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24.11.2018
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Cool ist das Wort

Holly Golightly

Münster, Gleis 22
24.11.2018

Miss Holly Golightly
"Das sieht ja hier fürchterlich aus, ich sorge zunächst mal für Ordnung!" Das ist das Erste, was Miss Holly Golightly sagt, als sie an diesem Samstagabend in Münster auf die Bühne kommt. Doch das Entwirren von Kabeln und das Zurechtrücken von Instrumenten ist nichts Neues für sie. "Ich bin so viel mit Jungs unterwegs, da bin ich es gewohnt, dass ich erst mal aufräumen muss", erklärt sie, noch bevor ein Ton gespielt ist. Die Eröffnungsnummer "Crow Jane" deklariert sie dann kurzerhand als Soundcheck, aber groß warmspielen müssen sich weder die Protagonistin noch ihre brillanten Mitstreiter Bradley Burgess, Matt Radford und Bruce Brand an Leadgitarre, Kontrabass und Schlagzeug. Kunststück, stehen doch an diesem Abend mit zwei, drei Ausnahmen haargenau die gleichen Songs wie schon auf ihrer letzten ausführlichen Europa-Tournee vor zwei Jahren auf dem Programm. Trotzdem ist es die helle Freude, die vier mit ihren Vintage-Instrumenten auf der Bühne zu sehen, denn so herrlich unaufgeregt geht kaum eine zweite Band zu Werke.

Vor mehr als 25 Jahren machte Holly Golightly mit den von Billy Childish erdachten Thee Headcoatees erstmals von sich reden, 2003 ließ sie als Duettpartnerin auf dem White-Stripes-Album "Elephant" aufhorchen. Vor allem aber hat die heute in den USA heimische Britin seit ihrem famosen Solodebüt "Good Things" aus dem Jahre 1995 einen ganz eigenen Markenzeichensound im Dunstkreis von Folk, frühem Elektro-Blues, Rockabilly und 60s-Beat'n'Roll entwickelt, den sie auf inzwischen über einem Dutzend Veröffentlichungen unter eigenem Namen immer weiter perfektioniert hat. Trotz eines beachtlichen Facettenreichtums begeistert sie deshalb auf ihrem feinen aktuellen Album "Do The Get Along" ebenso wie im Gleis 22 weniger mit klanglichen Neuerungen als mit der bisweilen geradezu aufreizenden Lässigkeit, mit der sie besonders bei den ruhigeren Nummern agiert. Mit Altersmüdigkeit haben die vielen gedämpfteren Stücke im Set allerdings nichts zu tun. Vielmehr ist die Langsamkeit Ausdruck der Gelassenheit, die man hat, wenn man niemandem mehr etwas beweisen muss, zumal viele Lieder zwar schleichend, aber dennoch mit viel unterschwelliger Wucht daherkommen: "Wherever You Are" etwa, das sich bereits früh am Abend als echtes Highlight empfiehlt, oder das mit viel Inbrunst gesungene "Satan Is His Name", das offenbar erstmals während der laufenden Tournee wieder im Programm ist.

Wen stört es da, dass Hollys an diesem nasskalten Winterabend von Bourbon und Wasser gestählte Stimme in Münster leicht kratzig klingt, schließlich ist der Sound der 52-Jährigen seit jeher eher in der Garage als im Konzertsaal zu Hause. Zudem weiß Holly auch zwischen den Liedern gut zu unterhalten. "Es gibt eine neue Entwicklung auf dieser Tour. Wir haben jetzt Setlisten", verrät sie dem Publikum zur Mitte des Konzerts. "Das Ganze funktioniert aber nicht so recht, weil jeder eine andere hat!" Das ist nicht geflunkert, und deshalb besteht Gitarrist Bradley darauf, nach dem von Elvis Presley popularisierten "Big Boss Man" auch noch "Fool, Fool, Fool" von den Clovers zu spielen, weil das auf seiner Setlist steht! Holly hat derweil als Einzige keine Liste - mit Absicht. "Dann kann ich die Nase rümpfen und sagen 'Och, nö!'", erklärt sie spitz. Trotz der augenscheinlichen Fröhlichkeit auf der Bühne lässt sie keinen Zweifel daran, dass sie nicht aus Spaß an der Freude auftritt. Jimmie Rodgers' "Muleskinner Blues" tauft sie kurzerhand in "The Fucking Work Song" um und widmet ihn all denjenigen, "die wie wir morgen am Sonntag arbeiten müssen." Aber selbst das Business geht Holly leicht von der Hand, etwa, wenn sie ganz beiläufig auf den Devotionalienverkauf nach der Show hinweist. Während (!) des letzten Songs sagt sie kurz "If you want any of our shit, we got some left" - und damit ist das Thema für sie abgehakt. Mit der letzten Zugabe, "Mellow Down Easy", geht kurz danach ein Auftritt zu Ende, der altmodischer, aber auch cooler kaum hätte sein können.

Surfempfehlung:
www.hollygolightly.com
www.facebook.com/hollygolightlymusic

Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-
 

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