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09.03.2014
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Statisten in den einzelnen Songs

Chris Pureka

Ottersum, Cultureel Podium Roepaen
09.03.2014

Chris Pureka
Chris Pureka gehört zu jener Spezies von Musikanten, die sich den offensichtlichen Mechanismen des Musikbusiness verschließen (bzw. jenen misstrauen) und lieber alles selbst in die Hand nehmen. So brachte die zur Zeit von Portland, Oregon, aus agierende Frau bislang ihre Scheiben nur auf dem eigenen Label Sad Rabbit Records heraus - bis sich nun in dem emsigen Haldern Pop Label ein geeigneter Partner fand, mit dessen Hilfe Chris auch in Europa endlich mal einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden soll. Das gilt für Holland natürlich nur eingeschränkt, weil sie dortselbst seit langer Zeit bereits aus eigener Initiative heraus aktiv ist. In Roepaen spielte sie z.B. an diesem Sonntag schon zum dritten Mal.

Sei es drum: Am Ende ihrer aktuellen Europa-Tour (die sie zuvor auch schon durch Deutschland geführt hatte), galt es natürlich auch darum, ein wenig die Werbetrommel für ihr 2010er Album "How I Learned To See In The Dark" zu rühren, das soeben via Haldern Pop offiziell auch bei uns veröffentlicht wurde. Jedoch weniger, als gemeinhin anzunehmen gewesen wäre: Chris spielte vorwiegend Stücke ihrer älteren oder neueren Tonträger: Die soeben in den USA veröffentlichte EP "Chimera II" gibt es weiterhin nur aus dem Koffer, denn - so habe das Label sie informiert - in Europa möge man schließlich keine EPs. Eine große Rolle spielte das freilich für den Vortrag nicht, da Chris Pureka einen ganz spezifischen Stil für ihre Variante des zeitgemäßen Folksongs entwickelt hat. So spielte sie z.B. in Roepaen mit einer vollständigen Band, zu der auch Andrea Alseri gehörte, mit der Chris ihr Video "Shipwreck" produzierte und die auf den letzten CDs mit Chris zusammenarbeitete. ABER: Im Fall von Chris Pureka bedeutet "vollständige Band" dennoch "ohne Drummer", denn obwohl es da zuweilen ganz schön zur Sache gehen kann, wie etwa bei dem druckvollen "Wrecking Ball", singt Chris meistens so leise, dass ein Drumset da gewiss ungebührlich stören würde - ganz mal davon abgesehen, dass der starke Storytelling-Faktor dann gar nicht mehr zur Geltung käme.

Die meisten der Tracks, so erläuterte sie, entstammen persönlichen Erfahrungen (wenngleich es Chris Pureka mit politischen Statements in der Art ihres Vorbildes Ani DiFranco nicht so hat) - zuweilen lässt sie sich aber auch aus anderen Quellen inspirieren: Der Song "Old Photographs" von der letzten EP basiert auf der Biographie "Real Man Adventures" des Autors T. Cooper, während der "Barn Song" von ihrer letzten LP einfach eine Hommage an die Scheunen zu verstehen ist, in denen sie einige ihrer Konzerte gab (weil sie den Klang darin zu schätzen weiß). Und die Titel ihrer "Chimera"-EPs bezieht sich nicht nur auf die mythologischen Chimären-Kreaturen, sondern auch auf einen Organismus, der aus zwei oder mehr genetisch unterschiedlichen Geweben besteht: Und das ist ein Verweis auf ihr (übrigens abgeschlossenes) Biologie-Studium. Andere Tracks handeln dann von ihrem Umzug nach Portland, während der Rest sich mit den - poetisch verklausulierten und meist nicht weiter spezifizierten - Details zwischenmenschlicher Beziehungen beschäftigt. Kein Wunder also, dass selbst fröhlich gedachte Tracks bei Chris Pureka immer noch eine melancholische Note in sich tragen. Gelegentliche Coverversionen von geschätzten Kolleg(inn)en wie z.B. "Like A Movie" runden das Programm ab. Insgesamt (und aufgrund der zurückhaltenden Darbietung) erweckt es den Eindruck, dass sich die Musiker - teilweise inklusive Chris Pureka selbst - als Statisten in den einzelnen Songs betrachten, die somit den eigentlichen Gegenstand der Betrachtung darstellen. Bei vielen Künstlern würde so etwas befremdlich wirken, für eine Songwriterin vom Schlage einer Chris Pureka ist dies indes das geeignete Medium der Präsentation.

Surfempfehlung:
www.chrispureka.com
www.facebook.com/ChrisPureka

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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