Anajo machten danach nicht mehr und nicht weniger als das, was sie am besten können: Anajo sein. Ein bisschen professioneller (aber deswegen nur bedingt charmanter) als früher, mit feinen Songs wie "Hallo, wer kennt hier eigentlich wen?" gleich zu Beginn, unkaputtbaren Klassikern à la "Hol mich hier raus" oder "Monika Tanzband" in der Mitte bis hin zum Single-Hit "Wenn du nur wüsstest" gegen Ende des Sets. Letzteres aufgewertet übrigens durch den Gaststar Klaus Cornfield, der - nach eigener Aussage etwas betrunken, aber gerade deshalb bestens gelaunt – dem an diesem Abend die Aufgabe zukam, Suzie Kerstgens Gesangspart vom Album zu übernehmen. Den las Cornfield gekonnt ab, legte danach eine Tanzeinlage hin, die Frau Kerstgens nicht besser hätte machen können, und tat dann noch etwas, was die Klee-Sängerin keinesfalls gemacht hätte: Er hechtete von der Bassbox!
Damit stahl er Anajo ohne Frage ein wenig die Show. Aber als ob es die drei gemerkt hätten, dass sie bis dahin lediglich ein sehr souveränes, aber leider nur selten überraschendes Konzert abgeliefert hatten, gab es, nach der inzwischen auch schon traditionelles Soloeinlage von Sänger Oliver Gottwald ("Amsterdam-Mann") als erste Zugabe, doch noch eine echte Überraschung: Da spielte das Trio - soundtechnisch übrigens ungemein perfekt! - "Jungs weinen nicht"! Ein Song, der dem Gaesteliste.de-Korrespondenten dennoch fast die Tränen in die Augen trieb. Und zwar nicht, weil wir mit einer eingedeutschten The Cure-Coverversion an diesem Abend nun wirklich nicht gerechnet hatten, sondern weil keiner der jugendlichen Besucher, die die ersten Reihen bevölkerten - das schienen zumindest die ausdruckslosen Blicke vieler zu sagen - einen blassen Schimmer hatte, was für ein Song da gerade lief... Kinderüberraschung nennt man das in Fachkreisen.
Dennoch: Selbst nach "Vorhang auf" hatte das Essener Publikum, das mehrheitlich gar nicht aus Essen kam, wie die Band per Handzeichen hatte feststellen lassen, noch nicht genug und eine weitere Zugabe ("Zähme den wilden Tiger in mir") musste her. Will meinen: Es war sicherlich nicht das beste Konzert von Anajo, das wir gesehen haben, aber das Publikum war glücklich - und was zählt letzten Endes, wenn nicht das?