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THIS IS THE KIT
 
"Man muss sich dem Leben anpassen"
This Is The Kit
Eines wird beim Hören des neuen, inzwischen sechsten This-Is-The-Kit-Albums, "Careful Of Your Keepers" schnell deutlich: Die knapp drei Jahre seit der Veröffentlichung ihres letzten Albums waren für Mastermind Kate Stables nicht nur wegen der Pandemie alles andere als leicht. Im Titellied der Platte fasst die in Paris heimische britische Singer/Songwriterin ihre Gefühle poetisch versponnen zusammen, wenn sie über die Zerbrechlichkeit von Dingen, Situationen und Beziehungen sinniert, und auch in vielen anderen Songs findet sich die Protagonistin in einem Wechselbad der Gefühle wieder, in dem es mehr offene Fragen als definitive Antworten zu geben scheint. Klanglich findet sie derweil mit traumwandlerischer Leichtigkeit den Sweetspot zwischen grüblerisch-tiefgründigen Texten und einem klanglich herrlich transparenten, aber doch liebevoll ausstaffierten Sound, der mit warmtönenden Bläsern, flüssigen Bassläufen, filigranem Gitarren-Fingerpicking und leichtfüßigen Klavierfiguren die inhaltliche Schwere der Songs im Handumdrehen vergessen lässt, und hebt so die wunderbar subtilen Songs im Dunstkreis von Indie-Folk und Art-Pop auf die nächste Ebene.
So echt wie die Gefühle, die uns Stables auf ihrer neuen Platte offenbart, ist auch die musikalische Umsetzung, bei der ihr einmal mehr ihre langjährigen Begleiterinnen und Begleiter Rozi Plain (Bass und Stimme), Neil Smith (Gitarre), Jamie Whitby-Coles (Schlagzeug) sowie Jesse D. Vernon als Multiinstrumentalist und Arrangeur der feinen Bläserparts zur Seite standen. Auf dem Produzentenstuhl nahm derweil der Super-Furry-Animals-Tausendsassa Gruff Rhys Platz, der Stables half, ihr Gefühlschaos in Sounds zu übersetzen, die oft nicht so niederschmetternd klingen, wie die Texte es vermuten lassen könnten. Ohne den mit dem letzten Album eingeschlagenen Weg zu verlassen, ist der Fokus deshalb dieses Mal doch ein anderer. Während der von Josh Kaufman betreute Vorgänger noch betont produziert geklungen hatte, steht dieses Mal eine gewisse Natürlichkeit im Vordergrund, die das Gefühl vermittelt, dass Rhys die Songs keineswegs produktionstechnisch in neue Richtungen schubsen wollte, sondern vor allem daran interessiert war, den Klang des Raumes und die Dynamik des Zusammenspiels einzufangen. Bevor This Is The Kit im September auf Deutschland-Tournee kommen, hatte Gaesteliste.de die Gelegenheit zu einem Videocall mit Kate Stables.
GL.de: Glückwunsch zum neuen Album, Kate! In Zeiten, in denen viele Künstlerinnen und Künstler sich mit jeder Platte neu erfinden wollen, beweist du auch mit "Careful Of Our Keepers" Konstanz. Ist das eine bewusste Entscheidung?

Kate Stables: Ja, ich glaube an die Idee eines Weges und bin überzeugt davon, dass ich auf diesem Pfad unterwegs bin. Allerdings habe ich nicht unbedingt das Gefühl, dass ich es in der Hand habe, wo er mich hinführen wird. Ich bin unfähig, etwas länger als 24 Stunden im Voraus zu planen, deshalb schreibe ich einfach meine Songs, und die bringen mich dann auf den Weg!

GL.de: Wenn du auf deine inzwischen sechs Platten und die letzten 15, 20 Jahre zurückblickst - hast du je deine Entscheidung, dein Leben der Musik zu widmen, infrage gestellt?

