Los ging es aber erstmal eher "traditionell": Die Schweden von Naglfar eröffneten den zweiten Tag auf der Black Stage und konnten mit einer wuchtigen und doch oft sehr melodischen Mischung aus Black- und Death-Metal durchaus die ersten Banger zur Morgengymnastik animieren - kein Wunder bei Material wie "When Autumn Storms Come" von "Diabolical" oder "The Perpetual Horrors" von "Pariah". Auch das wenige, das wir vom Finale bei den Reisenden in Sachen Melodic Thrash und Death, Mercenary, noch mitbekamen, war aller Ehren wert.
Auch vor der True Metal Stage bildete sich eine beachtliche Menge, als es mit Morgana Lefay klassisch weiterging. Auch sie muss man - obschon sich manch einer wunderte, "dass es SOWAS überhaupt noch gibt?!?" - als typische Wacken-Band bezeichnen. Hard Rock bis Power-Metal, Kreischen, Soli die Masse und für Fans des Genres sicher ein gelungener Wecker. Es wurde langsam voll auf dem Gelände, die Haare waren geföhnt und der Boden noch betretbar. Und es wurde Zeit für den ersten Nicht-Metal-Act des Tages. Und leider auch die erste wirkliche Enttäuschung: Marky Ramone. Die Punks pilgerten vor die Party Stage, um sich die kleine Legende anzusehen und begrüßten den Mann auch ordentlich. Der sagte nett Hallo, setzte sich hinter sein Schlagzeug und zählte an. Was folgte war leider eine Farce, denn vorne standen drei Herren im typischen Ramones-Outfit und spielten einen Klassiker nach dem anderen. Doch es waren eben nur drei Herren. Und trotz Marky, der als einziger zwischen den Songs sprach, waren sie nicht mehr als eine Coverband. Keine Intruders, nur ein lahmer Abklatsch. Da konnten die Songs noch so großartig sein...
Also rüber zur Wet Stage, wo Sinners Bleed mit technischem, sehr gekonnten Death Metal sowie einem etwas zu sehr nach vorne gemixten Schlagzeug auffielen. Und gleich weiter zur Black Stage, auf der die dänischen Spaß-Deather von Illdisposed einen äußerst souveränen Gig hinlegten. Bo alberte rum ("Wir sind die dänißen ßwulen, weil sie uns dänische ßwule nennen"), schockierte einige Anwesende mit seinen Extrem-Growls ("Meint der das ernst? Das klingt ja wie ein Horrorfilm!") und auch an der Setlist gab es nichts zu meckern. Klar: das erste Highlight des Tages. Nebenan wurde es dann das erste Mal richtig voll. Es war grad mal trocken, es war Mittag und Sonata Artica, die schon beim W:O:A 2003 nur enttäuscht hatten, baten zum Power-Metal-Spaß mit Modern Talking-Keyboard. Klatschen und Moshen, wohin das Auge sah. Und Geschmäcker sind doch manchmal verwunderlich...
Während die Folk-Metaller von Ensiferum auf der Party-Stage anschließend Etliche zum Tanzen brachten, sorgten Bloodbath parallel dazu auf der Black Stage wieder für kräftigere Ohrmassagen. Der zum Entertainer geboren scheinende Mike Åkerfeldt motivierte eingangs die einheitlich "Blut"-beschmierte Gewandung der All Star-Truppe damit, sie hätten vergessen, ihre Waschmaschine anzuschmeißen. Mike ersetzte für diesen Gig - den ersten Liveauftritt des Projektes überhaupt! - wieder den Interims-Sänger Peter Tägtgren (Hypocrisy, Pain). Und das machte er phantastisch. Songs wie "Soul Evisceration" von der aktuellen Blutkonserve "Nightmares Made Flesh" machten deutlich, dass wir uns - in Mikes Worten - wirklich glücklich schätzen konnten, diesem einmaligem Erlebnis beizuwohnen. "Bastard Son Of God" gefiel mit zweistimmigen Gitarrenparts, die auf Dissection am folgenden Tag vorverwiesen. Ob schnell ("Bleeding Death", Titelstück der ersten EP), verschleppend ("Furnace Funeral"), schreddernd ("Outnumbering The Day") - sämtlich beste Ware! "Eaten" beschloss als Zugabe passend das opulente Live-Debüt von Mike (voc), Anders Nyström (guit; Katatonia, Bewitched), Dan Swanö (guit; Edge Of Sanity, Nightingale), Jonas Renkse (bss; Katatonia, October Tide) und dem besonders positiv vermerkbaren Axe Axenrot (drms; Witchery, Satanic Slaughter).
