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14.06.2016
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10+10

SUNDOWN

Sundown
Tom Liwa findet Inspiration in der Vergangenheit. Letztes Jahr setzte sich der Duisburger Troubadour auf dem brillanten Flowerpornoes-Album "Umsonst und draußen" mit den Idolen seiner Jugend auseinander und lud für die Tour seinen alten Gitarrenlehrer, Bröselmaschinist Willi Kissmer, ein, nun vollendet er gemeinsam mit Mike Krollmann ein Projekt, das die beiden als Teenager vor 38 Jahren begonnen hatten.

Erstmals nach Jahren wiedergesehen hatten sich die beiden beim Flowerpornoes-Auftritt letzten November im Essener Grend, doch schon kurz darauf schickten sie musikalische Ideen hin und her. Dass daraus eine Platte werden würde, stand eigentlich nie zur Debatte, doch genau das ist jetzt passiert. Sundown nennt sich das Duo, "Crab Apple, Wild Cherry & Sloe" heißt das Debüt, das wie schon das letzte Flowerpornoes-Werk bei Grand Hotel Van Cleef erscheint. "Das hat mich im ersten Moment völlig aus den Socken gehauen - ich hatte denen die Files nur geschickt, weil in meinem Vertrag steht, dass sie ja sagen müssen wenn ich irgendwas irgendwo anders veröffentlichen möchte", erinnert sich Tom. "In meinem kopf war das eher 'ne Option für 'ne Schuhkarton-Firma."

Mit den neuen Songs sind die zwei dem spontanen Geist der Lo-Fi-Aufnahmen, die sie in den 70ern fabrizierten, treu geblieben. Die Psych-Pop-umspülten Momentaufnahmen mit englischen (!) Texten sind für alle, denen Martin Newell und Dan Treacy noch etwas sagen, denn Sundown wissen, wo Syd Barrett lebt(e)!

Mike beantwortete unsere zehn Fragen.


1. Was ist deine Definition von "guter Musik"?

Gute Musik? Musik sollte ehrlich sein, ich mag kein Gedudel. Ecken und Kanten sind super, individuell sollte sie sein und ja, ich hab alles von Steely Dan als Vinyl, sogar die ein oder andere Japan-Pressung, Jürgen Krause vom Rockstore in Essen sei Dank, so, und das beweist, dass ich es gar nicht richtig definieren kann, drum versuche ich es mal so: Musik, die meine Seele berührt, das ist meine Definition von guter Musik.

2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?

Nun, ich stand definitiv unter einem Déjà-vu-Einfluss unserer (Toms und meine) gemeinsamen musikalischen Vergangenheit mit Songs von Kevin Ayers, Syd Barrett, Gong und natürlich unserem eigenen Kram, wir haben damals richtig viel Songs am Start gehabt, und dann natürlich all die Sachen, die ich so höre. Manche von denen schleichen sich auch in eigene Produktionen, ich höre aktuellen Kram sowohl von neuen (Fat Freddy's Drop, James Blake oder Gotye) als auch von alten Künstlern (David Crosby, Donald Fagen, Nits), sowie alte Scheiben, die ich damals irgendwie verpasst habe (J.J. Cale, Joni Mitchell, Flowerpornoes). Tja, und letztlich kann man womöglich von jedem irgendwas raushören, mal mehr, mal weniger, virus influenza.

3. Warum sollte jeder deine neue Veröffentlichung kaufen?

Also, wenn jeder unser neues Album kaufen würde, hätte ich ein Problem, weil mein Leben völlig aus den Fugen geriete und ich mir nicht sicher bin, dies handlen zu können. Aber ich verspreche allen Hörern, dass sie bei etwas ganz Besonderem teilnehmen können, denn sie werden ihre eigenen Räume mit der längst vergangenen Epoche der Mitt- bis Spät-70er klangfluten lassen, aber eben nicht nur mit altem, sondern mit modernem Touch, sodass es für mich auch gleichzeitig zeitlos wirkt. Da wir ja nicht beabsichtigt haben, die Songs zu veröffentlichen, haben diese einen unglaublich naiven Charme, da ist auch wirklich gar nichts glattgebügelt, da ist alles live eingespielt. Der Hörer ist quasi bei der Entstehung dabei und schnuppert die Atmo. Für den, der das gewisse Etwas sucht. Ein Rohdiamant, und ja, Melodien, Songs und Texte fernab ausgetretener musikalischer Pfade - gönnt euch was, ihr habt es euch verdient!

