Die Sonne schien, das Gelände war grün und die Getränkestände überschaubar gefüllt, als
Turbostaat die Ehre hatten, das diesjährige Hurricane zu eröffnen. Und das machten sie gut, der Sound war okay, die Stimmung besser, Songs wie "Vormann Leiss" oder "Harm Rochel" natürlich eine sichere Bank. Und schnell machte sich diese besondere Stimmung breit. Ein bisschen nach Hause kommen, ein wenig Urlaub haben und dazu eine Party feiern. Hurricane eben. Es ist keine zehn Jahre her, dass nur 20.000 Fans auf den Eichenring kamen. Vor drei Jahren waren es dann 60.000 und wir schrieben an dieser Stelle bereits, dass es zu voll war. Nun waren es noch mal ein Batzen mehr und sicher dachten manche an die gemütlichen Ausgaben von damals. Der erste Tag aber erinnerte noch an damals. Einige bis viele, aber längst nicht alle Leute waren da, nicht wenige bereits von der letzten, der ersten Nacht auf dem Zeltplatz gezeichnet und trotzdem bestens gelaunt und bereit, jede Band mächtig abzufeiern. So war es ein ungemein entspanntes Leichtes, sich Bands wie
Enter Shikari, die ihren auf Platte so großartigen Sound leider nicht ganz perfekt auf die Bühne brachten, die Landungsbrücken-Sänger von
Kettcar oder auch den anfangs etwas lahmen, bald aber mächtig rockenden
Patrice anzuschauen. Spannend wurde es dann bei
Monster Magnet, deren Dave Wyndorf ja eigentlich nicht mehr touren wollte, nun aber tatsächlich auf der Bühne stand. Dieses tat er fast schon erschreckend voluminös und trotzdem eindrucksvoll cool. Zwar hat man ihn und seine Band sicher auch schon mal besser erlebt und seine Gitarre hatte er offensichtlich auch häufig nur zum Festhalten, der "Space Lord" aber hat auch nach zehn Jahren nichts an Klasse verloren und es war einfach lecker, sein Bier exakt hier und jetzt zu trinken. Direkt im Anschluss war das auch nicht mehr möglich, denn
Deichkind zeigten, wie man eine zünftige Fete feiert und brachten die Massen vor der kleineren Open Air-Bühne zu kompletten Austicken. Die mit Ferris MC angetretenen Elektro-Rapper zogen das volle Programm ab, fuhren mit Schlauchboten über die Zuschauer, wünschten eine "Bon Vojage", holten die Trampolin-Springer auf die Bühne, deckten sich und die ersten Reihen mit Federn ein und sorgten nicht nur für einen "Aufstand im Schlaraffenland", sondern auch für mächtig "Remmidemmi". Das erste richtige Highlight des Tages und am Ende auch einer der aufregendsten Gigs des Wochenendes. Nachdem sich
NOFX anschließend einmal durch ihre Karriere spielten und dadurch musikalisch zwar nicht viel anbrennen ließen (Highlights: "Kill All The White Men", das Rancid-Cover "Radio" und "Don't Call Me White"), aber nicht ganz so großartig wie noch 2003 waren, stimmte
Jan Delay dann gleich noch mal "Remmidemmi" an, mischte den Track mit Blurs "Song 2", machte aus 2Pacs "California" mal eben die "City Of Scheeßel", holte natürlich auch seine eigenen Hits aus dem Hut und zeigte sich als motivierter, aber doch leider zu oft in die Phrasenkiste greifender Reggae-Missionar. Der aus irgendwelchen Gründen nicht von Revolverheld lassen könnte. Bevor der Abend von den
Chemical Brothers und ihrem Mörderlicht und den
Weakerthans im kleinen Zelt beendet wurde, durften die
Beatsteaks bei ihrem vierten Hurricane-Besuch erstmals als Headliner auf die große Bühne und machten auf dieser eine gewohnt gute Figur. Zwar kennt man Songs und Sprüche inzwischen auswendig, doch die springenden Massen machten deutlich, für wen die Leute dieses Jahr gekommen sind. Für die Beatsteaks aus Berlin.
