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Konzert-Bericht
 
Die etwas andere Tilman Rossmy-Tournee

Tilman Rossmy Quartett

Köln, Stereo Wonderland/ Dortmund, Subrosa
16.05.2008/ 17.05.2008
Tilman Rossmy
Es gibt Dinge, die gehören einfach zusammen. Das Subrosa in Dortmund und das Tilman Rossmy Quartett zum Beispiel. In keinem anderen Laden hat die Band in den letzten 12 Jahren öfter gespielt, in keinem Venue wird sie mehr geliebt. Also alles beim Alten? Nicht ganz, denn diese von Gaesteliste.de präsentierte Tournee zeigte das Tilman Rossmy Quartett - nach rund dreijähriger Bühneabstinenz - von einer etwas anderen Seite.
Tilman Rossmy
Tags zuvor hatte sich die Band bereits in Köln für den Auftritt in Dortmund warmgespielt. Dennoch hätten die Unterschiede nicht frappierender sein können. War das Publikum in der Domstadt, abgesehen von einem Kölner Labelbesitzer mit gut geölter Kehle, der das Geschehen auf der Bühne permanent lautstark kommentierte ("Ihr seid so scheiße tight!"), zwar freundlich interessiert, aber vergleichsweise reserviert, hieß es in Dortmund von Anfang an "Willkommen zuhause" und die Zuschauer lagen der Band praktisch zu Füßen - und das trotz einer (bis auf die Zugaben) völlig übereinstimmenden Setlist an beiden Abenden.

Das Konzert im Stereo Wonderland hatte zwei sehr unterschiedliche Hälften: Einen verhaltenen, fast schon schüchternen ersten Teil ausschließlich mit neuen Songs aus dem aktuellen Werk "In einem fremden Land" und einen wesentlichen lockereren, mitreißenden zweiten Teil mit den altbekannten Werken aus den letzten 25 Jahren. Von zwei Konzerthälften konnte man dagegen in Dortmund nicht sprechen: Vom ersten Lied an waren Tilman und seine Mitstreiter mit einem ganz anderen Enthusiasmus als noch am Abend zuvor bei der Sache. Kein Wunder, schließlich passen die Fußball-Assoziationen des Openers "So können wir auch sein" einfach besser ins Subrosa, wo an diesem Abend viele Zuschauer mit BVB-Trikots den letzten Spieltag der Saison feierten.

Doch auch sonst wirkte die Band in Dortmund entspannter als am Abend zuvor, und das tat vor allem den neuen Songs merklich gut. Gitarrist Folke - inzwischen zum gesteigerten Rockfeeling des Programms passend auf eine Telecaster umgestiegen - hatte etwas mehr Platz auf der Bühne, und so klang sein eh schon großartiges Solo bei der Van Morrison-Adaption "Die sonnige Seite der Straße" noch lockerer und abgehangener als in Köln, und "Altfreak" (Tilman: "Das ist jemand, der sich noch an die letzte Meisterschaft von Rot-Weiß Essen erinnern kann") entpuppte sich live - leicht überarbeitet - als echtes Highlight. Überraschend war dagegen, dass Tilmans Ansagen an beiden Abenden praktisch identisch waren. Das hatte allerdings einen guten Grund: Auf dieser Tournee musste das TRQ zum ersten Mal ohne Drummer, Frauenblickfang und Spaßmacher Rob auskommen. Der hatte Tilman in der Vergangenheit nicht nur durch sein oft sensationelles Schlagzeugspiel unterstützt, sondern ihm auch häufig als verbaler Sparringspartner gedient. Sein Ersatz Flo (von Die Regierung) machte seine Sache "an der Batterie" (O-Ton Tilman) zwar ordentlich, blieb aber ebenso stumm wie Folke und Keyboarder Ralf. Offenbar wollte sich Tilman nicht auf seine Spontaneität als Showman verlassen und hatte sich einige wirklich treffende Überleitungen zwischen den Songs zurechtgelegt. Das ging zwar etwas zu Lasten der willkommenen Unberechenbarkeit, die frühere TRQ-Konzerte stets ausgezeichnet hatte, war aber immer dann in Ordnung, wenn seine Sprüche nicht nur treffend, sondern auch noch lustig waren. So kündigte er die Geschichte seines Umzugs von Hamburg nach München, auf dem neuen Album eigentlich "Süden" betitelt, in Dortmund als "Komm, wir ziehen nach Bayern" an, und auch seine Ausführungen zu Liedermacher Wolfgang Ambros machten Spaß: Auf Ambros kam Tilman, weil er mit "Ich bin's nicht" eine von dem bayrischen Liedermacher inspirierte Bob Dylan-Coverversion spielte (sein einziges Solostück im Programm), die er allerdings nicht nur auf hochdeutsch vortrug, sondern auch mit einem großartig wortwörtlich übersetzten Text, der nicht nur Ambros' Version, sondern auch die bekannte Übersetzung von Carl Weissner locker in den Schatten stellte. Danach war an beiden Abenden "Die alte Wohnung" ein leiser, aber umso intensiverer Höhepunkt, bevor sich Rossmy und die Seinen für den Rest des rund zweistündigen Sets auf alte Songs stürzten: "Hennarotes Haar", das zu einer Zeit spielt, als alle Junkies so aussahen wie die Musiker von Roxy Music, wie Tilman in Köln augenzwinkernd meinte, "Sie", das sich als lauteste Nummer des gesamten Sets entpuppte, "Auf den Wein" oder "Bring dich selbst in Schwierigkeiten und dann...". Aus fast jeder Platte wurden ein oder zwei Auszüge gespielt, nur "Passagier" war überproportional vertreten, was aber ob der prima Versionen von Songs wie "Die Stimme", "So sieht das aus" oder "Blau, blau ist die Nacht" auch völlig in Ordnung ging.