4. Was hast du dir von deiner ersten Gage als Musiker gekauft?

Die Gagen haben so gut wie nie die Kosten gedeckt, ich hab mein ganzes Leben immer nur Geld für die Musik ausgegeben, habe aber dafür unbezahlbare Werte zurückbekommen, das Größte sind gewachsene Freundschaften, das kann man auch mit noch so hohen Gagen nicht kaufen. Can't Buy Me Love, ya know?

5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass du Musiker werden wolltest?

Nun, ich bin ja kein Musiker geworden, sondern Fabrikarbeiter, Bauhelfer, Taxifahrer, Lochbuddler, Solarienbauer und, und, und sowie letztlich kaufmännischer Angestellter, und das wahrscheinlich nur deswegen, weil ich mich im Gegensatz zu Tom nie wirklich getraut habe. Hätte wäre wenn, ich nehme es, wie es kommt.

6. Hast du immer noch Träume - oder lebst du den Traum bereits?

Meine Träume sind geheim, manchmal baue ich sie in meine Songs ein, auf jeden Fall sind es machbare Sachen, und vor allem haben sie nichts mit Geld zu tun. Ich hätte gerne "Ich liebe Menschen wie ihr" geschrieben und produziert, das Album, das ich immer machen wollte, aber da war Tom halt schneller. Bastel gerade an eigenen Sachen, mal sehen, was so geht.

7. Was war deine größte Niederlage?

Als mein gleichaltriger Freund Ralph Günther Schäfer (Archie) nach langer, qualvoller Krankheit neulich starb und ich so machtlos war, das war schlimm. Ich konnte nichts tun, nur so oft es ging an seiner Seite sein, er fehlt mir sehr. Zero Love.

8. Was macht dich derzeit als Musiker am glücklichsten?

Nun, wenn ich eine musikalische Idee habe und plötzlich entwickelt sich eine Eigendynamik, das Ding wächst, ist quasi nicht mehr zu stoppen, alles sprudelt, ein Füllhorn und zong!, da steht er, der Song in seiner ganzen Pracht - solche Momente, dafür gebe ich alles. Und wären wir bei der aktuellen Produktion, das waren drei Wochen der Glückseligkeit, gegenseitige Beeinflussung und ein heiliger Rausch, zudem völlig legal, das hat mich mit Glück erfüllt.

9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?

Ui, mit viel Glück habe ich den schlechtesten Song aller Zeiten nie gehört, aber ich nehm mal einen von meinen, der hieß "Tom und seine Freunde", und der ist wirklich unterirdisch, ein unbarmherziger Drummachine Sound, sauschlechter Text, und das alles mit voll gebremstem Schaum, wirklich schrecklich, dafür schäme ich mich in Grund und Boden, sorry an alle, die den ertragen mussten!

10. Wer - tot oder lebendig - sollte auf deiner Gästeliste stehen?

Alle netten Menschen, egal wie jung oder alt, Elfen und Aliens, auch Zwergenvolk ist höchst willkommen, ein himmlischer Chor würde mich auch sehr erfreuen.

Weitere Infos:
www.tomliwa.de
www.ghvc.de/index.php?id=sundown
www.facebook.com/TomLiwaMusik

Text: -Gaesteliste.de-
Foto: -Michael Grundhever -
Sundown
Aktueller Tonträger:
Crab Apple, Wild Cherry & Sloe
(Grand Hotel van Cleef/Indigo)
 

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