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28.09.2008
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Dreikäsehoch

Roepaen Festival

Ottersum, Cultureel Podium Roepaen
28.09.2008

Black Rust
Noch ist es ein Insidertipp: Zum zweiten Mal fand nun das (noch namenlose) Roepaen-Festival im niederländischen Ottersum statt. Auf drei Bühnen gaben sich 17 Acts aus sechs Nationen die Gitarren in die Hand. Und das fast im wörtlichen Sinne, denn die Sets waren dermaßen geschickt gestaffelt, dass man zumindest eigentlich alles einmal antesten konnte. Obwohl auch einige "artfremde" Acts aus den Bereichen Roots-, Folk- und Soul-Rock auftraten, ist das Roepaen-Festival vor allen Dingen eine Bühne für Songwriter aller Couleur.

Während in den "eigentlichen" Locations, der Kapelle und dem Nightclub-Cafe, vorwiegend etablierte Acts auftraten, sorgte Iain Matthews, der seit einiger Zeit in den Niederlanden lebt und dort regelmäßig Songwriter-Workshops veranstaltet, auf der dritten Bühne als sachkundiger Conferencier für die Nachwuchsförderung. Mit sehr persönlich gehaltenen Einleitungen stellte er junge Songwriter aus den Niederlanden, den USA und Skandinavien vor. Stilistisch gab es dabei für eigentlich jeden etwas: Der Holländer Aran kämpfte mit der Technik und Bühnenangst, Davie Lawson erinnerte Matthews nicht von ungefähr an den jungen Roy Harper, Tobias Stenkjear klang ein wenig wie John Mayer, Nemo Jones bot Blues-Gefärbtes, Amalie Riees aus Dänemark berichtete von ihren Erfahrungen von Songwriter-Kursen und machte Songs in der Art ihrer Kolleginnen wie Ane Brun oder Maria Solheim. Auch auf den "großen" Bühnen gab es "Vergleichbares": Der Ire Declan DeBarra outete sich z.B. als großer Fan von Tim Buckley - sowohl was seine Art des Gesangsvortrages wie auch das Gitarrenspiel wucherte erfolgreich mit diesen Pfunden. Ian Britt, der bereits im Vorprogramm von Damien Rice reüssierte, präsentierte sich als klassischer englischer Geschichtenerzähler, Nathan Hamilton aus den USA bot mit seiner Band allerbesten Roots-Rock, der für einige der anwesenden Americana-Freunde sicherlich eine Erleuchtung dargestellt haben dürfte.

Joe Purdy war als einer der großen Selbständigen und Industrieverweigerer eigens angereist, um sich dem Geist des Festivals zu unterwerfen und Dede Priest bot schließlich eine klassische Soul-Rock-Show im Stile der 70er Jahre, die zwar nicht unbedingt stilistisch, wohl aber stimmungsmäßig passte. Und Dan Bern, der kurzfristig zum Line-Up gestoßen war, spielte quasi eine gutgelaunte "Best-Of-Show", wobei er in bewährter Manier die Arrangements seiner Studio-Scheiben leichten Herzens hinter sich ließ und stattdessen im Moment verharrte. Unterstützt wurde er dabei übrigens von seinem Kumpel, Paul Kuhn (nein - nicht der) auf einer sechssaitigen elektrischen Geige - irgendwie gar nicht folky, sondern eher psychedelisch. Wie so oft bei solchen Gelegenheiten kamen die Entdeckungen aus Ecken, die man vorher gar nicht so auf dem Schirm hatte: Black Rust aus Dortmund überzeugten mit einem originellen Setup (akustische Gitarren und Bass, Keyboards, Mandoline und Percussion) und einem dermaßen ausgeschlafenen Americana-Set, dass man sich fragte, warum das eigentlich die "richtigen" Americana-Acts selten in dieser Qualität hinbekommen. Black Rust schafften es nämlich tatsächlich, die üblichen Klischees des Genres hinter sich zu lassen und stattdessen vergleichsweise komplexe, verspielte und intelligent zusammengesetzte Songs zusammenzuschrauben. Vence aus den Niederlanden versuchten sich immens lebhaft und erfolgreich in einer eigentlich schon ausgestorbenen Musikrichtung (wie Iain Matthews meinte): Dem klassischen Folkrock. Mit Geige, Akkordeon, Drums, Cello und akustischer Gitarre boten Vence vergleichsweise düstere Songs, die durchaus Bereiche berührten, die Acts wie die Walkabouts, Townes Van Zandt oder Nick Cave gelegentlich beackern.

Die Bowerbirds aus North Carolina boten schließlich das ungewöhnlichste Set der Veranstaltung: Klavier, Akkordeon, eine Basstrommel, Geige und Basspedal stellten das eher rudimentäre Instrumentarium dar, mit dem das Trio vertrackte, transparente, folkige Songstrukturen aufbauten, in denen Phil Moore, Beth Tacular und Mark Paulson dann - zuweilen mit dreistimmígen Harmonien - mehr oder minder jazzig herumirrten - bzw. den Zuhörer mit auf eine Art musikalischer Entdeckungsreise nahmen. Sicher: Laute Töne sind nicht die Stärke des Trios (ganz im Gegenteil: Die Zugabe gab's unplugged vor der Bühne) doch stimmungsmäßig boten die Bowerbirds zumindest etwas, was es nicht alle Tage gibt. Nur, dass sie am Ende ihrer zweimonatigen Tour relativ kaputt waren, merkte man den Musikanten an - was man ihnen allerdings nicht wirklich vorwerfen konnte. Letztlich waren es dann auch diese Entdeckungen die letztlich den Charme der Sache ausmachten. Fazit: Mit der Konzentration auf Singer / Songwriter nimmt das Roepaen-Festival als Dreikäsehoch (natürlich gab es unter anderem Kaas-Broodjes als Verpflegung) bereits jetzt eine Ausnahmestellung in der Reihe Americana-orientierter Festivals in unserem Nachbarland ein.

Surfempfehlung:
www.cultureelpodium.nl

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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