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01.04.2007
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Die Reise nach Indien

Stoppok

Köln, Kulturkirche
01.04.2007

Stoppok
Keinen Aprilscherz gab es am 01.04.07 in der Kölner Kulturkirche: Stefan Stoppok reiste tatsächlich nach Indien. Nun ja, zumindest im übertragenen Sinne. Deutschsprachige songorientierte Popmusik machte Stoppok ja bereits, als die heutige Generation diesbezüglicher Aspiranten sich bestenfalls noch in der Planungsphase befanden. Nur nannte man das damals noch nicht so. Nicht einmal heute passt der Begriff auf das, was Leute wie er machen, so richtig. Überhaupt saß Stoppok eigentlich ja immer schon zwischen allen Stühlen. Da machte es dann auch nichts, dass er an diesem Abend einen weiteren ausprobierte.

"Heute gibt es wirkliche Abwechslung - das ist nicht wie beim Kabelfernsehen", scherzte er - nur um dann hinzuzufügen: "und jetzt machen wir erst mal eine Werbepause." Wie kam es zu diesem Abend? Bernd Keul, Kölner Urgestein, Bassist und gemeinhin Freund exotischer Klänge, war durch Zufall auf die drei indischen Musiker Sumyojit Das, Sourendro Mullick und Biswajit Roy aus Kalkutta getroffen. Mit deutschsprachigem Pop haben die zwar nix am Hut, Bernd erkannte aber gleich, dass deren Musik eine Dimension sein könnte, die Stoppok bislang noch abging. Noch mit ins Bot kam schließlich Danny Dziuk, seines Zeichen auch so ein deutschsprachiger Songwriter zwischen den Stühlen. Abgerundet wurde das Line-Up durch eine Reihe ausgezeichneter Musiker, darunter der Stoppok-Kumpel, Bassist Reggie Worthy und der Ausnahmegitarrist und Indien-Freund Roger Schaffrath, der mit seinen Slide-Guitar-Klängen eigentlich noch fehlende Sitar-Sounds recht anschaulich emulierte. Schon an dieser Kombination war zu erkennen: Das Ganze war mehr so als Abenteuer angelegt, denn etwa als Marketingkonzept mit Marschplan.

Das machte sich dann auch im losen Miteinander der verschiedenen Teile bemerkbar: Es wirkte letztlich zwar nicht alles wie aus einem Guss, aber alle Beteiligten hatten offensichtlich jede Menge Spaß und waren sichtlich bemüht, den Abend auch für das Publikum spannend und abwechslungsreich zu gestalten. Eines wurde auch deutlich: Der Weg war hier das Ziel. Und der führte durch allerlei interessante Gegenden. Stoppok begann - gewohnt knorrig und auf seine unnachahmliche Art nuschelnd - das Konzert zunächst solo, sang von reisenden Herzen und lud dann peu a peu seine Artgenossen dazu. Und je mehr kamen - z.B. noch "Anette and der Klarinette und Multi-Instrumentalist Martin Kübert am Dingsda", wie Stoppok meinte, desto bunter wurde das Treiben. Nicht nur in Bezug auf die farbenfrohen Gewänder, in die die drei orientalischen Gäste gewandet waren, sondern natürlich vor allen Dingen in Bezug auf die Musik. So lustig das dann auch war, wenn Sumyojit mit sympathisch exaltierter Bollywood-Manier seine Gesangslinien mit theatralischen Gesten verzierte und Stoppok (bzw. Danny Dziuk) dazu schmunzelnd ihr Ding machten: Am spannendsten wurde tatsächlich dann, wenn potentiell unvereinbares aufeinander traf und sich dann ganz neue Dinge daraus ergaben. Wie z.B. bei Ravels "Bolero" oder Brahms "Guten Abend Gute Nacht". Ersterer geriet mit einer Menge musikalischen Freigeistes zu einem jazzigen Trip ins Ungewisse und letzteres - in Kombination mit einem indischen Schlaflied - zu einem gelungenen Absacker, auch für die jüngeren Gäste im Publikum. Danny Dziuk hatte des Weiteren eigens ein (ziemlich transzendentes, ruhiges) Stück für diesen Abend geschrieben, das so neu war, dass er es selber noch gar nicht kannte und das bislang nur einen Arbeitstitel ("Regenlied") hat.

Und ansonsten machte man eben aus dem jeweiligen Moment das Beste. Und das war meistens das Unerwartete: Indo-Hip-Hop, Schlager-Folk, Songwriter-Psychedelia - ganz wie man es bezeichnen wollte. Sicherlich lehnten sich Stoppok und Dziuk und die ihren musikalisch weiter aus dem Fenster als die Inder - aber vielleicht lag ja auch gerade darin der Reiz des Unterfangens. Langer Rede kurzer Sinn: Obwohl außen Stoppok drauf stand, war doch sehr viel mehr drin. Jedenfalls mehr, als der eher schnöde Arbeitstitel der Veranstaltung - "Indogermanische Lieder und Improvisationen" - verheißen hätte. Und ganz nebenbei war dieser Ansatz sicherlich auch eine Inspiration für Stoppok, der ja immer schon mal versucht hatte, auch mal "was anderes" zu machen. Den zahlreich angereisten Fans hat er mit dieser Veranstaltung sicherlich ein schönes Vor-Oster-Geschenk beschert.

Hier ist ein Link zu einem Video des oben erwähnten "Guten Abend"-Stückes, das bei einer Probe aufgezeichnet wurde: "Guten Abend"-Video

Surfempfehlung:
www.stoppok.de
www.myspace.com/stoppokband
www.michaelsapp.de
www.koeln-kalkutta-kontakt.de

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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