Tilman Rossmy
Das unerwartete Highlight in Köln war das improvisierte Ende des Konzerts, das eigentlich nicht mehr als eine Notlösung darstellte. Weil es im Stereo Wonderland neuerdings eine strikte 23.00 Uhr Lärmschutz-Curfew gibt, sah sich die Band gezwungen, die letzte Handvoll Songs ohne Schlagzeug semi-akustisch zu spielen, und dabei konnten Folke und Ralf richtig glänzen, indem sie nämlich nicht einfach ihre regulären Parts von Songs wie "Willkommen zuhause" oder "Ich bin das Leben" (dessen Fullband-Version tags darauf wesentlich ausufernder war und von Jazz und Progrock inspiriert zu sein schien) herunterspielten, sondern die Songs mit geschickten Variationen den Gegebenheiten anpassten. Dass die beiden Musiker dafür auf der Bühne ungewohnt nah zusammenrückten, tat ein Übriges. Plötzlich wirkte das zum Kerntrio geschrumpfte Quartett nämlich wieder wie eine echte Band, während zuvor mit dem neuen Mann an den Drums ("Er hat einen ganz anderen Stil, mehr Charlie Watts, während Rob ja mehr wie Keith Moon spielt", hatte Tilman zuvor die Unterschiede zwischen den beiden Schlagzeugern treffend beschrieben) das blinde Verständnis, mit dem die Band in der Vergangenheit stets begeistert hatte, verständlicherweise ein wenig fehlte.

In Köln endete der Abend mit einer unerwartet kurzen Version von "Loswerden", in Dortmund ging es dagegen noch weiter. Zunächst herrschte allerdings kurzzeitig Ratlosigkeit auf der Bühne - die vorher sorgsam ausgearbeitete, computergetippte Setlist war schließlich durch. Zögerlich fragte Tilman das Publikum nach Wünschen, mit denen sich die Band aufs Glatteis führen ließ. "Kann ich das noch?", fragte Tilman nach dem Zuruf "Bodycount T-Shirt", und das war wohl nicht vollkommen rhetorisch gemeint (Antwort: Er konnte!). Auch "15 Jahre" gab es noch zu hören, außerdem eine ziemlich improvisiert klingende Trio-Version von "Wittgenstein sagt" ohne Schlagzeug. Dass Tilman den Zugabenblock danach selbstkritisch als "verdaddeltes Ende" bezeichnete, hatte genauso Charme wie seine Anmerkung: "Das machen wir nur im Subrosa, denn nur hier kommen wir damit durch!" Wie recht er damit doch hatte!

Als Rausschmeißer gab es dann noch etwas ziemlich Außergewöhnliches: Ein Medley aus dem Titelstück des neuen Albums "In einem fremden Land" und einem der ältesten Songs der Regierung, "Immer jemand im Busch"! Ein ausgezeichneter Brückenschlag zwischen Alt und Neu und damit in einem einzigen Song die perfekte Illustration nicht nur des aktuellen Albums, sondern auch dieser etwas anderen Tilman-Rossmy-Tournee.

Surfempfehlung:
www.tilman-rossmy.de
Text: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Pressefreigabe-


 
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