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Konzert-Bericht
 
Popmusik! Gassenhauer! Helden!

Delbo
Barra Head

Dresden, AZ Conni/ Münster, Cuba Nova
18.11.2006/ 23.11.2006
Delbo
Ein Samstag Abend in Dresden, am Rande der Neustadt: Während sich im nahe gelegenen Ausgehviertel viele junge Menschen auf den Weg in eine lange Nacht machen, ist das etwas abseits gelegene AZ Conni nur spärlich beleuchtet, fast so, als wolle es sich verstecken. Genau hier findet heute Abend das erste Konzert der gemeinsamen Tour von Barra Head und Delbo statt, die beide Bands in den kommenden Tagen in neun Städte führen wird. Es geht hinein durch eine unscheinbare Tür, hinauf in den ersten Stock. Im dort zu zahlenden Eintrittspreis von fünf Euro sind netterweise – mit dem Hinweis, dass es heute laut werden könne - schon Ohropax in einer Farbe nach Wahl enthalten.
Als Barra Head um kurz vor elf die Bühne betreten, ist der kleine Konzertraum bereits gut gefüllt. Die Dänen spielen zum zweiten Mal in Dresden, und haben scheinbar schon bei ihrem ersten Auftritt einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Das Publikum behandelt das dänische Trio in keinem Moment wie eine Vorband. Stattdessen wird von Anfang an getanzt und gefeiert. Die Band revanchiert sich ihrerseits mit kleinen Aufmerksamkeiten. So erinnert man sich beispielsweise daran, welches Lied zum Bedauern einer Besucherin des ersten Konzerts in der Stadt damals nicht gespielt wurde. Obwohl sie es live nur ungern zum Besten geben, machen sie genau das eben jetzt, obwohl ihnen nicht klar ist, ob die betroffene Person überhaupt anwesend ist. Überschattet wird der Auftritt von Barra Head lediglich von einigen technischen Problemen. Die beiden gemeinsam tourenden Bands haben sich zwar erst an diesem Tag persönlich kennen gelernt, helfen sich aber schon gegenseitig aus, und Delbo werden von ihrem Support bereits heute – natürlich vollkommen zu Recht – zu Helden erklärt.

Aber auch der Auftritt von Delbo beginnt alles andere als heldenhaft. Die Probleme mit der Anlage setzen sich fort und führen dazu, dass große Teile des ersten Liedes "Hilton" bei dem Publikum nur als Instrumentalstück ankommt. Dieses wirkt am Anfang dann auch leicht irritiert, und als endlich doch Gesang zu hören ist, macht sich Erleichterung breit. Der uneingeschränkten Begeisterung der Menschen steht nichts mehr im Weg. Insgesamt ist das Konzert eine sehr widersprüchliche Angelegenheit: Das, was aus den Boxen kommt, klingt, natürlich ohne dass die Band dafür etwas kann, zeitweise fast unerträglich. Auch die Setlist zeitweise ist nicht wirklich stimmig und ist an einigen Stellen verbesserungswürdig. Zwar stimmt die Auswahl der Lieder, ihre Reihenfolge ist aber manchmal beirrend. Im Gegensatz dazu steht allerdings die Reaktion der Besucher, denen das alles nicht das Geringste ausmacht. Nicht nur vor der Bühne wird ausgelassen getanzt. Wichtige Textzeilen werden lauthals mitgesungen, ja sogar an den richtigen Stellen die Fäuste in die Luft geworfen! Die Band tituliert im Gegenzug ihre von einigen Zuschauern gewünschten alten Lieder als Gassenhauer. Sicherlich ist es nicht das technisch perfekteste Delbo-Konzert, aber dafür eines der unterhaltsameren. Der Abend ist der beste Beweis dafür, dass zu einem gelungenen Konzert eben doch zwei gehören, Publikum und Band, und ist ein Ausblick darauf, wie wunderbar doch alles sein kann, wenn die richtige Band auf genau die richtigen Leute trifft.

