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Konzert-Bericht
 
Hexenjagd in Nolita

Keren Ann

Bonn, Harmonie
15.09.2007

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Keren Ann
Bei ihrem letzten Besuch in der Bonner Harmonie hatte Keren Ann gerade am Abend vorher in Berlin zwei Musiker "gekidnapped", die sie dann im Folgenden auf ihrer Tour begleiten. Dieses Mal hatte sich die in dieser Beziehung unberechenbare Songwriterin zwei eigene Leute mitgebracht. Dennoch kam wieder alles ganz anders als man der Gemengelage der aktuellen, unbetitelten CD nach hätte erwarten dürfen. Das hängt einfach damit zusammen, dass Keren Ann eine Live-Musikerin mit Haut und Haaren ist. "Ich habe kein Interesse daran, die Stücke so zu spielen, wie sie auf einer CD zu hören sind", erklärte sie uns einmal, "Live oder im Studio zu spielen sind zwei ganz unterschiedliche Dinge." Das bedeutet nicht immer, dass die Songs aus dem jeweiligen Kontext gerissen werden, sondern das sie - der Stimmung des Momentes angepasst - immer wieder neu interpretiert werden.
Bei einigen Stücken wie dem Opener "Nolita" - der Hommage an ihre momentane Heimat im New Yorker Viertel "North Of Little Italy" - oder "Chelsea Burns" sind es eher Nuancen, die Keren variiert, bei anderen Nummern, wie z.B. "Sailor And Widow", "Not Going Anywhere" und besonders "It Ain't A Crime" lässt Keren auch gerne mal die Sau raus. Und zwar, indem sie sich einen Bass umhängt, der ein wenig größer ist als sie selber und ihrem Gitarristen Thomas freie Hand lässt. So gab es gar einige nette Bluesrock- und Led Zeppelin-Momente im ansonsten eher zurückhaltenden und balladesken Gesamtbild zu entdecken. Und - man mochte es kaum glauben - "Burn The Witch", eine Coverversion der Queens Of The Stone Age. Sehr viel weiter kann man sich als Interpret einer bestimmten Gattung von Musik eigentlich kaum noch aus dem Fenster lehnen. Überhaupt behandelt Keren Ann auch anderer Komponisten Liedgut auf ähnliche Weise wie das ihre. So gab es ebenso eine abenteuerlich zerlegte Version von Joni Mitchells "Big Yellow Taxi" zu bewundern, wie auch ein offensichtlich spontan angestimmtes "My Sharona" das zunächst nur am Text wiederzuerkennen war und zu dem die Band dann eine Art lockeren Shuffle beisteuerte.

Apropos Band: Wie auch bei Kerens Solo-Stücken galt hier das Prinzip "Weniger ist mehr". So konnte es sein, dass Drummer Matthias zuweilen gar nichts zu tun hatte und der dritte Mann auch nicht immer den Bass spielte, wie zu vermuten gewesen wäre, sondern sich mit Keren Ann, die ganz nebenbei auch eine sehr passable Gitarristin ist, komplexe Gitarrenduelle lieferte. Dennoch entstand dabei nie der Eindruck, dass hier etwas fehlte - denn dazu kontrolliert Keren Ann das Material zu subtil und überlegt (egal wie sehr sie es auch verbiegen mag). Da hat jeder Ton seine Berechtigung und auch seine Wirkung. Ganz besonders, was den Gesang betrifft, der - aufgrund der Phrasierungen und Zwischentöne - doch immer wieder an den einer Jazz-Sängerin erinnert (was sie nicht so gerne hört, da sie sich stilistisch nicht festlegen möchte und betont, eben keine Jazzerin zu sein). Das beschränkt dann an anderer Stelle die Spontaneität. Keren Anns Ansagen wiederholten nicht nur die Gags von der letzten Tournee, sondern wirkten obendrein auch nicht besonders gelenk. Das aber stellte sich auch bei den Interviews zur letzten CD heraus: Keren Ann redet nicht gerne, sondern lässt dann doch lieber ihre Musik sprechen. Und die spricht halt tatsächlich für sich - und mindestens so spontan, wie man das von einer Konversation erwartet.

Ein Wunsch aus dem Publikum - "Duchesse" (eine von lediglich drei auf französisch vorgetragenen Nummern) - wurde sogleich aus dem Ärmel geschüttelt und weil der Applaus nicht so recht enden wollte, gab es nicht nur eine zweite Zugabe, sondern sogar noch eine Dritte: Nachdem der Haustechniker nach konkreten Anweisungen von Keren Ann die ganze Beleuchtung heruntergefahren hatte, trug sie es noch eine A-Cappella Zugabe auf portugiesisch vor. Keren Ann gab sich also auch auf dieser Tour wieder alle Mühe, ihre Musik (nicht sich selbst) neu zu definieren, anzureichern, abzuwandeln und aufzufrischen - und das, obwohl sie es sich als klassische Songwriterin doch eigentlich auch einfacher machen könnte. Was will man eigentlich mehr?

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Surfempfehlung:
www.kerenann.com
de.wikipedia.org/wiki/Keren_Ann
en.wikipedia.org/wiki/Keren_Ann
www.capitolmusic.de/xml/1/3252123/index.html
www.myspace.com/kerenann
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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