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Konzert-Bericht
 
The soundtrack of our lives

Phillip Boa And The Voodooclub

Wuppertal, Live Club Barmen
10.03.2006
Phillip Boa
Wenn man anno 2006 auf ein Boa-Konzert geht, stellt man schnell fest, wie alt man geworden ist. Zumindest, wenn man sich noch daran erinnern kann, wie "I Dedicate My Soul To You" zur Erstveröffentlichung im Radio gelaufen ist (vor genau zwei Jahrzehnten), oder noch die Ladendekoration für "Copperfield" beim Plattendealer um die Ecke vor Augen hat - als das Album 1987 erschien. (Wer sich noch an das Debüt "Philister" erinnert, darf sich sogar noch ein wenig älter fühlen.)
Am "schlimmsten" ist jedoch, dass man sich im Publikum umschaut und feststellen muss, schon (fast) selbst einer der Berufsjugendlichen zu sein, die an diesem Abend den LCB in Wuppertal füllen: Nicht mehr ganz so frisch wie damals, aber im Zweifel trotzdem noch mit Boa-T-Shirt. Nur an einem ist die Zeit spurlos vorbeigegangen: Der Dortmunder Jung, der sich auf der Bühne an diesem Abend einmal mehr so richtig austobt, hat nicht nur fast den gleichen Haarschnitt wie vor 20 Jahren, er sieht selbst aus der vierten oder fünften Reihe kaum älter aus als 25. Dabei feierte Phillip Boa im Januar seinen 43. Geburtstag. Stramme Leistung! Das Gleiche gilt auch für die Show in Wuppertal: "Skull" gleich vorneweg, und kaum hat man "Wow!" gesagt, gibt's schon "Annie Flies The Love Bomber" und das ausgezeichnete Titelstück seines aktuellen Albums "Decadence & Isolation". Die ganze Halle inklusive Schreiberling schon auf Wolke 7, und wir sind gerade einmal beim dritten Song. Das soll Boa erst einmal jemand nachmachen!

Auch der Rest des 105-Minuten-Auftritts ist eine gekonnt zusammengestrickte Zeitreise durch zwei Dekaden "Indiecult", plus einigen Highlights aus dem Hier und Jetzt. Dass Boa gleich mehrere Stücke des neuen Albums als "unbekannt" oder "seltsam" ankündigt, ist entweder falsche Scham oder dem Alkohol geschuldet (der recht wortkarge Meister entschuldigt sich gegen Ende des Konzertes dafür, dass er etwas zu viel getrunken habe). Aber was soll's, beim Schlagabtausch mit dem Publikum bleiben die Menschen vor der Bühne trotz eines etwas angeheiterten Boas regelmäßig zweite Sieger, und auch wenn der sich bisweilen gar nicht so richtig feiern lassen will (für die Sprechchöre im Fußballstadion-Format scheint er nur bedingt Verständnis zu haben), gibt er dem Publikum doch eigentlich allen Anlass dazu. Denn von den einschlägigen Hits fehlt, vielleicht mit Ausnahme von "Diana" und "Punch & Judy Club" (kein Stück vom 2003er Werk "C-90", das ist ein wenig seltsam), eigentlich nichts: "Albert Is A Headbanger", "Fine Art In Silver", "Love On Sale", "This Is Michael" oder "Atlantic Claire" gibt's alle bereits im Mainset, das unausweichliche "Containerlove" im ersten Zugabenblock und das großartige "And Then She Kissed Her", von Pia Lunda ohne Boas Beteiligung gesungen, im zweiten Zugabenteil.

Pia Lunda
Überhaupt überlässt Boa seiner Ex-Frau artig für eine Hand voll Stücke das Mikro, während er sich am Bühnenrand eine Auszeit gönnt, bei "Der Himmel" (Lundas aktueller Solo-Single) ebenso wie bei der einzigen Coverversion des Abends, "Femme Fatale" von The Velvet Underground. Das zweite auf der Setlist zumindest in Klammern verewigte Cover "Love Will Tear Us Apart" wird uns leider vorenthalten. Dafür gibt's mit "Kill Your Ideals" einen würdigen Rausschmeißer, der uns zu der Erkenntnis bringt, dass Boa in seiner Karriere zwar viele Höhen und Tiefen hatte, aber für viele Thirty-Somethings nicht nur aus dem Ruhrpott trotzdem so etwas wie den "soundtrack of our lives" geschrieben hat. Danke, Phillip!
Surfempfehlung:
www.phillipboa.de
www.myspace.com/phillipboaandthevoodooclub
Text: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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