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20.07.2004
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Zeitreise

Simon & Garfunkel
The Everly Brothers

Köln, Kölnarena
20.07.2004

Simon & Garfunkel
Nach mehr als zwanzig Jahren endlich wieder gemeinsam auf der Bühne: Simon & Garfunkel. Eintrittspreise von bis zu 200 Euro (für Großarena- und Stadionkonzerte!) und die Tatsache, dass Paul Simon im Vorfeld keinen Zweifel daran ließ, dass ihn an dieser Reunion vor allem die Kohle interessierte, konnten kaum jemanden abschrecken, und so war die Kölnarena dann auch schon viele Wochen im Voraus restlos ausverkauft. "10 000 people (maybe more)" wollten das berühmteste Duo der Popgeschichte (noch einmal) sehen, und auch wenn die Show - ähnlich wie Simons Soloauftritte - eher einer Theaterinszenierung denn einem Popkonzert glich und die Setlists (und streckenweise sogar die Ansagen) Abend für Abend absolut identisch waren, war es dennoch ein großes Erlebnis.

Kurz nach halb neun kamen die zwei inzwischen über 60-jährigen Herren auf die Bühne, sahen - abgesehen von Simons immer breiter werdendem Scheitel - genauso aus wie vor 35 Jahren und stellten gleich mit dem ersten Song klar, dass eine Abendgage von einer (geschätzten) Million so manche Zwistigkeiten der Vergangenheit vergessen machen lässt: Los ging's nämlich mit "Old Friends" und einigen kleineren Abstimmungsproblemen, aber das bekam kaum jemand mit, denn die Halle tobte. Auch die zweite Nummer - ebenfalls aus dem "Bookends"-Album - war noch ein wenig holperig, und das, obwohl "Hazy Shade Of Winter" doch eigentlich einer der Trümpfe der zwei ist. Das Arrangement verdankte interessanterweise der rockigen Bangles-Coverversion mehr als dem S&G-Original. Richtig los ging das Konzert deshalb erst mit dem Politstatement "America", von Charmeur Garfunkel perfekt auf Deutsch angekündigt, während Simon mit versteinerter Miene in die Kamera schaute, die das Spektakel auf vier Leinwände zauberte und somit auch für die Menschen auf den billigen Plätzen (sogar die Sitze hinter der Bühne waren verkauft worden!) sichtbar machte. Das erste Highlight war "Pauls schönstes Liebeslied", wie Garfunkel es nannte: Die Gänsehautversion von "Kathy's Song". In der ersten Hälfte der Show spielten Simon & Garfunkel übrigens ganz offensichtlich die Nummern, die ihnen selbst am Herzen lagen und das waren - mit Ausnahme von "I Am A Rock" - nicht unbedingt die Megahits.

Deshalb wurde den beiden von zwei alten Hasen fast die Show gestohlen. Nach einem kurzen Abstecher zu ihrem allerersten Song "Hey Schoolgirl" (damals noch als Tom & Jerry - Simon war Tom!!!) erzählte Tom, pardon, Simon nämlich, dass sie damals nichts anderes gemacht hätten, als ihre großen Idole, die Everly Brothers, bis ins kleinste Detail zu kopieren. Und eben jene Everly Brothers standen dann plötzlich auf der Bühne der Kölnarena, sahen beide mindestens 25 Jahre jünger aus als sie sind und spielten vier Songs. Aber nicht irgendwelche Stücke, sondern ihre vier besten und bekanntesten: "Wake Up, Little Suzie", "All I Wanna Do Is Dream", "Let It Be Me" sowie (zusammen mit Simon & Garfunkel) "Bye Bye Love". Und das in puncto Timing und Gesang in einer Perfektion, von der selbst die Hauptakteure des Abends nur träumen können. Das war wohl auch Simon & Garfunkel klar, denn nach dem Intermezzo der Special Guests brannten sie ein wahres Hitfeuerwerk ab: "Scarborough Fair", "Homeward Bound", "El Condor Pasa", "Mrs. Robinson" (mit Dustin-Hoffman-Einspielung auf der Leinwand) und ein wunderbares "The Sound Of Silence". Die Arrangements die Songs waren eine Gratwanderung, die fast stets glückte: Einerseits behutsam aktualisiert, um den Staub der Nostalgie zu vertreiben, andererseits nah genug am Original, um die Touristen im Publikum Freudentränen weinen zu lassen. Das lag nicht zuletzt auch an der kompetenten Backingband des Duos. Der reguläre Teil des knapp zweistündigen Auftritts endete - wie könnte es anders sein? - mit "Bridge Over Troubled Water" und einem weiteren gesanglichen Glanzlicht Garfunkels, dem der Abend sichtbar mehr Spaß bereitete als Simon, dem nur bei den letzten Nummern ob der überwältigenden Publikumsreaktion ein Lächeln übers Gesicht huschte. Interessant auch, dass sich die zwei für eine der vier Zugaben die vielleicht obskurste Nummer des Abends aufgehoben hatten. "Leaves That Are Green" kannten im Saal offensichtlich nur die wenigsten, dabei kennt wohl jeder Punkrocker die Anfangszeilen "I was 21 years when I wrote this song / I'm 22 now, but I won't be for long". Nur waren eben keine Punkrocker im Publikum und Songs wie "Cecilia", "The Boxer" und das abschließende "Feelin' Groovy" (mit einem fast schon an "Pet Sounds" erinnernden Improvisationsteil) deshalb die klaren Favoriten der Massen vor der Bühne. Kritik? Es erschien etwas seltsam, dass Garfunkel sich mehrmals für den glanzvollen Empfang durch seine deutschen Fans bedankte, dabei aber ganz eindeutig nicht für Simon sprach, der sich das Ganze eher gelangweilt anhörte. Und "For Emily (Whenever I May Find Her)" fehlte auch, aber wir wollen ja nicht kleinlich sein. Denn auch so war es ein rauschender Abend mit zwei großen Talenten, die mit diesem Konzert einen Riesenreibach, aber auch Tausende Menschen glücklich machten. Was den Wohlfühlfaktor angeht: Das Konzert des Jahres.

Setlist:

Old Friends
Hazy Shade of Winter
I Am A Rock
America
At the Zoo/Baby Driver
Kathy's Song
Hey, Schoolgirl
Wake Up Little Susie (Everly Brothers)
Dream (Everly Brothers)
Let It Be Me (Everly Brothers)
Bye Bye Love (Everly Brothers und Simon & Garfunkel)
Scarborough Fair
Homeward Bound
Sound Of Silence
Mrs. Robinson
Slip Slidin' Away
El Condor Pasa
Keep The Customer Satisfied
The Only Living Boy In New York
American Tune
My Little Town
Bridge Over Troubled Water
--
Cecilia
The Boxer
--
Leaves That Are Green
The 59th St. Bridge Song (Feelin' Groovy)

Surfempfehlung:
www.simonandgarfunkel.com
www.songfta.com
www.paulsimon.com
www.artgarfunkel.com

Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Pressefreigabe-
 

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