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23.01.2025
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Anders als die Anderen

Blush Always
Hallway

Karlsruhe, Kohi
23.01.2025

Blush Always
Es ist ein Konzertabend, den wir uns schöner kaum hätten ausmalen können: Im Kohi in Karlsruhe begegnen sich mit Blush Always und Hallway an diesem Donnerstag zwei Indie-Bands, die klanglich unterschiedlicher kaum sein könnten, aber verbunden sind durch das gemeinsame Credo, dass Musik immer dann besonders echt und authentisch ist, wenn sie nicht nur als Sprungbrett auf der Karriereleiter dient, sondern tatsächlich von Herzen kommt und Spiegel der eigenen Gefühle, Gedanken und Interessen ist.

Hallway sind an diesem Abend eigentlich nur die Vorgruppe, aber auch so viel mehr als nur das. Gestartet als Indie-Folk-Projekt von Sängerin und Gitarristin Alma Tyroller, ist die Band aus München inzwischen zu einem sechsköpfigen Kollektiv angewachsen, das in Karlsruhe mit einem Sound fasziniert, der sich immer wieder gängigen Kategorien entzieht und trotz einer bemerkenswerten Freigeistigkeit im Dunstkreis alter Indierock-Tugenden nie besonders spröde oder kantig wirkt. Mit oft hypnotisch anmutenden Keyboardparts und den jazzigen Vibes eines hell erstrahlenden Saxofons vom ersten Ton an außergewöhnlich, beginnen die Songs oft introspektiv und atmosphärisch auf den Spuren von Adrianne Lenker oder Elliott Smith, um am Ende nicht selten in ein kathartisches Finale zu münden, das vor 30 Jahren Spiritualized kaum aufregender hätten zelebrieren können. Wer hier und da an The Notwist oder Stereolab denkt, liegt sicher nicht falsch, aber trotz vieler loser Referenzpunkte zwischen Indierock und Slowcore klingen Hallway nie wie eine Kopie, sondern gehen bemerkenswert abgeklärt ihren eigenen Weg. Als gäbe es nichts Selbstverständlicheres, gibt es im Kohi deshalb auch keinen einzigen der Highlights aus der letztjährigen Hallway-Debüt-EP zu hören, sondern ausschließlich brandneue Stücke, mit denen die Band ihre klangliche Neuausrichtung der letzten Monate nachzeichnet. Was für ein Statement!

In der Kategorie "Warum die alten Hits spielen, wenn wir auch neue haben?" sind auch Blush Always ganz vorne mit dabei. Während andere Acts sich heutzutage jahrelang mit Singles oder EPs verzetteln, hat die Leipziger Band um Mastermind Katja Seiffert kein Jahr nach dem Traumstart mit der Debüt-LP "You Deserve Romance" vor wenigen Monaten gleich ihren nächsten kleinen, großen Geniestreich mit dem Album "An Ode To ?" veröffentlicht, auf dem sie den einmal eingeschlagenen Weg souverän weiterverfolgt, gleichzeitig aber auch an genau den richtigen Details gefeilt hat, um nun mit bemerkenswerter Lässigkeit den perfekten Bogen von willkommen schroffer Indierock-Dringlichkeit zu euphorischen Alternative-Pop-Hymnen zu schlagen.

So glänzen in Karlsruhe "Fond Of Her" oder "Just Keep Swimming" schon früh am Abend als ultraeingängige Ohrwürmer im Spannungsfeld von 90s-Nostalgie und Zeitgeist, während Rückgriffe auf die erste Platte wie "Coming Of Age" oder "Your Call" mit grungiger Wucht mitreißen, bevor bei der Zugabe alle Dämme brechen und es bei "Default" und der fiesen kleinen Punknummer "Autoimmunity" ganz zum Schluss ausgelassen wüst wird. Das elegische "Dance Into My Head" sorgt derweil zur Mitte des Sets für klangliche Kontraste und unterstreicht die Wandelbarkeit von Blush Always. Die lähmende Bühnenangst, die einst den Namen des Bandprojekts inspirierte, glänzt dagegen mit Abwesenheit, denn das gleiche Selbstbewusstsein, mit dem Katja ihr Songwriting ehrlich und unverstellt angeht, strahlt sie inzwischen auch auf der Bühne und ganz besonders auch bei ihren unumwundenen Ansagen aus.

Gesundheitlich leicht angeschlagen und deshalb etwas versteckt unter einem Hut, den Jamiroquai sicherlich gerne irgendwann zurückhaben möchte, jagt sie mit ihren Mitstreitern Dave Rossel an der Gitarre, Christian Lincke am Bass und Schlagzeuger Dennis Behrendt im Kohi in knapp 60 Minuten durch 15 fabelhafte Songs, getragen von der Begeisterung vor der Bühne und von der Freude am eigenen Tun, denn nichts symbolisiert die besondere Chemie des Quartetts besser als die Tatsache, dass Katjas Musiker immer wieder ohne Mikro auch Textzeilen mitsingen, die eigentlich gar nicht danach verlangen… Überraschend ist das natürlich nicht, denn mit Songs zwischen spielerischer Eingängigkeit und einem Hauch von Schwermut spielen Blush Always hierzulande längst in einer eigenen Liga.

Surfempfehlung:
www.blushalways.com
www.instagram.com/blush_always
www.facebook.com/p/Blush-Always-100076282004426
www.instagram.com/hallway.band

Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-
 

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