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06.05.2005
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Eine richtige Rockband

Masha Qrella
Festland

Essen, Kapelle / Unperfekthaus
06.05.2005

Masha Qrella
Nein, eine Überraschung ist es eigentlich nicht, dass "Unresolved Remained", das zweite Album Masha Qrellas, eine der schönsten Veröffentlichungen der letzten Monate ist. Immerhin hat die junge Berliner Musikerin schon bei den Bands Mina, Contriva und zuletzt auch NMFarner diverse Instrumente bedient und mit "Luck" vor zwei Jahren ein erstes Solowerk jenseits jeden Schubladendenkens gemacht. Überraschender dagegen schon, dass ihre Musik auch live ganz ausgezeichnet funktioniert, wie ihr Auftritt zum Tourneeauftakt in Essen bewies.

Mit einer echten Band - dem Gitarristen von Contriva, dem Drummer von NMFarner und dem Bassisten von Blumfeld am Synthesizer - musste sich Masha an diesem Abend nämlich nicht nur wie zuvor auf Sounds aus der Konserve verlassen, und das tat ihrer Musik merklich gut. Sämtliche Stücke entwickelten nämlich eine völlig neue Dynamik, die oft mit den subtilen Indietronics der Albumvorgaben nur recht wenig zu tun hatten. Nicht nur die Lautstärke war größer, auch die Intensität stieg merklich. "Ich glaube, aus uns wir noch eine richtige Rockband", meinte Masha dann auch richtigerweise irgendwann. Eine Erkenntnis, die für sie übrigens wirklich genauso neu war wie für's Publikum, schließlich hatten die vier in dieser Besetzung zuvor noch keine nennenswerten Auftritte absolviert. Charmant auch, wie Masha gleich zu Beginn des Konzerts erklärte, dass Ansagen nicht so ihr Ding seien und sie deshalb am besten ganz darauf verzichten würde, dabei war es im weiteren Verlauf des Abends gerade die zaghafte Kommunikation mit den Menschen vor der Bühne, die den besonderen Reiz des Auftritts ausmachte. Zum Beispiel, als Masha das Titelstück ihres aktuellen Albums als nächsten Song ankündigte, ihre Band aber nicht wusste, wie das Stück eigentlich begann, und ewig lange brauchte, um sich zu sortieren, worauf Masha gespielt vorwurfsvoll meinte, dass das Stück nach einer solchen Ansage doch eigentlich hätte sofort beginnen müssen… Trotz der kleinen Patzer war's ein - und das war vielleicht die größte Überraschung - ungemein lebendiges und faszinierendes Konzert.

Nicht weniger interessant übrigens auch das Vorprogramm: Die Essener Combo Festland besteht nämlich aus drei Musikern mit ziemlich unterschiedlichen Biografien: Drummer/Sänger Thomas Geier war früher Schlagzeuger bei Die Regierung und macht seit Jahren als DJ die Gegend unsicher, Tastenmann/Gitarrist/Sänger Yoshino ist gelernter Geiger, aber auch Freunden der Housemusic als Lorenzo bekannt und ebenfalls DJ, Bassist ddfm dagegen ist ebenfalls studierter Musiker. Wenn man nun bedenkt, dass die drei als Festland zudem die Texte des Essener Malers und Unikums Fabian Weinecke interpretieren, sollte man schwerfällige Kopfmusik erwarten, doch weit gefehlt. Wenn man einmal davon absieht, dass das Trio an diesem Abend vor heimischer Kulisse etwas zu angespannt und nervös war, war es durchaus interessant zu hören, wie Festland Elemente der Tanzmusik der 90er im Livekontext auf die melancholisch-romantischen Texte anwendeten. Am besten gelang das vielleicht bei einem Stück gleich zu Beginn, das wohl "Rote Liebe" geheißen haben mag. Nur einmal bewiesen Festland, dass gut gemeint und gut gemacht bisweilen unüberbrückbare Gegensätze sind: Die Fehlfarben-Coverversion hätte es sicherlich nicht gebraucht. Ansonsten aber sind wir geneigt, uns Masha Qrella anzuschließen, die über Festland im Bandinfo sagt: Deutschsprachige Texte, seltsam poetisch und in Verbindung mit der Musik zum Teil absolut spooky. Streicher und Klassiksamples ohne schwelgerisches Zuviel, wissend um alle Referenzen, ohne schlau sein zu wollen." Es war ein wirklich schöner Abend!

Surfempfehlung:
www.lok-musik.de/masha_qrella/
www.festland.tv

Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-
 

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