Schon früh am Abend zog es den Amerikaner Nigel Wright auf die Bühne, vor die sich quer über den Saal verstreut interessierte Hörer einfanden, um gemütlich auf dem Boden sitzend dessen zumeist lauschige Songs in sich aufzunehmen. Obwohl draußen noch die Sonne ihre Strahlen in die Runde schickte, lockten Wrights Songs das Publikum aus dem Biergarten hinein und boten dank ihrer meist zurückhaltenden Art einen sanften Auftakt für das Festival. Weniger scheu als seine Musik wirkte dagegen die Anzahl an Anekdoten des jungen Amerikaners, die er dem Publikum zwischen den Songs mit viel Humor vorsetzte. Gerade ein paar Tage vorher spielte er noch beim Haldern Festival eine Session inmitten einer Scheune, bei denen sogar die dort untergebrachten Pferde ihre Hälse reckten und sich so mit auf die Aufnahmen schummeln wollten. Gegen Ende des Sets in Berlin verneigte sich Nigel Wright dann noch bei einem Großen der Musikschichte, Leonard Cohen, und coverte dessen "Hallelujah" bevor seine amerikanischen Kollegen von Emanuel And The Fear als nächstes die Bühnenbretter für sich einnehmen sollten.
Auch bei ihnen konnte sich das Publikum nur vereinzelt dazu aufraffen, den Songs im Stehen zu lauschen, obwohl die Band sich redlich Mühe gab, die Zuschauer mit nahezu Orkan-artigen Song-Passagen und einer obendrein tosenden Lautstärke vom müden Sitzfleisch auf die Beine zu helfen. Besonders Sänger Emanuel Ayvas zappelte beständig an der Gitarre und schien wie unter Strom zu stehen. Zwar machte das Sextett aus New York optisch eher den Einduck, eine Folk-Band zu sein, die auf klassische Arrangements mit Violine und Cello im Vordergrund setzt, doch verpuffte diese Annahme schon nach wenigen Minuten gänzlich im Zusammenspiel der Musiker, das sich teilweise zu einem akustischen Frontralangriff hochschaukelte. Dieser belebte die Show zwar ungemein, verdrängte jedoch ebenso häufig das Cello und auch die Violine, so dass diese zum Teil klanglos im Rock'n'Roll-Schwall untergingen. Zu selten ließen sich die Bandmitglieder samt ihrer Instrumente den jeweils nötigen Raum, um sich selbst zu behaupten. Auf Kosten der Gruppen-Dynamik zogen dagegen alle lieber mit viel Kraft am selben Strang und bescherten den Zuschauern zugleich eine mitreißende Show.
Ganz auf sich allein gestellt war im Gegensatz dazu Denis Jones aus UK, der mit seinem Mix aus elektronischem Lo-Fi und Singer-Songwriter-Momenten ein spannendes und zugleich intimes Set ablieferte. Im Sekundentakt genossen alle sich vor ihm auftürmenden Knöpfe, Regler und Pedals seine vollste Aufmerksamkeit und ließen ihn ordentlich ins Schwitzen kommen. Ständig flitzte Jones emsig zwischen dem Bühnenboden und seinem aufgebauten Effekt-Board in Hüfthöhe hin und her, sauste zwischendurch mit seinen Ringelsocken von einem Pedal zum nächsten und jagte dabei ohne große Mühe noch ein paar Akkorde auf seiner Akustikgitarre hin und her, während er sich auch noch stimmlich an seinen zwei Mikrofonen austobte. Herrlich chaotisch und doch melodiös und stimmig zeichnete Jones ein elektronisches Bild aus Sound-Fetzen, Akkorden und Samples, die beim Publikum auf viel Zustimmung stießen. Anstatt sich selbst vorzustellen, galt sein alleiniger Dank seinem aus Manchester stammenden Equipment. So viel Sympathie, so viel Understatement - dem Applaus nach hätte Denis Jones noch ein paar Songs länger weiterspielen können!
Erland And The Carnival konnten mit ihrem energiegeladenen Indie-Rock trotz der mittlerweile aufgeweckten Zuschauer nicht so recht zünden und lieferten eine solide, aber dennoch wenig spektakuläre Show ab. Einerseits wirkten die Songs wie mechanisch abgespult, andererseits zeichnete sich nach wenigen Stücken ein zu gleichförmiges, musikalisches Muster ab, das stets darauf zu basieren schien, mit möglichst viel Druck und Tempo nach vorne zu preschen, um dann für ein paar Sekunden im künstlich erzeugten und dramatisch aufgewühlten Moment zu verweilen, bevor dieses Element von Neuem seine Kreise zog. Indie-Western mit Folklore-Einflüssen aus UK? Ob die Band sich mit ihren langgezogenen Gesichtern und der dargebotenen Eintönigkeit selbst der Langeweile hingab oder gar nicht erst versuchte diese zu vertreiben, Erland And The Carnival taten in jedem Fall wenig, um sich selbst aus diesem Trott zu befreien und überzeugten damit auch nur vereinzelte Personen im Raum.
Viel lieber hätte man da den Headliner und Sympathie-Träger des Abends, Dan Mangan, zugehört, der selbst mit Blick auf die Uhr feststellen musste, dass es mittlerweile reichlich spät geworden war und sich dafür bei seinen Fans entschuldigte. Wie lange er noch Zeit hatte zu spielen, das war ihm nicht bewusst, dafür legte er aber auch ohne viel Zeit zu verlieren los und spielte sich durch eine Palette an älteren Stücken, aber auch neuerem Material seines letzten Albums "Oh Fortune" aus dem Jahre 2011. Dabei vermochte es Mangan mit vergleichsweise wenigen Mitteln ein hohes Maß an Intensität zu erzeugen und wickelte das Publikum mit seinen persönlichen Songs und dank seiner eindringlichen Stimme in kürzester Zeit um den Finger. Selbstverständlich ließen es sich die Fans nicht nehmen, ihm bei einem seiner bekanntesten Stücke "Robots" tatkräftig als Chor zu unterstützen und das Lied zeitweise sogar ohne Mithilfe Mangans zu singen.