Münster, einige Abende später. Das Cuba Nova sieht von außen aus wie ein gewöhnlicher Gastronomiebetrieb, lediglich ein Poster am Eingang weist darauf hin, dass hier heute Abend ein Konzert stattfinden soll. Drinnen haben sich einige junge Leute versammelt. Gegen halb zehn werden sie vom aufgeregten Veranstalter in ein Hinterzimmer des Restaurants gerufen: "Es geht los! Barra Head spielen!" Der Aufforderung kommen zögernd dann auch die meisten nach. Es wartet ein kleiner, aber recht unpersönlich wirkender Raum, in dem es sich einige trotz unmittelbar bevorstehendem Konzertbeginn erst einmal auf dem Boden bequem machen wollen. Sowohl Delbo als auch Barra Head spielen an diesem Abend das erste Mal in der Stadt, und letztere begegnen der Zurückhaltung der Menschen hier ziemlich direkt: "Do you people in Munster always sit down during concerts?", lautet die Frage gleich zu Beginn, und tatsächlich stehen die Leute auf. Zumal die Musik von Barra Head schließlich auch alles andere als gemächliche Zuhörmusik ist. Fünf Tage sind seit dem Konzert in Dresden ins Land gestrichen, und offensichtlich ist in dieser Zeit einiges kaputt gegangen. Heute brechen Barra Head nach eigenen Angaben einen bandeigenen Rekord, und zerstören somit eine Brille, eine Basssaite, drei Drumsticks und eine Snaredrum. Überhaupt scheint es das Schlagzeug zu sein, das an diesem Abend Probleme macht. "Good luck with playing the drum kit" wünschen sie den in der ersten Reihe im Publikum stehenden Menschen von Delbo. Gegen Ende ihres eher krachigen Sets überraschen Barra Head dann auf einmal mit der Erkenntnis, dass man, wenn man einmal das Alter von 28 Jahren überschritten hat, genug von der lauten Musik hat und einen guten Popsong durchaus zu würdigen weiß. Als Konsequenz daraus spielen sie ein neueres Lied, ihren so genannten "poppy" Song, der zwar etwas melodiöser ist als seine Vorgänger, aber natürlich auch keine 180-Grad-Wendung in ihrem musikalischen Schaffen darstellt. Leider können Barra Head aber an diesem Abend mit ihrem Auftritt, der trotz einiger Probleme durchaus sehenswert ist, den Konzertbesuchern nicht mehr als ein Kopfnicken abringen.

Dass die soeben aufgestellte Popmusiktheorie nicht uneingeschränkt gültig ist, beweisen dann aber die als zweites auftretenden Delbo. Zumindest wenden sie sich auf ihren Alben immer mehr von eben dieser ab. Zu Beginn ihres Auftritts gibt es allerdings erst einmal "Werkzeugin" zu hören, heute das einzige Überbleibsel aus alter Zeit, gefolgt von den beiden ersten Liedern ihres dieses Jahr erschienenen Albums "Havarien". Auch Delbo fürchten sich offenbar vor der Zerstörungswut, die diese Tour unbeabsichtigt nach sich zieht. So äußern sie die Vermutung, dass an diesem Abend nicht nur diverse Instrumente kaputt gehen werden, sondern "vielleicht sogar Körperteile dran glauben müssen". Ganz so blutrünstig geht es dann aber glücklicherweise doch nicht weiter. Der Rest des Sets besteht aus einer gut abgestimmten Mischung von Liedern der letzten beiden Alben. Gegen Ende gibt es eine weitere Veränderung im Vergleich zum Konzert in Dresden: "Partie" wird unterstützt durch den Schlagzeuger von Barra Head, der zwar leider nicht die auf dem Album so wunderbar gelungenen Handclaps übernimmt, dafür aber mit seinem Einsatz an einer weiteren Trommel dafür sorgt, dass das Lied in seiner Liveumsetzung einiges an Antrieb dazu gewinnt. Als Zugabe gibt es schließlich, auf einen Zuschauerwunsch hin, zum Glück auch noch "Rakete" zu hören, ohne das sicherlich etwas fehlen würde. Am Ende bleibt aber der Eindruck, dass die Band erleichtert ist, den Abend ohne größere Unfälle oder sonstige Unglücke hinter sich gebracht zu haben. Trotzdem ist heute, genau wie fünf Tage zuvor in Dresden, wieder einmal deutlich geworden, dass ein Konzert von Delbo auch unter widrigen Umständen und mit einigen Schwierigkeiten mitreißender sein kann als so vieles andere, was man tagtäglich auf Konzertbühnen zu sehen bekommt.
Surfempfehlung:
www.delbomat.de
www.myspace.com/delbo
www.playrec.dk/barrahead
www.myspace.com/barrahead
Text: -Christina Ocklenburg-
Foto: -Pressefreigabe-


 
 

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