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Konzert-Bericht
 
Euphorie auf Französisch

Malajube

Köln, Studio 672/ Berlin, Postbahnhof
11.09.2007/ 20.09.2007

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Malajube
Woher kommen eigentlich die vielen Vorurteile gegenüber der französischen Sprache? Vielleicht, weil man mit ihr leider immer noch die vielen Stunden, die man während der Schulzeit unter der Herrschaft sadistischer Französischlehrerinnen verbracht hat, in Verbindung bringt. Das beste Gegenmittel gegen solch unglückliche Assoziationen sind derzeit wohl die frankophonen Kanadier von Malajube, die sich – zum Glück – dazu entschieden haben, in ihrer Muttersprache zu singen, was den entscheidenden Vorteil hat, dass so auch die obskursten Texte immer noch sehr melodisch klingen können. Seit dem Frühling ist die Band bei uns unterwegs, und war im Laufe des Sommers schon bei diversen Festivalauftritten, Radiokonzerten und Clubshows zu bewundern. Für den September steht nun noch eine weitere Europatour an, die sie an diesem Abend nach Köln bringt.
Ob die andauernde Präsenz in den letzten Monaten den Bekanntheitsgrad der Band wesentlich erhöht hat, ist fraglich, aber immerhin ist das Studio 672 ist an diesem Abend trotz einiger Konkurrenzveranstaltungen zwar nicht wirklich voll, aber recht gut besucht. In dem eher winzigen Club mit einer niedrigen Bühne in der Ecke gibt es keine wirkliche Trennung zwischen Band und Publikum, aber so richtig sollen beide heute Abend nicht zueinander finden. Zumindest schlägt die Kommunikation fehl, ehe das Konzert überhaupt begonnen hat, auf die Frage nach vorhandenen Englischkenntnissen des Publikums kommt von diesem keine Reaktion, und da man sich scheinbar auf keine gemeinsame Sprache einigen kann, bleibt erst einmal nur Musik. Nach einer kurzen Einleitung beginnen Malajube ihren Auftritt mit "Étienne D'Août", ein Lied, das auf dem Album schon zum ruhigen Ausklang von eben diesem gehört. Als erstes Lied hingegen ist es zwar nicht weniger schön, sorgt aber nicht unbedingt dafür, dass Stimmung aufkommt. Auch "Pâte filo", das nächste Stück, kann dem Publikum scheinbar nicht mehr als ein Kopfnicken entlocken, was ganz bestimmt nicht an der Band liegt, die sich mit tollen Schrei- und Keyboardeinlagen schon einmal mächtig ins Zeug legt. Erst bei "Montréal -40°C" tauen die Besucher trotz der besungenen Kälte allmählich auf, kein Wunder, handelt es sich hierbei doch um das bekannteste Lied von Malajube, das es anderorts schon ins Werbefernsehen und hier immerhin bis in die H&M-Umkleidekabinen geschafft hat. Von der weiblichen H&M-Zielgruppe sind dann auch nicht wenige Mädchen vertreten, genauso finden sich im Publikum aber auch ältere, zumeist männliche Besucher wieder. Gegensätze findet man aber nicht nur bei den Konzertbesuchern, sondern auch zu Genüge in der Musik von Malajube. Unter dem Stichwort "Progressive Grindcore" ordnen sie sich beispielsweise selbst bei MySpace ein, was aber nur ein Teil der Wahrheit ist. Auf der anderen Seite gibt immerhin eine Menge hymnischer Refrains und sich im Kopf festsetzender Keyboardmelodien zu verbuchen. Live klingt diese Mischung meist lauter, als man es sich beim Hören der CD jemals vorstellen könnte, schade ist allerdings, wenn die Keyboards, die einen nicht unwesentlichen Teil zum Sound der Band beitragen, untergehen. Zumindest hat man heute Abend einige Male das Gefühl, dass Malajube besser klingen könnten als sie es gerade tun.

Der Hauptteil des Konzerts besteht überwiegend aus Liedern des zweiten Albums "Trompe L'Oeil", sowieso zwei bisher unveröffentlichten Stücken: Zum einen ein Instrumentalstück, das zu den eindeutigen Höhepunkten des Abends gehört, sowie "Le Pirate d'Hochelaga", mit dem das reguläre Set beendet wird. Erst bei den Zugaben bekommt man dann auch Lieder vom Debütalbum "Le Compte Complet" zu hören, "Le Métronome" und "Le Robot Sexy" zeigen die Band von einer etwas raueren und weniger ausgefeilten Seite, die allerdings nicht weniger charmant ist. Wäre es nach der Band gegangen, dann wäre damit das Konzert beendet gewesen. Das Publikum ist mittlerweile dann doch so begeistert, dass es mehr sehen will, was die Band im Folgenden vielleicht etwas zu wörtlich nimmt. Zumindest für Sänger Julien Mineau kommt es unerwartet, dass er noch einmal auf die Bühne muss (kein Wunder, schließlich verdeckte seine Mütze bis dahin nicht nur den Kopf, sondern auch große Teile des Gesichts, so dass er von der Publikumsreaktion nicht viel mitbekommen haben kann), und so kommt er eben schon halbwegs ausgezogen, nur mit Hose und besagter Mütze bekleidet zurück. Nach einigem Zögern ziehen die übrigen Bandmitglieder, die ihren Frontmann scheinbar nicht alleine lassen wollen, nach und entledigen sich ebenfalls ihrer Oberteile. So findet der Abend mit "La Valérie" dann unter verlegenen Blicken der Zuschauer in diesem plötzlich viel zu klein gewordenen Raum schließlich sein Ende.