War der erste Tag bis auf einen kleinen Schauer schon ein herrlich trockener, wurde es am Samstag regelrecht warm. Der Sommer war zurück, die Laune allerorts natürlich prächtig und so fanden sogar einige Punkrocker Gefallen an Bands wie den norwegischen Elektros Apoptygma Berzerk oder der "Rampensau" von Die Mannequin. Andere genossen noch Frühstück, Camping-Atmosphäre oder das erste Bierchen und warten fröhlich und entspannt auf die nächsten coole Säue. Die ließen nicht lange auf sich warten. Denn mit The (International) Noise Conspiracy auf der großen und The Enemy auf der kleinen Freileichtbühne ging es munter aufregend weiter und auch wenn manch einer besonders das britische Teenager-Trio für übertrieben lässig hielt, zeigten beide Combos, dass sie es verstehen, wie man große Bretter rockt. Die gewohnten Probleme hatten erneut Millencolin, die bei solchen Veranstaltungen immer etwas fehl am Platz scheinen. Zwar holten sie mit "Mr. Clean", "Lozin' Must" oder "Bullion" den ein oder anderen Klassiker hervor, ihr Punkrock kommt in Clubs aber eindeutig besser. Ganz anders sieht bei den direkt im Anschluss auf der großen Bühne tobenden Rise Against aus. Die Jungs sorgten für einen riesigen Moshpit, noch riesigere Staubwolken über Scheeßel und eine atemberaubende Stimmung. Voller Leidenschaft spielten sie sich durch ihr bunt gemischtes Set (Highlights von vielen: "Give It All" und "Prayer Of The Refugee") und standen trotz Soundproblemen schnell als eine der Gewinner-Bands des Festivals fest. Mit diesen Problemen übrigens hatten einige Bands auf der großen Bühne zu kämpfen, auf der kleineren war der Klang in der Regel deutlich besser. Auf dieser sorgten nach The Wombats vor allem The Subways für beste Laune, die neben ihre Debüt-Krachern auch ihr neues Album vorstellten und es sei verraten, dass es ein weiteres Killer-Werk ist. Vorgetragen von einer charmanten, motivierten Band und die Stimmung auf dem Gelände stieg immer weiter. Für diese sorgte sicher auch das ein oder andere Bierchen, doch trotzdem blieb die befürchtete Prollo-Attacke aus. Nur wenige Besucher konnten sich nicht mehr beherrschen und fielen negativ aus, der Großteil des Publikums feierte zwar feucht, aber stets fröhlich und frönte den Rock N Roll. Ob die Kaiser Chiefs Rock N Roll sind, wollen wir nach ihrem Gig nicht beurteilen, dass es Madsen sind, steht definitiv fest. Denn die Jungs rockten mal wieder fabulös ab, sorgten mit Nummern wie "Verschwende Dich nicht" oder "Du schreibst Geschichte" für singende Menschenmassen vor der Bühne und sammelten mit ihrem einfach nur netten Auftreten reichlich Sympathie-Punkte. Das Indie-Volk verkrümelte sich derweil ins Zelt zu Bands wie Blackmail, Biffy Clyro und Ozeansize und verließ dieses meist mit einem fetten, zufriedenem Grinsen, während sich der große Rest an wie immer ungestümen und sogar neue Songs spielenden Billy Talent und überraschend netten, aber musikalisch leider nicht wirklich aufregenden Panic At The Disco erfreute. Während Maximo Park und allen voran ihr Front-Clown Paul Smith die eine Bühne beschlossen und ihre Sache verdammt gut machten, spalteten die Headliner auf der anderen die Massen. Für viele war der mit Hits überlaufende und durch ein kurzes Akustik-Set und Triangel-Solo aufgelockerte Gig der Foo Fighters der ultimative Hurricane-Höhepunkt, die anderen störten sich am teilweise unverschämt leisen Sound und vermissten die Überraschungen. Obwohl sie bei einem Gig der Foo Fighters diese sicher gar nicht wirklich erwartet hätten...