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24.11.2000
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Kein Abend am Lagerfeuer

Favez
Time Spent Driving

Marburg, Cafe Trauma
24.11.2000

Favez
Die Schweiz war bis dato nicht gerade dafür bekannt, Heimat guter Rock und Popbands zu sein. Peinlichkeiten a la Yello kommen in den Sinn, nun gut, die fabelhaften Aeronauten bildeten lange Zeit die rühmliche Ausnahme. Doch in den letzten zwei Jahren mehren sich die Zeichen dafür, daß unsere südlichen Nachbarn nicht länger ein weißer Fleck auf der rockmusikalischen Landkarte bleiben müssen. Bands wie Sportsguitar, Honey for Petzi, Chewy oder eben Favez bieten zwischenzeitlich Rockmusik, die den Vergleich mit ihren zumeist angloamerikanischen Vorbildern nicht mehr fürchten muß.

Favez
Letztere haben jüngst mit der Veröffentlichung ihres hochgelobten und vielbeachteten Albums "Gentlemen Start Your Engines" durchaus neugierig gemacht. Die weitgehend akustisch eingespielten Songs ihres lagerfeuerkompatiblen Debuts "A Sad Ride On The Line Again" wichen einer Scheibe mit krachigen und druckvollen Rocksongs, die, wenn schon Schublade, am ehesten in der Rubrik Emo zu verorten sind. Live hatten sich die vier Jungs aus Lausanne Verstärkung aus dem sonnigen Kalifornien mitgebracht. Time Spent Driving waren das erste Mal in Europa zu sehen und boten, was man von amerikanischen Bands durchaus erwarten kann: Eine professionelle Rockshow. Die Musik lag stilistisch irgendwo zwischen klassischem Alternativ-Rock der Marke Everclear, ne Prise Punk, ein wenig Emo, ein großartiger Sänger und ein Schlagzeuger, der den Seattle-Veteranen Melvins alle Ehre gemacht hätte. Leider spielten sie nur wenig länger als eine halbe Stunde und so bleibt zu hoffen, daß wir die Jungs nicht das letzte Mal gesehen haben.

Nach kurzer Umbaupause betraten Favez die Bühne und was die Zuschauer die nächsten 70 Minuten musikalisch erwarten sollte, machten die vier Herren aus der Schweiz bereits auf ihren T-Shirts deutlich. Der Trommler bekundete seine Sympathie für "The Stereo", der Bassist steht auf die "Get Up Kids", der Gitarrist fällt mit "Chokebore" fast ein wenig aus der Reihe, Sänger und Gitarrist Christian Wicky rückt mit seinem "Elliot"-T-Shirt aber die Koordinaten wieder zurecht. Die Show, die Favez dann boten, bildete auch durchaus die Schnittmenge ebenjener Einflüsse. Ein Knaller folgte auf den nächsten und man war manchmal froh, wenn die Band mal einen Gang zurückschaltete und den einen oder anderen Song ihres ruhigeren Debuts darbot. Alles in allem eine grandiose Rockshow und besonders bleibt das charmante Anzählen der Songs auf französisch in Erinnerung: Un, deux, trois, quatre - tres chic!!! Hätte Sänger Christian Wicky nicht immer wieder etwas peinliche Ansagen gemacht ("...unser T-Shirt-Verkäufer hat leider keine Freundin - Wer hilft aus?"), gäbe es an diesem Konzertabend tatsächlich nix zu kritisieren. Die natürliche Coolness der Weakerthans hat man halt oder eben auch nicht! Favez machen zumindest großartige Rockmusik und das ist ja schon was.

Text: -Carsten Wilhelm-
Fotos: -Carsten Wilhelm-
 

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