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20.05.2016
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Anderer Ort, andere Zeit

Quilt

Köln, King Georg
20.05.2016

Quilt
Manchmal ist ein Auftrittsort einfach ideal für eine Band. Quilt jedenfalls sind mit ihrem verträumt-vielseitigen Psychedelic-Folk beim Kölner Zwischenstopp auf ihrer von Gaesteliste.de präsentierten Deutschlandtournee im King Georg bestens aufgehoben. Denn wo sonst könnte man das Gefühl eines verruchten Schuppens am Sunset Strip oder im Haight-Ashbury der Spät-60er-Jahre besser simulieren als an diesem Ort der pittoresken Zwielichtigkeit mitten in Köllefornia? Es braucht allerdings eine gehörige Portion Glück, damit der Auftritt der inzwischen durch eine Keyboarderin zum Quintett erweiterten Band aus Boston überhaupt stattfinden kann, doch am Ende heißt es: Die Künstler sind anwesend.

Kurz vor dem geplanten Einlass um 20.00 Uhr ist zwar schon eine ansehnliche Zahl potenzieller Zuschauer am Ebertplatz eingetroffen, aber die Band ist noch gar nicht da. Erst als die Türen eigentlich schon für die Besucher hätten geöffnet sein sollen, können die Musiker endlich ihre Instrumente in den Laden tragen. "Wir sind zwei Stunden an der Schweizer Grenze aufgehalten worden, und anschließend standen wir noch im Stau", erzählt Sängerin und Gitarristin Anna Fox Rochinski später. Doch trotz der Hektik und minimaler Zeit für Aufbau/Soundcheck steht die Band pünktlich um 21.00 auf der nicht-existenten Bühne - umringt von Menschen, denn im King Georg herrscht inzwischen drangvolle Enge: Die Menschen in der ersten Reihe sind näher an der Band dran als die berühmte Armlänge. "Danke fürs Kommen, das ist ja ganz schon kuschelig hier", begrüßt Rochinski das Publikum, um dann gemeinsam mit ihren Mitstreitern gut eine Stunde lang in eine andere Zeit und an einen anderen Ort abzutauchen.

Plötzlich sind wir in Kalifornien, irgendwann in der zweiten Hälfte der 60er, denn Quilt fangen an diesem Abend mit ihrer feinen Melange aus Folk und milder Psychedelia vor allem das Gefühl dieser freigeistigen, tiefentspannten Zeit der vielen Widersprüche ein, wenngleich sie trotz allgegenwärtiger großer Vorbilder - Byrds'sche Harmonien, Jefferson-Airplane-Gitarren und herrlich verwaschene Blumenkinder-Melodien - die eigene Individualität nie aus den Augen verlieren und in puncto Tempo und Rhythmus moderne Ideen einbringen, die man so in der Lyndon-B.-Johnson-Ära wohl nicht zu hören bekommen hätte. Während ihre aktuelle Platte "Plaza" ein dicht arrangiertes Kaleidoskop zwischen Indierock und Dream-Pop ist, klingen Quilt live nostalgischer und haben offenbar Spaß daran, ihren - für die Umstände fast schon überraschend gut ausbalancierten - Bühnensound in gedämpfte Sepia-Farben zu tauchen. Denn auch wenn es bei den Gitarrenausbrüchen von Co-Frontmann Shane Butler hier und da mal lauter und ein kleines bisschen garagiger wird: Zumeist fließt die Musik der Band herrlich unaufgeregt dahin, ganz konzentriert auf die stimmliche Perfektion von Rochinski, Butler und dem ebenfalls feinen Harmoniegesang beisteuernden Drummer John Andrews. Einzelne Song-Highlights auszumachen fällt schwer, es ist mehr die Gesamtheit des Sounds, die an diesem Abend begeistert. Dabei sind die Songs zumeist knackiger und präziser, als man es von den offensichtlichen Vorbildern des Quartetts kennt. Allein "Open Eyes", auf Platte kaum drei Minuten, ufert ein wenig aus und knackt fast die Zehn-Minuten-Marke, bei den anderen Nummern stehen Song und Melodie, nicht wabernde Improvisationen im Mittelpunkt. Mit der Zugabe "Cowboys In The Void" endet der Trip in die Vergangenheit und der DJ legt "Feel AWhole Lot Better" von den Byrds auf. Er hätte auch einfach sagen können: Danke, Quilt, dass ihr uns für eine Weile aus der grauen Realität der Jetztzeit entführt habt.

Surfempfehlung:
www.quiltband.com
www.facebook.com/quiltmusic
quiltmusic.bandcamp.com

Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-
 

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