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17.04.2020
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Alone together

Marla & David Celia

Quarantine Concerts, Toronto, Canada / Quarantine Concerts, Heidelberg, Germany
17.04.2020 / 01.05.2020

David Celia
Kurz vorab: Hierbei handelt es sich nicht um einen üblichen Konzertbericht, sondern eine Berichterstattung über Quarantäne-Konzerte im Rahmen der andauernden Corona-Situation.

Das Lockdown-Phänomen hatte Marla & David Celia in einer ungewöhnlichen Situation erwischt. Gerade hatte das deutsch-kanadische Paar eine Europatour als Support für Kiefer Sutherland absolviert, als die internationalen Reisebeschränkungen in Kraft traten. Als kanadischer Staatsbürger konnte David Celia gerade noch zurück in die Heimat reisen (wo er dann eine obligatorische Quarantäne durchlaufen musste). Marla sitzt hingegen bis jetzt bei ihren Eltern in Heidelberg fest und hat es bislang nicht geschafft, eine Einreisegenehmigung für Kanada zu erhalten. Nun wurden zwar beide gebeten, für die von der Veranstaltungsplattform "dringeblieben" (ehem. "rausgegangen") organisierten Reihe "Living Room Concerts Cologne" eine Show aus dem Wohnzimmer zu streamen - konnten das aber aufgrund der verfahrenen Situation natürlich nicht gemeinsam tun, sondern mussten diese Aktion auf zwei Shows an zwei Terminen aufteilen.

David Celia
Zunächst war David Celia dran, der seinen Part bereits am 17.04.2020 alleine aus dem gemeinsamen Wohnzimmer des Paares im Großraum Toronto streamte. Dass es sich hierbei um das Wohnzimmer eines Musikers handelt, war dann leicht zu erkennen, denn im Hintergrund standen allerlei Musikinstrumente herum (darunter ein Piano, das David on the fly für den Song "Afraid To Change" nutzte, wozu er das ganze Setting umbauen musste) und David brachte zudem ein professionelles Gesangsmikro zum Einsatz. Dass die Show zudem hochauflösend im Querformat gesendet wurde, war dann noch ein willkommener Bonus-Effekt. Wer David Celia schon mal live erlebt hat, der weiß, dass das statische Setting im Sitzen vor der Kamera nicht so sein Ding sein kann. Ergo räumte er ein, dass er ziemlich nervös sei - zumal er ja keine Möglichkeit hatte, auf das Publikum zu reagieren, was ihm bei normalen Konzerten enorm wichtig ist. Also machte er das Beste aus der Situation und spielte wenige jener Songs wie etwa das Instrumental "The Wind" (bei dem er sogar einen Sampler zum Einsatz brachte), bei denen er als Gitarren-Derwisch punkten kann, sondern mehr seiner zuweilen recht selbstironischen Storyteller-Folkpop-Nummern wie z.B. "Faker Baker", "Infinity", den Marla & David Celia-Song "Heart Like A Dove" von der LP "Daydreamers", den älteren Song "Cactus" als Wunsch aus dem Chat oder dem seinen Sohn gewidmeten Song "Lucas". Zwar räumte David ein, dass er sich nicht als geborener Conferencier betrachte, bemühte sich aber dennoch mit dem zugeschalteten Fans in Dialog zu kommen und auf Publikumswünsche einzugehen. Jedenfalls bemühte er sich diesbezüglich. Dabei entstanden dann lustige Informercials - etwa in der Form, dass David erklärte, wie David Bowie in seinem Song "Space Oddity" das elektronische 70er-Jahre Tascheninstrument Stylophon eingesetzt hatte. Als Bonbon gab es dann noch die klassische Ragtime-Nummer "Severine", bei der David wieder ein Mal zeigte, dass er für wenigstens drei Gitarristen auf einmal spielen kann.

Anders als David streamte am 01.05.2020 schließlich Marla ihre Show nicht aus einem Wohnzimmer, sondern aus dem elterlichen Badezimmer. Das ungewöhnliche Setting sorgte im Folgenden dann auch für einen ungewöhnlichen, halligen Sound. Marla nutzte die seltene Gelegenheit, alleine spielen zu können dafür, einige neue - bzw. noch nicht oder selten live gespielte - Songs aus ihrem Solo-Repertoire zum Besten zu geben. Wir erinnern uns: Ihren Partner David Celia lernte sie schließlich erst richtig kennen, als sie mit ihm zusammen in Kanada ihre eigene Debüt-Scheibe "Madawasky Valley" einspielte. So richtig solo hat sie dieses Material freilich dann kaum je gespielt - einfach da die Sache mit David im Duo zu gut geklappt hatte. Also gab es dann im Folgenden auch einige Tracks von diesem Album - wie z.B. den Titelsong oder aber "Ahiga" zu hören. Auch von dem gemeinsamen Album "Daydreamers" spielte Marla den Titeltrack. Dann gab es noch zwei interessante Coverversionen: "Long Gone Lonesome Blues" von Hank Williams, den Marla ihrer Schwester zujodelte - äh widmete - und Donovans "Catch The Wind" - einen der seltenen frühen Folk-Hits europäischer Prägung.

Marla Celia
Das war dann alles schön und gut - aber letztlich waren es dann doch eher die (zum Teil tatsächlich noch unfertigen) und dem geneigten Hörer unbekannten Marla-Songs, die dann den Charme der ganzen Veranstaltung ausmachten. Nicht nur - aber auch - weil Marla in ihrem Repertoire Songs wie "Radio" und "Lifetime Isolation" gefunden hatte, die ganz gut zur Situation passen: In "Radio" geht es um die schlechten Nachrichten, mit denen wir uns konfrontiert sehen und (das übrigens auch musikalisch sehr interessante) "Lifetime Isolation" behandelt das Thema Isolation zwar auf einer eher universellen Ebene - aber wenn man das Thema nicht jetzt ansprechen soll, wann dann? Und natürlich hat Marla auch persönliche Songs wie "All In My Mind" oder "Come Back To Me" im Angebot, die sich dann mehr oder minder auf das eigene Liebesleben beziehen. Hier wie da zeigte sich wieder einmal Marlas beneidenswerte Fähigkeit, ihre Songs nach dem "Weniger Ist mehr"-Prinzip im klassischen Folk-Format auf das Wesentliche zu verdichten. Das Ganze wurde mit linkischem Charme, mit viel Ausdruckstanz, wenig Verständnis für technische Aspekte und der notwendigen Portion Ironie auf unterhaltsame Weise dargeboten. "Ich möchte ja von mir annehmen, dass ich eine witzige Person bin", sinnierte Marla zwischen den Stücken der Internationalität wegen auf Englisch, "jedenfalls kann man zumindest gut über mich lachen." So viel Ehrlichkeit sollte eigentlich belohnt werden. Beide Streams sind nach wie vor auf der "dringeblieben"-Website verfügbar und können auf verschiedene Weisen in Stufen über das Ticketing-System von "rausgegangen" unterstützt werden.

Surfempfehlung:
dringeblieben.de/videos/living-room-concerts-cologne-prasentiert-david-celia
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Text: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Screenshots-
 

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