mogis (u.a. Bright Eyes, Songs: Ohia, The Faint) gewinnen, der die Band auch schon zu Zeiten von "The Execution Of All Things" begleitete und inzwischen ein guter Freund geworden ist. "Wenn man jemanden so gut kennt, kann man auch schon mal weniger freundlich sein und direkt Dinge ansprechen, die einem nicht passen - bei einer weniger engen Beziehung artet das natürlich schneller in Streit aus", meint Jenny lachend. Des Weiteren waren Jimmy Tamborello (u.a. The Postal Service) und Mark Trombino (u.a. Jimmy Eat World, Blink 182, Finch) mit an Bord, um die ganzen Ideen unter einen Hut zu bekommen und für den guten Sound zu sorgen, der eigentlich die Grenzen des Vier-Leute-Line-Ups von Rilo Kiley sprengt. "Darüber, dass es zu Problemen kommen könnte, wenn wir die neuen Songs live spielen wollen, haben wir im Studio eigentlich nicht nachgedacht", erzählt Schlagzeuger Jason Boesel. "Auf unserer letzten US-Tour sind wir übrigens teilweise zu siebt aufgetreten, wir hatten zwei Streicher, einen Horn-Spieler und noch jemanden, der Keyboard, Gitarre oder was gerade benötigt wurde gespielt hat. Da hatte es natürlich dann keinen großen Unterschied mehr zwischen Album- und Konzert-Version gegeben." Die richtige und funktionierende Song-Reihenfolge für ein Album zu finden, ist auch immer wieder eine Wissenschaft für sich. Die Band hatte diesmal etwas Hilfe von außerhalb. Jason: "Das hat schon recht lange gedauert - Blake und ich waren auf Tour mit unserer anderen Band The Elected, und in den freien Minuten haben wir dann die Songs immer mal wieder neu sortiert und den aktuellen Zwischenstand an die anderen geschickt." Jenny: "Wir hatten eigentlich eine Reihenfolge, die uns gefiel, und dann wurden Jimmy und ich von Rick Rubin eingeladen, in sein Haus zu kommen. Das war eine sehr seltsame Erfahrung - er wollte sich gerne ein paar der neuen Songs gemeinsam mit uns anhören. Wir saßen also da in diesem Raum, mit einem unbehaglichen Gefühl im Bauch, neben der Couch stand ein riesiger ausgestopfter Koala-Bär, und wir hörten uns die Songs an... Rick hatte abschließend noch einige wirklich hilfreiche Vorschläge, und jemandem wie Rick kann man da natürlich blind vertrauen. Also haben wir noch ein paar letzte Änderungen an der Reihenfolge vorgenommen, und dann war das Ergebnis auch wirklich rund." Das ganze könnte man natürlich ins Absurde treiben und vielleicht sogar ganze Listening-Sessions veranstalten, und abschließend könnte man per Stimmzettel seine persönliche Reihenfolge abgeben. "Sowas könnte ich mir durchaus für eine Britney Spears-Platte vorstellen", meint Jason. "Aber jede vernünftige Band würde so etwas natürlich ablehnen, denn es gehört ja auch irgendwie in das künstlerische Gesamtkonzept, sich selbst für eine bestimmte Reihenfolge zu entscheiden." Jenny: "Manchmal hilft eine andere Meinung aber schon, denn nach so einer langen Zeit im Studio bist du für so etwas einfach taub, dir schwirren tausend andere Dinge im Kopf herum. Wir werden aber trotzdem keine Listening-Session in der Zukunft veranstalten..." Jason: "Ich habe mal gehört, dass sich Beck ungefähr 40 Leute eingeladen hat, um sein damals neues Album 'Sea Change' anzuhören - was ich schon recht seltsam an sich finde. Ich kenne ein Mädchen, das auch dabei war, und sie ist wohl zum Schluss zu Beck hingegangen und meinte, dass ihr das Nick Drake-Cover besonders gut gefallen habe. Beck runzelte nur kurz die Stirn und antwortete: 'Es gibt kein Nick Drake-Cover auf der Platte!'"
Rilo Kiley
In vielen Artikeln über Rilo Kiley schwärmen die Autoren davon, wie großartig diese Indie-Band doch ist, aber man wird das Gefühl nicht los, dass zwischen den Zeilen kein besonders großes Vertrauen hindurchdringt, dass die Band mehr schaffen könnte als nur ein gewisses Maß an Indie-Superstardom zu erreichen. Jenny: "Wir identifizieren uns schon sehr damit, eine Indie-Band zu sein, denn wir schätzen die Independent Arbeits-Ethik schon sehr. Wir wollen einfach nur Platten machen und auf Tour gehen. Diese versteckte Aussage, dass man uns vielleicht nicht mehr zutraut, interessiert uns nicht. Viele Bands, die zwar immer noch als Indie-Bands bezeichnet werden, sind bei einem Major Label unter Vertrag - man denke nur an Modest Mouse, Flaming Lips, Wilco, Built To Spill. Wenn man also von einer Indie-Band spricht, meint man wohl eher den speziellen Sound und nicht unbedingt den geschäftsmäßigen Hintergrund." Jason: "Ich habe gerade das Bob Dylan-Buch 'Chronicles' gelesen, und da gibt es auch eine Passage über Folk-Musik, und dass wohl viele Leute der Ansicht waren, dass man bei Folk-Künstlern auf einem Major Label einen schlechten Beigeschmack habe, weil sie ja angeblich die Musik von den 'wahren' Folk-Künstlern, die auf Indie-Labels sind, stehlen und zu Geld machen würden. Ich denke also auch, dass sich das Wort 'Indie-Band' eher auf den Sound bezieht als darauf, wo jetzt die Platte erscheint oder welche Leute sie dann kaufen. Man kann z.B. Modest Mouse einfach nur als Indie-Rock-Band bezeichnen - und ganz bestimmt nicht als Modern Rock Band oder so etwas. Wir sind stolz darauf, eine Indie-Band zu sein."

Zu den Bewunderern ihrer Musik können Rilo Kiley u.a. auch Bright Eyes zählen - so hatte Conor Oberst auch einen Gast-Auftritt auf dem "The Execution Of All Things"-Album und beide Bands werden nun gemeinsam auf Tour durch Deutschland zu sehen sein - das bleibt zumindest zu hoffen, denn Blake Sennett hat ein kleines Problem. "Er hat zwar Flugangst, aber er schafft sie zu überwinden, wenn er sich selbst sehr lange davon überzeugt es zu tun, und wenn es einen wirklich wichtigen Grund gibt", erzählt Jason, bevor Jenny abschließend eine Lösung parat hat: "Und wenn es nötig sein sollte, werden wir ihm bestimmte Substanzen in seinen Drink mixen..."

Weitere Infos:
www.rilokiley.com
www.warnermusic.de/artist/17570/
www.rilokiley.net
members.cox.net/rilokiley
www.saddle-creek.com/bands/rilokiley/index.html
www.barsuk.com/web.cgi?rk
Interview: -David Bluhm-
Fotos: -Wendy Lynch-
Rilo Kiley
Aktueller Tonträger:
More Adventurous
(Brute/Beaute/Warner Music)
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