Kate Stables: Dass ich es tue, habe ich nie infrage gestellt, aber manchmal habe ich infrage gestellt, wie ich es getan habe. Manchmal frage ich mich, ob ich zu viele Kompromisse gemacht habe - oder zu wenige, das ist von Fall zu Fall verschieden. Im Großen und Ganzen allerdings habe ich nie infrage gestellt, dass ich mich der Musik zugewendet habe, denn Musik ist einfach das, was ich tun muss - egal, wie erfolgreich und finanziell tragfähig das Ganze ist. Ich werde immer Musik machen, der einzige Unterschied ist, dass ich mir wie in meinen Anfangszeiten wieder einen zusätzlichen Job suchten müsste, wenn die Menschen aufhören würden, zu meinen Konzerten zu kommen und meine Platten zu kaufen. Man muss sich seinem Leben anpassen.

GL.de: Apropos "anpassen": Auf dem Album dreht sich vieles um das Akzeptieren unausweichlicher Veränderungen. An wen sind diese Gedanken, diese Texte adressiert!

Kate Stables: Das ist eine interessante Frage! Als ich aufwuchs, habe ich viel Bob Dylan gehört, und irgendwann wurde mir bewusst, dass es ganz oft so klang, als würde er zu sich selbst singen, selbst wenn man allgemein davon ausging, dass das Lied von dieser oder jener Person handelte. Ich denke, dass es vielen Songwritern so geht, dass sie für jemand anders, aber gleichzeitig auch für sich selbst schreiben. Das mag von Song zu Song unterschiedlich sein, aber wenn ich mir das genau überlege, kann sich das für mich mit jeder Zeile, mit jedem Wort eines Songs ändern. Es mag Wörter oder Zeilen geben, die definitiv an jemand anders gerichtet sind, und mit der nächsten Zeile ist es dann eher ein Selbstgespräch. Das ist ein kompliziertes Gebilde (lacht)!

GL.de: Deine Texte sind oft eine Melange aus echten Gefühlen und Gedanken und kryptischer Poesie. Wie kommt es dazu? Steht das ungefilterte Gefühl am Anfang und im Laufe des Prozesses verschleierst du es?

Kate Stables: Ich denke nicht, dass ich versuche, etwas zu verschleiern. Es geht mir mehr darum, dass Offensichtliche zu vermeiden, zudem will ich dem Publikum keine Meinung aufzwingen, ich möchte, dass man beim Hören eine eigene Interpretation finden kann. Wenn das dann bisweilen kryptisch klingt, liegt das sicherlich daran, dass ich Freude daran habe, mit Sprache zu arbeiten und in Worten neue Bedeutungen zu finden. Das ist wie Zauberei. Mit Worten zu hantieren ist ein rätselhaftes Vergnügen!

GL.de: Richten wir den Blick auf die klangliche Seite. Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Gruff Rhys als Produzent auf den Sound des Albums niedergeschlagen?

Kate Stables: Gruffs Ansatz als Produzent ist sehr integrativ, sehr beobachtend. Wenn er einen Song hört, der funktioniert, dann lässt er die Finger davon und versucht gar nicht erst, ihm seine Ideen aufzuzwingen. Damit will ich nicht sagen, dass Josh Kaufman das getan hätte, aber Gruff ist einfach ein sehr respektvoller, aufmerksamer und gedankenvoller Mitstreiter, und er ist in seiner Art zu kommunizieren ungemein taktvoll und brillant. Alles, was aus seinem Mund kommt, ist total durchdacht, und er findet immer die richtigen Worte.

GL.de: Du arbeitest nach John Parish und Josh Kaufmann (Bonny Light Horseman) nun schon zum dritten Mal mit einem Produzenten zusammen, der selbst auch als Musiker renommiert ist. Offenbar suchst du nicht nur nach jemanden, der im Kontrollraum sitzt und an Knöpfen dreht?

