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09.06.2022
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Confessions Of A Drama Queen

Suki Waterhouse
TS Graye

London, Omeara
09.06.2022

Suki Waterhouse
Wir haben das ja alles schon mal angedeutet: Wenn jemand dermaßen im Rampenlicht steht wie das die Schauspielerin, Model-Veteranin, Influencerin, Photographin und jetzt auch noch Musikerin Suki Waterhouse tut, dann sieht deren Welt ganz anders aus als die "normaler" Singer/Songwriter. Wo andere Leute also über ihre Neurosen, Existenzängste, Beziehungsprobleme oder untreue Partner singen, sucht sich Suki Waterhouse andere Themen - wie zum Beispiel den Bullshit, der im Internet über sie geschrieben wird, wie schwierig es ist, als Celebrity auf das Äußere reduziert zu werden oder ihre Erfahrungen auf Hollywoods Melrose-Strip. Nun ja.

Bevor Suki und ihre dreiköpfige Live-Band ihre Show im ausverkauften Londoner Omeara-Club spielte (den sie sich für ihr Live-Debüt in der alten Heimat ausgesucht hatte), durfte die Newcomerin TS Graye ihr Talent mit einem kurzen Set demonstrieren. Was das Styling und das Aussehen betrifft, ist TS Graye vermutlich eine Model-Kollegin Sukis - was aber musikalisch tatsächlich keine Rolle spielt. Denn TS Graye hat sich als Medium eine nur leicht R'n'B-lastige E-Pop-Variante ausgesucht, die ihr einerseits poppige Momente ermöglicht, die aber teilweise auch Club-geeignet ist. Bislang hat TS Graye eine EP mit dem bezeichnenden Titel "Graye Area" veröffentlicht - was in Bezug auf den musikalischen Stil sicherlich als Augenzwinkernder Hinweis interpretiert werden darf. Zwei Dinge überzeugten dabei: TS hat eine angenehm rauchige Stimme, die zum Glück so gar nicht zur Vokalakrobatik geeignet ist, sondern eher mit bluesigem Timbre aufhorchen lässt und zweitens schreibt TS zeitgemäße Empowerment-Lyrics im Don't-Mess-With-Me-Modus, die den jungen Damen, aus denen sich Sukis Publikum überwiegend rekrutiert, als hinreichendes Leitmotiv gereichen möge. Dass das Publikum TS nicht genauso frenetisch feierte wie anschließend Suki Waterhouse, lag offensichtlich ausschließlich daran, dass TS nun mal nicht Suki ist.

Die Sache ist die: Suki Waterhouse hat in ihrer Rolle als Schauspielerin schon des Öfteren Musikerinnen gespielt. Nun ist es aber grundsätzlich etwas anderes, Musikerinnen zu spielen, als eine sein zu wollen. Deswegen hat Suki von Anfang an auf Credibility Wert gelegt. Beispielsweise indem sie sich Zeit ließ, sich mit Brad Cook (Hiss Golden Messenger, Bon Iver, War On Drugs) einen respektablen Indie-Produzenten und Co-Writing-Partner suchte, die Debüt-LP "I Can't Let Go" zunächst mal in Eigenleistung vorfinanzierte, und sich erst dann auf die Suche nach einem Label machte. Allerdings nicht nach einem Major, wie zu erwarten gewesen wäre, sondern nach einem - wie sie sagt - coolen Indie-Label wie eben Sub Pop. Und um sich in das Metier so richtig einarbeiten zu können, hatte sie eben in London insgesamt zwei Showcases angesetzt, bevor es im Anschluss auf große Tour in den USA geht (übrigens als Support von Father John Misty). Nach einem bloßen Hobby hört ich das also alles nicht an. Tatsächlich möchte Suki also auch als Musikerin ernst genommen werden. Und das demonstrierte sie dann bei den beiden Shows in London - insgesamt überzeugend, aber vielleicht auch eine Prise zu selbstsicher.

Gerne wird Suki von der Presse als "britische Lana Del Rey" bezeichnet. Auch wenn das stimmlich in einigen Passagen zutreffen mag, trifft das musikalisch nicht ganz den Punkt. Unterstützt von einer dreiköpfigen (weiblichen) Band präsentierte Suki auf der Bühne dann doch ein breit gefächertes Spektrum an musikalischen, performerischen und gesanglichen Ausdrucksmöglichkeiten. Da sie selbst kein Instrument spielt, war ihr einziges Stage-Prop - nun ja - ihre Frisur, die sie mit theatralischen Gesten ständig raufte und sortierte. Das wirkte ein wenig zu einstudiert, um Spontaneität vermitteln zu können, erwies sich aber performerisch durchaus als ziemlich effektiv. Die Spontaneität kam dann von einer eher unerwarteten Seite, als sie nämlich mehrere technische Pannen nonchalant überspielte und sich stattdessen ans Publikum wendete.

Wie die Kollegen von der britischen Presse ganz richtig schrieben, ist Suki Waterhouse keine Rockerin oder gar Punkerin. Genau genommen hat sie mit "Neon Signs" eigentlich nur einen Rocksong im Gepäck - und der ist nicht auf ihrer gerade erschienenen Debüt-LP "I Can't Let Go" enthalten. Sukis Metier sind dramatische Balladen wie "Johanna" oder ihre erste Single "Brutally" (die auch nicht auf der LP zu finden ist - aber zweifelsohne zu den emotionalen Highlights des Abends gehörte) bzw. cool groovende Mid-Tempo-Tracks wie "Bullshit On The Internet" oder "Devil I Know" (mit letzteren begann dann auch ihre Show). Neben weiteren Tracks der LP gab es dann auch noch einen neuen Song namens "On Your Thumb". Letztlich spielte das aber keine Rolle, denn der Londoner Club war bis auf den letzten Platz (von denen es insgesamt eh nur ca. 320 gibt) mit Hardcore-Fans besetzt, die a) allesamt am Tag vorher bereits bei der ersten Show anwesend gewesen waren und b) jeden einzelnen Track mitsingen konnten - und zwar egal ob es sich dabei um Sukis Celebrity-Probleme handelte oder um wirklich offenherzige, konfessionelle Tracks wie eben "Brutally" oder "My Mind", die eher dem Themenreich Darkness & Romance zuzurechnen sind und demzufolge einen universelleren Charakter haben. Nun ja: Es ging ja auch nicht darum, eine größere Öffentlichkeit zu erreichen, sondern sich für die anstehende US-Tour warmzuspielen.

In einem solchen Umfeld wird man Suki Waterhouse vermutlich nie wieder live erleben können, denn einer Zukunft als (Indie)-Pop-Star dürfte kaum etwas im Wege stehen (außer vielleicht Sukis Zeitplan ihre zahlreichen anderen Verpflichtungen betreffend). Denn letztlich machte Suki ihre Sache bei ihrem Headliner-Debüt in London recht ordentlich. Suki sagt, dass sie ihre Arbeit als Schauspielerin nur als Inspirationsquelle beim Songwriting für sich nutze. Bei diesem Showcase kamen aber in dieser Hinsicht zumindest noch die ausgeklügelte Live-Dramaturgie und ein druckreifes inhaltliches Konzept die Ansagen betreffend hinzu.

Surfempfehlung:
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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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