Wer anschließend nicht vor dem jetzt epidemisch werdenden Regen flüchtete, sah sich die die äußerst tight und merklich erfahrenen Metal Church an. Der Gig hatte Hand und Fuß und machte auch erklärten Nicht-Metallern Spaß. Die hatten aber noch mehr Freude an Doomfoxx, die für die eigentlich geplanten Hanoi Rocks auf der Party Stage für beste Unterhaltung und mit der Zeit nötige Entspannung sorgten - nachdem sie zuvor schon am Donnerstag auf der Wet Stage auch schon kein Auge trocken gelassen hatten. Die Australier boten eine wundervolle Mischung aus AC/DC, Rose Tattoo und Guns N Roses und posten sich durch ein äußerst gelungenes Set. Dazu witzige Ansagen, ein sympathisches Auftreten und schon war die positive Überraschung des Tages pefekt. Auch wenn das einige gestandene Metaller (und auch Mitschreiber...) etwas anders sahen. Aber die standen eh vor der Black Stage und schauten sich die zurückgekehrten Obituary an. Und was soll man zu denen noch sagen? Sie haben es noch immer drauf. Auch wenn sie anfangs etwas gelangweilt und tatsächlich distanziert wirkten. Musikalisch gab es nichts zu meckern und mit der Zeit wurde auch der Gig ein guter.
Weniger festivaltauglich war wie bereits mehrfach angedeutet das Wetter: Regen, Schlamm, Kälte gar. Und dann konnte man sich nicht mal mit Edguy aufwärmen, denn die steckten im Stau. Also herrschte Stille auf dem Gelände, die Instrumente ruhten und nur ein Hubschrauber kreiste wieder über der großen Bühne. In dem saßen aber diesmal Edguy, die tatsächlich eingeflogen wurden. Und sich beim wartenden Publikum mit einem energetischen Gig bedankten, in dessen Verlauf sogar Material von Tobias Sammets "Avantasia"-Oper geboten wurde. Nachdem anschließend sowohl Within Temptation (akzeptabel hier gerade noch das Kätchen Bush-Cover) als auch Eisregen eher langweilten (was die jeweiligen Fangruppen der beiden Bands erkennbar anders empfanden), wurde es Zeit für den Headliner: Machine Head! Und die waren - natürlich - wieder einmal klasse. Kaum eine Band schafft es mit solch einer Leichtigkeit, sowohl einen kleinen Club als auch ein großes Festival zu begeistern, wie der Oakland-Vierer. Ob mit Death-Metal-Prostern zur Double-Bass ("Prrrrrrrost"), aktuellen Stücken wie "Imperium", Klassikern wie "Old" oder einem Pantera / Metallica / Sepultura-Medley - die Massen waren begeistert und endlich durften auch die Kids mit ihren Limp Bizkit-Shirts mal geplegt ausflippen. Zum Ende hin wurden die eher hardrockorientierten Zuhörer dann gar noch mit einer Coverversionen von Maidens "The Trooper" inclusive eines "Stairway To Heaven"-Zitats ins stets mehr Wasser ziehende Boot geholt.
Suprise, Surprise: Der Überraschungs-Act am Freitag war weder (doch noch die im Vorfeld heiß gehandelten) Judas Priest noch AC/DC, sondern die wieder in Originalbesetzung trällernden Stratovarius - höchste Zeit also für eine kleine Erholungspause in den langsam in Zellteilung übergehenden Lümmeltüten! Doch schon für Apocalyptica galt es, sich schleunigst wieder vom Wasserbett zu erheben. Für Stücke wie "Master Of Puppets" oder "Enter Sandman" fraß das prall gefüllte Infield den Cello-Finnen aus der Hand, doch auch aktuelleres, selbst geschriebenes Material wie "Betrayer" wurde abgefeiert. Trotz der zwangsläufig etwas statischen Bühnenshow auch und gerade ein optisches Highlight.
Lange, lange nach Sandmännchenzeit immer noch langes Warten auf die Mittelalterraben von Corvus Corax, die mit vollem Orchester die Welturaufführung von "Cantus Buranus" zum Besten gaben - ihrer Neuvertonung der Carmina Burana also (vgl. Carl Orffs "klassische" Version, aber auch Doors-Keyboarder Ray Manzarek hatte sich bereits in den Achtzigern erfolgreich um eine Neuinterpretation bemüht). 120 Gastmusiker wie bei der CD-Einspielung waren es in Wacken zwar nicht, aber dennoch war die True Metal-Stage voll wie selten. Schalmeien, Pauken, Zinken, Dudelsäcken zuhauf also, dazu lustige Kostümierungen als Engel und Teufelchen - wer's mag...