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06.04.2025 http://www.gaesteliste.de/konzerte/show.html?_nr=3667 ![]() |
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Zuckersüß und unverfänglich Flyte M. Field Rees-Haldern, Haldern Pop Bar 06.04.2025 |
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Unverfänglich zu sein ist ihr Trumpf: Flyte sind die Band, auf die sich auf der Klassenfahrt irgendwie alle einigen konnten, die Band, deren Lieder du unterbewusst leise mitsummst, wenn sie in deinem Lieblingscafé im Hintergrund laufen, und die Band, von der dieser Typ auf der Arbeit, der sich eigentlich gar nicht richtig für Musik interessiert, plötzlich zu schwärmen anfängt. Folglich stehen an diesem Abend in der Haldern Pop Bar viele neue Gesichter statt der üblichen Verdächtigen vor der kleinen Bühne, um zu erleben, wie sich die Masterminds des britischen Indie-Folk-Quartetts, Will Taylor und Nick Hill, mit kleinem Besteck für ihr im August erscheinendes neues Album und die im Dezember anstehende Full-Band-Tournee warmspielen.
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Das kurze Vorprogramm bestreitet M. Field, der in der Vergangenheit auch schon in der Flyte-Liveband aufgetaucht ist. Eigentlich ist der aus Südafrika stammende Singer/Songwriter als Teil der Band Beatenberg auf einen gerne etwas schrägen Zeitgeist-Pop abonniert, beim Soloauftritt in der Pop Bar transferiert er seine Songs, reduziert auf Stimme und Lagerfeuergitarre, aber ins Troubadour-Setting. Sieben sanfte Folk-Pop-Nummern fliegen in nur etwas mehr als 20 Minuten vorbei, und am Ende bleibt der 31-Jährige weniger ob seiner musikalischen Performance, die mit der gleichen zuckersüßen Eingängigkeit dahingleitet wie die Songs des Headliners, in Erinnerung, sondern eher als sympathischer Entertainer. So unterhält er das Publikum mit netten Geschichten aus dem Tourneeleben ("We went to the Wellnessbereich today!") und teilt kleine Lebensweisheiten, wenn er mit Blick auf seine nach einem betont entspannten Tag unerwartete Nervosität bei seinem Auftritt sagt: "Manchmal ist es ganz gut, etwas zu tun, was einen nervös macht." Auch in Sachen Merch hat er sich etwas ausgedacht: Statt Platten oder T-Shirts gibt es pro Konzert genau eine tagesfrische Originalzeichnung von ihm, die er nach dem Auftritt via Pay-what-you-want unter die Leute bringt.
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Auch bei Flyte bleibt die Bühne ungewohnt leer. Eigentlich seit Jahren in Quartett-Besetzung unterwegs, nutzen Will Taylor und Nick Hill die Konzerte in kleinen Läden wie der Haldern Pop Bar dazu, ihre neuen Songs im Duo-Format auf ihre Live-Tauglichkeit zu testen und mit dem Publikum auf Tuchfühlung gehen zu können. 60 Minuten stehen die beiden auf der Bühne, und am Ende ist man doch ein bisschen verblüfft, mit welcher Leichtigkeit sie nicht nur mit ihren stets ein wenig wehmütig klingenden, mit feinem Harmoniegesang gespickten Songs, sondern auch dazwischen immer die richtigen Töne treffen und dem Publikum auf Augenhöhe begegnen. So bietet Taylor noch vor dem ersten Lied einer Dame, die es sich rechts von der Bühne auf einem Stuhl bequem gemacht hat, augenzwinkernd sein Bier an ("Aber nicht ganz austrinken, ein bisschen brauche ich auch noch") und versichert kurz darauf höchst glaubhaft, dass sich die zwei besonders geehrt fühlen, in Haldern spielen zu dürfen, weil seine Partnerin Billie Marten ihnen von ihrem Festivalauftritt im vergangenen Sommer vorgeschwärmt hätte: "Wir haben große Worte über diese kleine Stadt gehört!"
Glänzen können Flyte aber natürlich nicht nur bei ihren charmanten Ansagen, sondern vor allem mit ihren Songs, die sich fast immer mit dem Thema Liebe in all seinen schönen und weniger schönen Schattierungen befassen und alle ein wenig so klingen, als seien sie dafür geschrieben worden, um auf möglichst vielen Spotify-Playlisten zu landen, diesem Anspruch aber auch tatsächlich mehr als gerecht werden. Anrührend und eingängig zugleich, klingt praktisch jede der zwölf Nummern vage vertraut - und das ist auch der Band selbst bewusst. So machen die zwei kein Hehl daraus, dass ihre vor drei Jahren in Los Angeles geschriebene neue Single "Emily And Me" durchaus Parallelen zu einem kurz darauf veröffentlichten Boygenius-Song aufweist, der fatalerweise auch noch "Emily, I'm Sorry" heißt, ein Problem machen sie daraus aber nicht. Auch "Cold Side Of The Pillow" ist brandneu und gefällt nicht nur mit seinem dezenten Beatles-Vibe, sondern auch damit, dass Hill auf der Gitarre täuschend echt eine Bass-Begleitung imitiert. Die kürzlich veröffentlichte, Richtung Nick Drake deutende Single "I'm Not There" spielen Flyte zwar leider nicht, dafür stehen praktisch alle alten Songs auf der Setlist, die sich über die Jahre in den einschlägigen Streaming-Portalen als die beliebtesten der Band entpuppt haben, "Tough Love", "Losing You" und die vielleicht schönste, weil harmonieseligste Nummer des gesamten Abends, "Everyone's A Winner", inklusive. Vor "White Roses" verrät Taylor, dass er das Lied ursprünglich für seinen verstorbenen Großvater geschrieben hätte, es sich später aber großer Beliebtheit als Hintergrundmusik in der Reality-TV-Serie "Love Island" erfreut hätte: Der eingangs bereits erwähnte Hang der Band zu einem unverfänglichen Sound macht's möglich! Mit anderen Worten: Auch wenn Flyte mit millionenfach gestreamten Songs längst waschechte Popstars sind, geben sie sich beim Abstecher an den Niederrhein betont unprätentiös und liefern so ein Konzert ab, das zwar nüchtern betrachtet arm an echten Überraschungen ist, aber trotzdem in diesem Ambiente und vor diesem bunt gemischten Publikum kaum einen größeren Wohlfühlfaktor hätte haben können. |
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Surfempfehlung: flytetheband.com |
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Text: -Simon Mahler-
Foto: -Simon Mahler- |
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