13.11.2024 http://www.gaesteliste.de/konzerte/show.html?_nr=3632 |
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Ein Mann für alle Fälle Jesper Munk Joshua Murphy Köln, Jaki 13.11.2024 |
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Auf dem diesjährigen Reeperbahn Festival präsentierte Jesper Munk bereits erste Songs von seinem damals noch gar nicht erschienenen, neuen Album "Yesterdaze". Damals schien er vergleichsweise nervös gewesen zu sein, wandte sich nur selten dem Publikum zu, lächelte sehr wenig und schien eher mit seiner Musik als der Performance im Einklang zu sein. Damals. Jetzt, bei der ausverkauften Show im Kölner Jaki war das ganz anders. Da stand Jesper bereits vor der Show vor der Tour zum Club, während sein Freund Joshua Murphy den Soundcheck für seine Support-Show machte, unterhielt sich gut gelaunt mit den Fans, plauderte aus dem Nähkästchen und gab bereits vor dem Einlass Autogramme. Diese Art von heiterer Gelassenheit zeichnete im Folgenden dann auch die Show aus, die Jesper dann mit seiner Band The Cassette Heads spielte - das dann allerdings erst nach dem Support-Slot von Josh Murphy.
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Das hatte Gründe. Joshua Murphy (mit dem zusammen Jesper an dem Song "Greenscreen" vom neuen Album gearbeitet hatte) ist offensichtlich nämlich ein Mann mit einer schwarzen Seele, die er in seinen Songs über "düstere Zeremoniengeschichten und Prozessionen" musikalisch auslebt. Wie seine Landsleute Nick Cave und Hugo Race zog der Australier irgendwann nach Berlin und fand dort Zeit und Muße, die vier Songs seiner Debüt-EP "Lowlands" einzuspielen, die er schließlich auch bei der Show im Jaki präsentierte. Wie Nick Cave arbeitet Murphy dabei mit mythischen Bildern biblischer Größe, die er dann mit sonorer Grabesstimme intoniert und wie Hugo Race nutzt er musikalisch eine psychedelisch Mindfuck-Blues-Basis, die er indes zeitlupenartig in Moll-Kaskaden verdichtet. Während er im Studio die Stücke eher um Piano-Akkorde herum anordnet, setzte er live ganz auf Gitarren-Soundwände, die er mit einer schwer zu stimmenden Hofner-Gitarre erzeugte und mit einem Bass-Sythesizer untermauerte. Gerade die Sache mit der Zeitlupen-Problematik führte am Ende allerdings dazu, dass die Stücke dann doch zu lang gerieten, als dass sie wirklich gefesselt hätten - zumal Murphy alleine auf Atmosphäre und keineswegs auf Strukturen und Melodien abzielt. Musik wie diese erfüllt natürlich schon irgendwie ihren Zweck und hat ihre Berechtigung - aber als "Anheizer" war Joshua Murphy natürlich nur bedingt geeignet.
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Es gab ein Mal Zeiten, da legte Jesper Munk es auf der Bühne darauf an, dem Publikum mit einem gewissen Sendungsbewusstsein seinen musikalischen Willen zu demonstrieren - teils mit einer rebellischen Haltung seiner Major-Plattenfirma gegenüber. (Jedenfalls erzählte er uns das mal so.) Von einer solchen Haltung war in Köln dann nun wirklich nichts mehr zu spüren, denn hier gab Jesper den Leuten, was sie wollten. Anstatt also das - übrigens bemerkenswert generationenübergreifend zusammengesetzte - Publikum nicht gleich mit brandneuem Material zu überfordern, begann die Show mit bekannten Tracks wie z.B. "Clean", "Morning Coffee" und "The Parched Well" von seinem Album "Claim", bevor dann mit "Tiny Heart" und "Greenscreen" erste Tracks von dem “Yesterdaze"-Album folgten, die aber gleich darauf wieder von einer Reihe von Cover-Versionen eingefangen wurden. Im Mittelteil der Show gab es dann eine Solo-Passage und in der zweiten Hälfte der Show wechselte Jesper bei dem Song "Yesterdaze" von der Gitarre an das E-Piano, während Keyboarder Tim Granbacka den umgekehrten Weg einschlug.
