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17.01.2005
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Lautstärke und Zeit

Die Sterne
Jens Friebe

Düsseldorf, Zakk
17.01.2005

Die Sterne
Frank Spilker habe die Theorie entwickelt, dass Lautstärke und Zeit irgendwie zusammenhängen, erklärte der Sterne Mastermind, nachdem jemand aus dem Publikum nach mehr Lautstärke verlangt hatte (was ja selten genug vorkommt), und ging deswegen auf den Publikums-Wunsch ein. Nun: An diesem Abend war eh alles egal, weil dies mit Sicherheit eine der Sterne Shows mit dem höchstmöglichen Handicap war. Als Frank bei "Hängen hart" zum ersten Mal eine Saite riss, fand er das noch witzig. "Mensch, das war ja ohne Gitarre noch viel geiler als mit", freute er sich, nachdem er das Stück dann im MC-Spilker-Modus dahergerapt hatte. Beim dritten oder vierten Saitenriss versuchte er erst gar nicht mehr zu simulieren, sondern sprang allen Ernstes singend ins Publikum und agitierte von dort aus. Nicht, dass das nötig gewesen wäre, denn die Fans im Düsseldorfer Zakk rasteten eh bei jedem halbwegs bekannten Titel aus und brachten die Halle zum Toben.

Aber vielleicht fangen wir mal mit dem Anfang an: Aufgrund des Umstandes, dass die eigentliche Herbsttour der Sterne familiär bedingt abgebrochen werden musste, war dieses Wiederholungskonzert nun fast so etwas wie die Tour zur DVD ("Die Interessanten"), denn die Veröffentlichung des Albums, "Das Weltall ist zu weit" (übrigens hier und jetzt auch so ein - allerdings absichtlich - gitarrenloser Rap-Titel), liegt ja auch schon ein paar Tage zurück. Dennoch füllte sich das Zakk zwar langsam, aber stetig und recht ordentlich. Den Support machte bei dieser Show Jens Friebe, der sich als wandlungsfähiger Songwriter präsentierte und eigentlich einen genau gegenteiligen Eindruck hinterließ, wie bei dem Konzert, von dem Kollege Mahler berichtete: Die Stücke, die er alleine mit Rhythmusbox vortrug, gerieten lebendiger als die mit Band - einfach, weil diese zu konventionell agierte, um den Songs das letzte Quentchen Originalität abzugewinnen. Friebe ist ein Songwriter mit einer erstaunlichen Bandbreite an Themen - von der Filmkritik bis zur sentimentalen Liebesballade hat er ja alles drauf. Leider leiden viele seiner Tracks, die mit wirklich schönen Melodiebögen aufwarten, unter einem unglücklichen und öfters betont schwachen Abschluss in Form beinahe banal anmutender Refrains, sodass sein Material nicht ganz so spannend und aufregend rüberkommt, wie es etwa sein betont selbstsicheres Auftreten suggeriert. Dennoch kam der junge Mann beim Publikum im Zakk gut an - und spielte natürlich alle seine "Hits" wie "Deutsches Kino", "Bring mich zum Wagen" oder auch "Cast A Shadow" (übrigens - wie beim Konzert in Essen durchaus wieder erträglich).

Mit Refrains in dem Sinne haben die Sterne ja nicht so viel am Hut. Im Gegensatz zur Tour zur letzten Studioscheibe "Irres Licht" war dieses dann auch keine Rock'n'Roll-Show, sondern eher eine ziemlich leichtfüßige Funk- und Disco-Beat-Affäre. Gitarren-Sounds spielten keine allzugroße Rolle - einerseits wegen der besagten Saitenreißerei und zum anderen deswegen, weil Richard von der Schulenburgs Keyboard-Spiel scheinbar immer wichtiger wird. Daneben sorgte die unermüdliche Rhythmusgruppe Thomas Wenzel und Christoph Leich dafür, dass die Musik der Sterne - zumindest in Düsseldorf - körperbetonter wirkte, als die Band selber es eigentlich war (mal abgesehen von einer gelegentlich angedeuteten Choreographie und dem Umstand, dass Thomas Wenzel alleine für die Bewegung auf der Bühne sorgte). Die Setlist war eher sendungsbewusst und erzieherisch aufgebaut. "Wir können uns ja ungefähr vorstellen, was ihr hören wollt", erklärte Frank, "aber wir haben ja eine Stunde Zeit - vielleicht sogar anderthalb. Deswegen möchten wir zunächst einmal ein paar neue Stücke spielen." Und die gab's dann auch. Allerdings zunächst eher statisches Zeugs wie "Wir rühren uns nicht vom Fleck". Der erste Aufreger kam dann erst mit "In diesem Sinn", wo das Publikum sich auch zum ersten Mal richtig ausleben konnte ("Hau drauf und hau ab" ist ja eh mehr so eine Art musikalischer Witz). Zum Abhotten sollte es dann im Folgenden noch mehr Gelegenheit geben, denn spätestens beim "Universal Tellerwäscher" wurde die Hit-Strecke eingeläutet, die natürlich pflichtgemäß im Crescendo der Klassiker "Gedanken" und "Was hat dich bloß so ruiniert" (übrigens großteils vom Publikum skandiert) mündete. Im Zugabenteil griffen die Herren dann ganz tief in die Klamottenkiste und stellten historisches Liedgut wie zum Beispiel "Alles oder niemand" von der ersten Sterne-CD oder "Ich variiere meinen Rhythmus" von "Wo ist hier" in Kontext zu neuem Material wie der "Kaltfront". Das klappte ganz gut - wenngleich die halb vergeigte Version des Publikumswunsches "Nervös" fast noch charmanter geriet.

Was es zu beobachten gab: Witzigerweise altert das Publikum der Sterne nicht - wie ansonsten durchaus üblich - einfach widerstandslos mit, sondern verjüngt sich zusehends. Das ging sogar so weit, dass in der ersten Reihe eine Anzahl Kinder standen, die sich zwar die Ohren zuhielten, trotzdem aber begeistert mitsangen. Was die deutlicheren Botschaften der aktuellen Scheibe angeht - durchaus ja ein Anliegen der Sterne - so fiel dann aber doch auf, dass seltsamerweise eher die alten Texte besonders akzentuiert vorgetragen wurden. Und letztlich ist es doch bemerkenswert, dass eine Band, die ja geradezu mit dem Umstand kokettiert, dass sie gerne und oft die Musikgeschichte zitiere, sich im Laufe der Jahre ein doch sehr eigenständiges Profil erarbeitet hat. Die Musik der Sterne funktioniert jedenfalls heutzutage auf einem nahezu selbsterklärenden Level, zu dem jeder Zugang findet, der musikalisch nicht gerade tot ist.

Surfempfehlung:
www.diesterne.de
www.jens-friebe.de

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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