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Konzert-Bericht
 
Vom Headliner zur Afterhours-Band

Dirtmusic
Luke Doucet/ Oh Susanna

Ottersum, Cultureel Podium Roepaen
01.05.2008

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Dirtmusic
Zum Glück waren am 01.05.08 keine Wahlen. In diesem Fall hätte Suzie Ungerleider alias Oh Susanna ihre Stimme nicht abgeben können - sie hatte sie bereits eingebüßt. Mehr als ein Flüstern brachte Suzy nicht heraus, sodass sie an diesem Abend nicht singen konnte. Da aber wohl nicht wenige im Publikum gerade wegen Oh Susanna den Weg ins niederländische Ottersum gesucht hatten, gab das Management netterweise vier Euro Nachlass auf den Eintrittspreis. Eine Praxis, die auch hierzulande einmal Schule machen könnte.
Suzie machte derweil gute Miene zum bösen Spiel und stand ihrem Freund und Kollegen Luke Doucet wenigstens als Gitarristin zur Verfügung. Der revanchierte sich für diese Geste damit, dass er kurzerhand drei Oh Susanna-Nummern einstudierte und diese - mithilfe eines Spickzettels (für den er sich ausdrücklich entschuldigte) - vortrug. Luke hat mit "Blood's Too Rich" gerade seine straighteste und kraftvollste Scheibe veröffentlicht. Dennoch war man als Fan und Zuschauer nicht unbedingt auf die Schweinerock-Orgie vorbereitet, die Luke dann vor Ort abzog. Denn agiert der Mann auf seinen Studioalben ungemein variantenreich und hüpft leichtfüßig und behende von einer musikalischen Spielart zur nächsten - übrigens auch auf seiner Livescheibe "Outlaws" -, so konzentrierte er sich beim Konzert in Ottersum ganz auf den Rockermodus und seine Gretsch-Gitarre. In dieser Eigenschaft - insbesondere was die Rockstarenergie betraf, die von der Bühne strömte - erinnerte er ein wenig an seinen amerikanischen Kollegen Jesse Malin (dem er zudem auch verblüffend ähnlich sieht). Hinzu kam, dass er sich vorwiegend auf das - eben geradlinige - Material des neuen Albums stützte und nur gelegentlich ältere Tracks wie "Emily Please" spielte. Wer also ehrlichen No-Nonsense-Rock, coole Sprüche und Posen sowie klassische Rock'n'Roll-Klischees mochte, der kam bei diesem Konzert voll auf seine Kosten. Wer nach Subtilität, musikalischer Vielfalt, der auf den Scheiben durchaus vernehmbaren Pop-Note oder dem fantasievollen Songwriter Luke Doucet suchte, der suchte vergeblich. Das soll nicht heißen, dass die Show ohne Reiz war, denn Luke selber hatte jede Menge Spaß an seinem Tun (vielleicht sogar ein wenig zu viel), spielte die Stücke - wie z.B. "Take Me Home" - in ausufernd langen Liveversionen und griff immer wieder in die Trickkiste der Großen des Genres. Die Stücke von Suzie - darunter auch der Klassiker "White Lies" - klangen so zumindest einmal gaaanz anders als gewohnt, und auch ein paar seiner pointierten Coverversionen gab Luke zum Besten. Leider nicht "The Lovecats", dafür aber Springsteens "I'm On Fire" (das passte auch besser zum Thema des Abends) und Johnny Cashs "Folsom Prison Blues". Dass er dabei die ihm zugestandene Spielzeit um eine halbe Stunde überschritt, war dann in Anbetracht dessen, dass ja auch viele im Publikum für Dirtmusic gekommen waren, nicht ganz so kollegial. Übrigens: Suzie Ungerleider verriet, dass sie mit dem Cultureel Podium gleich einen Deal abgeschlossen hat, dass sie - als Ersatz für den ausgefallenen Auftritt - im Oktober wiederkehren werde.