Keine zehn Tage später in Berlin: Es ist der zweite Abend der Popkomm, die wie immer ein Überangebot an sehenswerten Konzerten mit sich bringt. Herausragend ist allerdings das Line-Up, das Cooperative Music und City Slang im Postbahnhof zusammengebracht haben. Neben Malajube sollen heute Abend unter anderem Menomena, Stars und Architecture In Helsinki auftreten. Auf Grund von zwei kurzfristigen Absagen von Los Campesinos! und dem Go!Team (wovon wir vor allem die erste sehr bedauern!) wird das Programm des Abends noch einmal umgestellt, und Malajube rücken vom Headliner der kleinen Bühne zum Eröffnungsact auf der großen Bühne auf. Der für diesen Abend engagierte DJ Major Taylor lässt es sich nicht nehmen, die Band persönlich anzusagen, und er ist zuversichtlich, dass die Malajube nicht nur seine Heimatstadt Chicago sondern auch Berlin rocken werden.

Bevor es aber soweit ist, geht es wie auch in Köln erst einmal ruhig los mit "Étienne D'Août", welches auf der weitläufigen Bühne aber gleich viel größer und druckvoller wirkt. Überhaupt gewinnt man den Eindruck, dass Malajube eher dazu geschaffen sind, auf größeren Bühnen zu stehen als in dunklen Kellerlöchern. Zumindest haben sie an diesem Abend nicht das geringste Problem damit, diese entsprechend auszufüllen. Das Publikum setzt sich nicht wie befürchtet aus gleichgültigen Popkommbesuchern zusammen, sondern ist tatsächlich an den auftretenden Bands interessiert und somit von Anfang an begeistert. Malajube stoßen auf viel Gegenliebe, bedanken sich jedes Mal höflich für den vielen Applaus, und machen eigentlich alles richtig, was man richtig machen kann. Natürlich gibt es auf Grund der vielen Bands, die heute Abend spielen sollen, eine gekürzte Setlist, die wichtigen Lieder wie "La Monogamie", bei dem tatsächlich einige Leute im Publikum mitsingen, bleiben aber. Trotz der knappen Zeit ist auch an diesem Abend Platz für die beiden unveröffentlichten Lieder, die auch schon in Köln gespielt wurden.

An diesem Abend geht zumindest dieser Abschnitt der langen Tour für Malajube zu Ende (Zeit zum Ausruhen wird es für die Band allerdings nicht geben, schließlich stehen bis Ende des Jahres noch Konzerte in Japan, Frankreich und der Heimat Kanada an), und eine gewisse Müdigkeit macht sich dann doch bemerkbar. Das Powermetalriff von "Casse-Cou" spielt Julien auf dem Boden liegend, und auch danach macht er keine Anstalten, sich wieder von diesem zu erheben. Nachdem einige Zeit verstrichen ist, erkundigt sich der Rest der Band dann doch nach dem Wohlbefinden ihres Frontmanns, der schließlich irgendwann wieder in das Blickfeld des Publikums kommt, erklärt, dass er fast in Ohnmacht gefallen wäre und somit nur noch ein Stück spielen kann. "Le Pirate d'Hochelaga" erweist sich dann wieder einmal als perfekter Schlusspunkt eines großartigen Konzerts.

"Überragend, wie immer", stellt ein Freund zum Abschluss fest, und dem können wir uns nur anschließen. Denn Malajube gehören definitiv zu den Bands, die man sich oft angucken kann, ohne dass es nur im Geringsten langweilig werden könnte, diesen Menschen auf der Bühne zuzusehen. Daher ist es wirklich schade, dass man sie in nächster Zeit hierzulande nicht mehr erleben wird. Vielen Dank, Malajube! Vielen Dank für die neuentdeckte Liebe zur französischen Sprache! Vielen Dank für eure euphorischen und glücklich machenden Lieder! Es war ein schöner Sommer mit euch.

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Surfempfehlung:
www.malajube.com
www.myspace.com/malajube
meinzuhausemeinblog.blogspot.com/search?q=malajube
Text: -Christina Ocklenburg-
Foto: -Christoph Menningen-


 
 

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