Dabei wurde dann Folgendes deutlich: Zumindest die jungen, weiblichen Fans können selbst die obskursten Textzeilen mitsingen. Die neuen Songs fügen sich nahtlos ein in das bisherige Oeuvres Jespers - wirken aber dank der enthusiastischen Aufarbeitung durch Jespers Band The Cassette Heads - mit Ersatz-Drummer Manu - deutlich lebhafter bzw. lebendiger als auf der Scheibe (wenn dieser Ausdruck denn gestattet ist - denn tot sind sie ja auch auf Konserve nicht wirklich). Mit klassischem Blues hat das, was Jesper heutzutage auf der Bühne macht, nur noch am Rande zu tun (am ehesten noch dann, wenn er etwa "Blue Shadows" von seinem Debüt-Album "For In My Way It Lies" spielt und dann aber auch vollkommen in der Blue-Note aufgeht). Tatsächlich bekam die Sache bei dieser Show - nicht zuletzt aufgrund des quirligen Bass-Spiels Hal Strewes einen geradezu souligen Touch, während die psychedelischen Effekte (etwa der Einsatz des Despatch-Mikros) auf ein notwendiges Mindestmaß zurückgefahren wurden. Eigentlich präsentiert sich Jesper Munk heutzutage stilistisch als Mann für alle Fälle - gleichwohl er sein Material dann auf der anderen Seite mit einem stringenten, sehr spezifischen Sound-Design zusammenhält. Was diese Show dann insbesondere auszeichnete, waren die Cover-Versionen, die Jesper ins Programm einfließen ließ (auch wenn er meinte, dass es nicht in eine Cover-Show ausarten solle). Als erstes gab es eine munter pulsierende Version von Willie Dixons "My Babe" von Jespers Cover-Album "Taped Heart Sounds" (die Jesper mit seiner damaligen Frau Madeleine Rose eingesungen hatte). In der bereits erwähnten Solo-Passage stimmte Jesper aus gegebenem Anlass den Anti-Kriegs-Song "Salford Town" von den Dubliners und Tom Waits' "Christmas Card From A Hooker In Minneapolis" an. Später gab es dann noch das von Hal Strewe geschriebene "Naked" in einer angenehm konventionell ausgelebten Form und schließlich auch noch Jacques Brels "Amsterdam" mit englischem Text, das ebenfalls davon lebte, dass die auf der Studio-Produktion dominierenden Verfremdungs-Effekte weggelassen wurden. Diese Auswahl hatte auch damit zu tun, dass Jesper mit seinem Cover-Album "Taped Heart Sounds" pandemiebedingt nicht hatte touren können. Gegen Ende der Show gab es dann mit "Ivory Tower" nochmals einen Track von der aktuellen CD - die aber dann trotzdem keineswegs den alleinigen Anker der Show darstellte. Etwas war überraschend dann allerdings das Ende der Show. Hier spielten Jesper & Co. nämlich die Tracks "Courage For Love" von "Claim" und "Fishing Hook" von der EP "Darlingcolour", mit der Jesper seinen DIY-Sound erstmalig flächendeckend implementierte. Beide Songs strahlten dabei geradezu atomische Jon Spencer-Vibes aus und kamen im Vergleich zum Rest der Show bemerkenswert sexyfunky rüber. Fazit: Jesper Munk ist heutzutage einfach mehr als die Summe seiner Songs - und schon gar kein klassischer Blues-Man mehr. Die Idee, sich mit den Cassette Heads zusammenzutun, hat sich dabei als genau richtig erwiesen und es wäre zu wünschen, dass Jesper das, was er mit den Jungs bei den aktuellen Konzerten auf der Bühne umsetzt, auch ein Mal auf Tonträger so unbefangen und undogmatisch einfängt. |
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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer- |
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