Durch Lukes überlanges Set wurden Dirtmusic praktisch vom Headliner zur Afterhours-Band degradiert - so mancher Zuschauer hielt es ob der vorgerückten Stunde leider nicht bis zum Ende des Sets des Trios aus. An der musikalischen Qualität lag es gewiss nicht. Auch wenn wir vor einiger Zeit an dieser Stelle noch konstatierten, dass Dirtmusic auf ihrem selbstbetitelten Album mehr zu überzeugen wussten als bei ihrem Debüt auf der Livebühne letzten Mai - inzwischen ist aus Chris Eckman, Chris Brokaw und Hugo Race tatsächlich eine richtige Band geworden. Besonders viele Dirtmusic-Konzerte hat es seit der letzten Deutschlandtournee vor genau einem Jahr zwar nicht gegeben, aber nicht zuletzt ein gemeinsamer Trip nach Afrika zum "In The Desert"-Festival in Mali (der auf einer limitierten Tour-CD dokumentiert wurde) hat die drei hochtalentierten Individualisten hörbar zusammengeschweißt. Dennoch war der Star der Show klar auszumachen: Hugo Race! Während Eckmann und Brokaw lediglich durch ihre Unaufdringlichkeit auffielen, verströmte der Australier ein schwer zu beschreibendes Rockstar-Flair, obwohl er mit geradezu stoischer Ruhe eigentlich nicht mehr machte, als auf seinem Barhocker zu sitzen und mit seinem konzentrierten Gitarrenspiel den Swamp-Blues ("Still Running") zu zelebrieren. Race ging übrigens nicht nur an diesem Abend auch als Sieger des bandinternen Verkaufswettstreits hervor: Seine Solowerke verkauften sich am Merchandise-Tisch besser als die seiner Mitstreiter.

Dass man authentisches Rock'n'Roll-Feeling auch ohne Rhythmusgruppe - sofern man Brokaws Fußtamburin und den von Eckman und Race auf dem Holzboden mitgetrampelten Beat nicht als solche bezeichnet - erzeugen kann, bewies die einzige Coverversion des Sets: "Mayflies" von der Chicagoer Songwriterin Lisa Walker, bei dem es plötzlich musikalisch unerwartet straight und lautstärketechnisch ebenso unerwartet richtig laut wurde. Der Song entpuppte sich als so etwas wie ein Wendepunkt im Programm, denn danach folgten nach den bisweilen doch etwas kantigen Songs zu Beginn des Konzerts mit Stücken wie "Ready For The Sign" (gesungen von Race, perfekt akzentuiert durch die Hammondorgelsounds von Eckman am Keyboard), Brokaws "Face Of Evil" oder Eckmans "Ballad Of A Dream" eine ganze Reihe weiterer eingängiger Stücke. Nachdem sich Brokaw spitz zwar bei Oh Susanna für ihren Auftritt bedankt, Luke Doucet aber - absichtlich, so darf man vermuten - keines Wortes gewürdigt hatte, ging ein beeindruckender, leider etwas zu kurzer Auftritt mit einer der schönsten, fraglos aber mit der sanftesten Nummer des Dirtmusic-Repertoires, "My Diviner", versöhnlich zu Ende. Trotz diverser anstehender Soloaktivitäten (Brokaw plant gleich zwei Alben im Alleingang, Eckman geht u.a. als Musiker für die Willard Grant Conspiracy und Steve Wynn auf Tournee, Race hat just ein neues Soloalbum und eine DVD veröffentlicht, die promotet werden wollen) gibt es übrigens auch schon Planungen für ein weiteres Dirtmusic-Werk!


Video Luke Doucet, Ottersum:

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Video Dirtmusic, Ottersum:

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Surfempfehlung:
www.myspace.com/dirtmusicband
www.myspace.com/lukedoucet
www.myspace.com/ohsusannamusic
Text: -Ullrich Maurer & Carsten Wohlfeld-
Foto: -Ullrich Maurer-

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Mehr über Dirtmusic:
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