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Konzert-Bericht
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The next generation
The Folk Implosion
Mia Doi Todd/ Alaska!
Köln, Gebäude 9 04.05.2003
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Da glaubt man schon alles gesehen zu haben, was auch nur im Entferntesten mit Indierock zu tun hat, und dann passiert so etwas. Zwei Herren aus Kalifornien, bestens bekannt aus einer später am Abend noch zu bewundernden Kapelle, kommen auf die Bühne und liefern eine Dreiviertelstunde lang hochgradig emotionalen, in zeitlose Melodien verliebten Indierock ab, so dass selbst Elliott Smith die Ohren anlegen würde. Und der kann bekanntlich alles. Alaska! heißt die Band, die zwar auch nicht das Rad neu erfindet, aber das, was sie macht, in geradezu beängstigender Perfektion tut. Zunächst eröffneten Russell Pollard (Gitarrist und Bassist bei Alaska, Drummer bei der Folk Implosion und zuvor auch bei Sebadoh) und Imaad Wasif (nicht nur bei Alaska, sondern auch bei der Folk Implosion für die sechs Saiten zuständig) ihr Programm mit einigen schön folkig-angehauchten Akustiksongs. "Aber", wie sie nach einigen Songs scherzhaft bemerkten, "gerade dann, wenn man glaubt zu wissen, was kommt, wird alles völlig anders". Also griffen sie zu den Stromgitarren, baten kurzerhand ihre - übrigens ganz ausgezeichnete - Schlagzeugerin Lesley Ishino (früher The Red Aunts, bei denen sie ihren Stagename Ishino Destroyer nicht zu umsonst trug) auf die Bühne und rockten dann in höchster Vollendung.
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Danach kam Mia Doi Todd auf die Bühne, die - leider streckenweise etwas zu schüchtern - unglaublich minimalistischen Folk zelebrierte - dahingehauchte Songs, zaghaft an der Gitarre begleitet, die vom Publikum volle Konzentration und äußerste Ruhe forderten, die sie, anders zuvor in "chatty" Amsterdam, in Köln auch bekamen. Die einen erinnerte Mias Auftritt an Jane Siberry und Cat Power, wieder andere wollten Parallelen zu Joni Mitchell und sogar Tracy Chapman gehört haben. Alles sicher nicht falsch, allerdings muss man unterstreichen, dass Mia auch ihre ganz eigene Note einbrachte - und zur Freude des Publikums kurz vor Ende einen "Song über Verlust" ankündigte und dann eine zum Heulen schöne Version von Sebadohs "Brand New Love" ins Mikro hauchte. Danach wurden ihr vom Publikum zwei Zugaben abverlangt, und es dürfte sicher sein, dass wir von dieser jungen Dame noch einiges hören werden.
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Dann war es endlich Zeit für die aktuelle Inkarnation von The Folk Implosion, die genau das machte, was Lou Barlow im Interview mit Gaesteliste.de versprochen hatte. Nämlich, in einer von ihm bisher sonst kaum gekannten Perfektion das neue Album zu spielen, plus einige Sahnestückchen der früheren Alben als freundliche Dreingabe. Und obwohl Lou offensichtlich gut gelaunt war und gleich zu Beginn nach "Insinuation" das Publikum daran erinnerte, dass eine der ganz, ganz seltenen elektrischen Folk-Implosion-Shows mit seinem langjährigen musikalischen Partner John Davis ebenfalls in Köln stattgefunden hatte (am 11. April 1997 im Underground, falls es jemand genau wissen möchte), wurde man streckenweise das Gefühl nicht los, dass ein bisschen mehr von dem wilden Chaos, das oft bei Sebadoh- und früheren Folk-Implosion-Auftritten herrschte, nicht unbedingt geschadet hätte. Zu sehr schien sich Lou manchmal darauf zu beschränken, einfach Lou Barlow zu sein. Zugegeben, niemand beherrscht diese "Rolle" so gut wie er, und sein Ruf als Innovator soll damit auch gar nicht angekratzt werden, aber sonderlich überraschend war weder die erste Hälfte des Auftritts noch das charmant mit "hört auf zu klatschen, wir sind hier ja nicht bei einem Rockkonzert, wir sind was Besseres...." angekündigte Solo-Akustik-Set als Zugabe. Und das er am Ende von "Mechanical Man" noch kurz "Natural One" zitierte, ohne den Song allerdings zu spielen, dürfte auch nur einigen Hardcore-Fans aufgefallen sein. Tags darauf in Hamburg wirkte der Auftritt der drei zwar noch zerfahrener, aber immerhin spielte Lou in der Hansestadt sogar "Soul & Fire"!
Aber auch wenn das Kölner Konzert - anders als der Auftritt von Alaska! - vielleicht keine Offenbarung war, bedeutet das allerdings nicht, dass das, was uns die drei - ob ihres hektischen Tourplans offensichtlich etwas müden - Protagonisten (manchmal ergänzt durch Mia an den Effekten) boten, nicht auf einem sehr, sehr hohen Level war. Gemessen an Lous Vergangenheit und seinen eigenen Ansprüchen war die Show in Köln anders als die dynamische Vorstellung wenige Tage zuvor in Amsterdam allerdings ein vergleichsweise zahmer Auftritt.
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Surfempfehlung:
www.folkimplosion.com
www.loobiecore.com www.miadoitodd.com www.pureyukon.com www.b-girlrecords.com/alaska.htm
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Text: -Carsten Wohlfeld (mit Dank an Karsten Sten Bert Siebert)- Foto: -Carsten Wohlfeld-
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