NACHGEHAKT BEI: VERA SOLA
GL.de: Wie bist du eigentlich zur Musik gekommen? In deiner Bio steht ja, dass du schon viele Sachen ausprobiert hast.
Vera Sola: Also Musik habe ich eigentlich immer schon gemacht - aber mehr so für mich. Professionell habe ich erst damit angefangen, als ich als Musikerin in der Band von Elvis Perkins spielte. Damals hatte ich aber noch keine Ambitionen, meine Songs selbst zu singen. Ich habe auch Literatur studiert und zeitweise mit dem Gedanken gespielt, Ärztin zu werden, weil ich mich auch für die Wissenschaften interessiere. Und ich habe immer schon Gedichte geschrieben, weil mir die Sprache sehr wichtig ist. So kam dann eins zum Anderen, als ich mich endlich mal dazu durchgerungen hatte, ins Studio zu gehen, und eigene Sachen aufzunehmen.
GL.de: Was hat es denn mit der EP "Last Caress" auf sich?
Vera Sola: Oh - das ist eine EP mit Coverversionen von Songs, die Glenn Danzig für die Misfits geschrieben hat. Ich habe irgendwann ein Mal den Song "Last Caress" live gespielt und da sind die Leute ausgeflippt und haben gemeint, ich solle das dann mal aufnehmen. Das war aber erst nachdem ich die Songs für meine Debüt-LP "Shades" eingespielt habe. Ich bin dann einfach ins Studio gegangen und habe die Songs auf meine Weise gespielt - wie ich das immer mache; denn ich bin der Meinung, dass man Cover-Versionen nicht unbedingt gleich als solche wiedererkennen sollte.
GL.de: Worüber singst du eigentlich in deinen Songs? Nicht, dass man dich nicht verstehen könnte - es lässt sich aber nicht immer mit Sicherheit sagen, worüber du singst. Geht es zum Beispiel in dem Song "Black Rhino Experience" tatsächlich um ein Nashorn?
Vera Sola: In dem Fall ja. Ich möchte eigentlich aber gar nicht so genau sagen, worum es in meinen Songs genau geht, damit jeder die Möglichkeit hat, sich etwas vorzustellen.
GL.de: Einige Songs werden dann aber doch recht konkret, oder? Wie sieht es zum Beispiel mit dem Stück "For" aus - das ist doch bestimmt als politisches Statement gedacht, oder?
Vera Sola: Ja, diesen Song habe ich gleich nach den Wahlen in den USA geschrieben. Ich war am Boden zerstört und wusste nicht, was ich machen sollte. Dieser Song wendet sich an all jene, die nicht zur Wahl gegangen sind, die ihre Meinung nicht kundgetan haben und so überhaupt erst das Ergebnis ermöglicht haben.
GL.de: Das heißt aber doch, dass in deinen Songs durchaus Botschaften stecken?
Vera Sola: Das kann so sein. Eigentlich betrachte ich mich als Geschichtenerzählerin. Wenn eine Botschaft in einem Song steckt, dann ist das ein Bonus. Mir ist es aber schon wichtig, dass bei einigen Songs deutlich wird, mit welcher Absicht ich diese geschrieben habe. In "The Colony" geht es zum Beispiel um den amerikanischen Imperialismus und die Kolonisierungen der USA - einfach, weil ich als weiße, amerikanische Frau da teilweise auch eine Muítschuld trage. In "The Cage" singe ich über Eva und die Vertreibung aus dem Paradies. Eva unterhält sich da mit Gott und der erklärt ihr, dass sie nur ein Derivat seiner selbst ist. Das hängt damit zusammen, dass ich mich durchaus für Spiritualität und Religion und die Kirche und die Auswirkungen davon auf die Menschen interessiere - auch wenn ich selbst nicht religiös bin. Es gibt aber natürlich auch persönliche Songs auf der Scheibe.
GL.de: Was zeichnet eigentlich einen guten Song aus?
Vera Sola: Das ist eine gute Frage, denn ich glaube nicht, dass ich schon meinem Anspruch an einen guten Song genügen kann. Mir ist die Sprache natürlich sehr wichtig. Ich habe mich eben noch mit meinen Musikern darüber unterhalten. Manchmal basiert die Sache auf einem Gedicht, manchmal auf etwas, das ich beobachte - aber weil ich Literatur studiert habe, versuche ich das immer irgendwie auch poetisch auszudrücken. Dann ist mir die Atmosphäre noch wichtig - wobei es nicht unbedingt zwingend eine düstere Atmosphäre sein muss, auch wenn das oft passiert. Und dann sollte ein guter Song noch eine gewisse Spannung haben.
GL.de: Ebenso wie die Texte ist auch die Musik sehr eigenwillig. Hast du das eigentlich beabsichtigt?
Vera Sola: Eigentlich nicht. Ich hatte natürlich einen Tontechniker, denn ich bin sehr schlecht in technischen Dingen. Alles, was ich anfasse, geht kaputt - pass’ also auf mit deinem Mikrofon da. Im Studio bin ich dann also sehr intuitiv vorgegangen. Ich habe aber viel Wert darauf gelegt, wie die verschiedenen Elemente im Raum platziert sind. Als ich angefangen habe, Musik zu machen, habe ich als erstes Piano gespielt, weil sich das für mich als geeignet anbot. Mit der Gitarre habe ich hingegen bis heute zu kämpfen, obwohl ich sie jetzt oft spiele. Meine Hände sind ziemlich klein und nicht so für die Gitarre geeignet. Die macht manchmal einfach nicht, was ich will...
GL.de: Das ergibt dann aber doch auch interessante Spannungen, oder?
Vera Sola: Ja, in der Tat. So richtig rund wurde die Sache aber erst, als ich angefangen habe, Bass zu spielen. Tatsächlich sind viele der Stücke um die Basslinien herum verankert. Und dann habe ich alles Mögliche als Perkussions-Instrumente verwendet - Spielzeug, Gläser, Töpfe, Knochen, ein Kickboard...
GL.de: Wie es die alten Blueser auch gemacht haben?
Vera Sola: Ganz genau. Es ist aber auch so, dass ich Tom Waits viel zu verdanken habe. Nicht, weil ich ihn nachmachen möchte, aber ich denke, dass "Rain Dogs" mich in dieser Beziehung stark beeinflusst hat.
GL.de: Letzte Frage: Was haben eigentlich deine Videos mit deiner Musik zu tun? Gibt es viele Geister in deinen Videos?
Vera Sola: Nicht nur in meinen Videos, sondern auch auf der Scheibe. Auf allen Songs sind Geister vertreten. Aber nicht nur Gespenster, sondern Geister in jedem Sinne. Und was die Videos betrifft, so betrachte ich die als Teil des Ganzen. Ich habe die Songs immer auch im Zusammenhang mit bestimmten Bildern gesehen. Und diesen wollte ich in den Videos zum Ausdruck bringen. Auch wenn es mir nicht möglich war, alle Ideen umzusetzen - denn ich habe die Videos praktisch ohne Budget und für so gut wie nichts gemacht - wollte ich doch, dass da eine visuelle Note ins Spiel kommt.