Kate Stables: Ja, das stimmt! Insgeheim hoffe ich immer, dass sie selbst auch mitmachen wollen, zu einem Instrument greifen oder ein wenig singen wollen. Selbst wenn ich mit einem Produzenten zusammenarbeiten würde, der selbst kein Musiker ist, würde ich ihn vermutlich dazu ermutigen wollen, weil ich einfach viel Freude daran habe, Leute zum Mitmachen zu bewegen. Bei der Auswahl eines Produzenten gibt es zwei wichtige Faktoren für mich: Mag ich die Musik, die sie machen, und möchte ich für die Länge der Aufnahmesessions gerne Zeit mit ihnen verbringen? Gruff erfüllt das beides, denn er ist einfach ein toller Künstler, nicht nur durch seine musikalischen Projekte und als Produzent, er arbeitet auch als bildender Künstler, schreibt Bücher und widmet sich Rechercheprojekten. Er ist ein Künstler im wahrsten Sinne des Wortes, und es war einfach eine Freude, ihn dabeizuhaben. Er war ein echter Gewinn, und ich bin froh, dass er bereit dazu war, bei der Platte mitzuwirken!

GL.de: So wichtig der Einfluss von Rhys war: Ein wenig darf man sich beim Hören der neuen Lieder auch einbilden, dass die Band nun wichtiger als je zuvor ist, die Parts der Musikerinnen und Musiker mehr denn je integraler Bestandteil der Songs sind. Hat sich im Entstehungsprozess der Lieder etwas verändert?

Kate Stables: Nein, die Lieder sind genauso entstanden wie immer. Ich habe sie allein geschrieben und dann der Band vorgespielt, die dann ihre eigenen Parts hinzugefügt hat. Theoretisch sollte ich also in der Lage sein, sie alle allein zu spielen, und ob das stimmt, werde ich bald herausfinden, denn gleich nach der Veröffentlichung der Platte stehen für mich eine Menge Soloauftritte in Plattenläden an. Allerdings stimmt es auch, dass ich mich so sehr in die Bandversionen verliebt habe, dass ich all das Beiwerk bei einigen Songs sehr vermissen werde. Ich denke, ich muss einfach neue Wege finden, die Lücken zu schließen. Trotzdem gilt auch weiterhin: Ein Song ist für mich dann fertig, wenn ich ihn allein spielen kann.

GL.de: Bisweilen erscheinen deine Songs ziemlich gewagt und komplex zu sein, gleichzeitig haben sie aber oft auch eine sanfte Note und fast beruhigende Qualität. Ist das ein glücklicher Zufall oder das Ergebnis harter Arbeit?

Kate Stables: Nun, die Songs sind definitiv das Ergebnis harter Arbeit, aber ich glaube nicht, dass das vorsätzlich geplant ist, denn es liegt einfach außerhalb meiner Kontrolle, was für Songs entstehen. Wenn sie toll werden, dann bin ich sehr dankbar dafür, aber ich habe immer noch nicht das Gefühl zu wissen, wie ich das kontrollieren kann!

GL.de: Noch mehr als auf dem letzten Album rückt dieses Mal bei einigen Songs die jazzige Note in den Mittelpunkt. Gab es dafür einen besonderen Auslöser?

Kate Stables: Ich bin mir nicht sicher. Ich denke, das hat viel mit den Musikerinnen und Musikern zu tun, mit denen ich zusammenarbeiten will, und oft kommen sie aus dem Jazz. Ich liebe, was sie tun, und deshalb ist ihre Präsenz auch in der Musik, die ich mache, spürbar.

GL.de: Du hast nun gleich mehrfach die Freude am gemeinsamen Tun angesprochen. Tatsächlich geht es bei den Songs der neuen LP mehr um den Blick nach draußen und die Suche nach Verbindungen mit anderen. Ist das etwas, das seinen Ursprung in deiner Musik hatte und das du nun auch in deinen Alltag integrieren kannst und willst?

Kate Stables: Wenn ich ehrlich bin, war das schon immer so. Das zu tun, gelingt mir mal besser und mal weniger gut. Es kommt darauf an, ob ich mutig genug bin, mich der Interaktion und der Kollaboration mit anderen hinzugeben. Ich denke allerdings, dass es ein wichtiger Teil des Lebens ist, mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten und gemeinsame Projekte anzugehen, das kann auch in der Grundschule in der Nachbarschaft oder in einem kleinen Geschäft in der Nähe passieren. Teil der Gemeinschaft zu sein, ist ganz wichtig!
Weitere Infos:
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Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Cedric Oberlin-
This Is The Kit
Aktueller Tonträger:
Careful Of Your Keepers
(Rough Trade Records/Beggars Group/Indigo)
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