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Konzert-Bericht
 
Der Bastard im Eisbären

Sophia
Dear Reader

Köln, Museum Ludwig
12.02.2009

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Sophia
Eisbären - so meinte Dear Reader-Frontfrau Cherilyn MacNeil erklärend als Einleitung zu ihrem Song "Great White Bear" - Eisbären seien so gut isoliert, dass man sie mit Infrarot-Kameras nicht sehen könne. Und aus der Luft seien sie auf dem Eis schon mal gar nicht zu entdecken. Ergo müssten Eisbären doch eigentlich ideal dazu geeignet sein, sich darin zu verstecken. Das ist die Art von Humor, die Cherilyn auch in ihren leicht spinnerten Songs propagiert. Zusammen mit Multiinstrumentalist Darryl Torr und dem singenden Drummer Michael Wright bildet Cherilyn das Trio Dear Reader.
Dear Reader kommen aus Johannesburg, Südafrika. Das merkt man indes nur am charmanten Akzent, mit dem Cherilyn durch das Set führt. Musikalisch orientiert man sich am westlichen Indie-Pop unserer Tage. Eine gewisse Folknote findet sich zwischen den phantasievoll gesponnenen Piano-Nummern auch - nur wird diese live nicht so deutlich (auf der Debüt-CD "Replace Why With Funny" gibt es noch eine mäandernde Geige). Cherilyn wechselt auf der Bühne souverän zwischen Piano und Gitarre - wobei ersteres ganz klar ihr Hauptinstrument darstellt. Die phantasievollen Arrangements des Debüts werden live gestrafft (so dass z.B. das lebhafte "Never Goes" ganz um den ansteckenden Refrain herum aufgebaut wurde) und die Vokal-Arrangements, zu denen auf Konserve auch diverse Chöre gehören, werden - so weit das möglich ist - mit Samplern emuliert. Die Musik von Dear Reader ist - in direktem Vergleich zu Robin Proper-Sheppards musikalischen Elegien - geradezu von überbordender Fröhlichkeit. Hinzu kommt Cherilyns beinahe jubilierender Gesang. Selten genug bekommt man in dem Metier schließlich jemanden zu hören, der wirklich singen kann. Cherilyn MacNeil ist aber ein solch seltener Glücksgriff. Irgendwo macht die Musik von Dear Reader auf sympathische Weise schlicht glücklich. Punkt.
Das ist natürlich etwas, was man von den Sophia-Songs nicht gerade behaupten kann. Wie denn auch: Robin Proper-Sheppards einziges Bemühen scheint es nach wie vor zu sein, Wehmut in Töne zu gießen. Dabei schießt er selbstredend zuweilen ein wenig über das Ziel hinaus. So auch in Köln: Nicht etwa, weil er zuviel redete, wie er selber befürchtete, sondern weil er ein wenig gar zu intensiv mit dem selbst auferlegten Jammerlappen-Image kokettierte. So ließ er keine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, was für ein Bastard er doch sei - ganz so, als wolle er Mitleid dafür erheischen (vielleicht zu dem Zweck, dann sagen zu können, dass er dieses nicht brauche). Nun ja: Immerhin räumte er ja selber ein, dass er ein komplizierter Charakter sei und er legte sich auch nicht mit dem Publikum an (so wie beim letzten Mal in Köln bei der entsprechenden Gelegenheit). Und das, obwohl dafür Grund genug gewesen wäre, denn aufgrund der beengten Bühnensituation konnten die weiter hinten stehenden (außer der eifrig frequentierten Bar) nichts sehen und machten dieses durch lautes Reden und Johlen wett.

Die Idee, vor der Veröffentlichung der jeweils neuen CD eine kleine Akustik-Tour zu machen (in dem Fall sogar mit einem Streichquartett - übrigens mit Geigerin Fiona Brice, die sich nach ihren Gastspielen bei Stephanie Dosen und Michael J. Sheehy langsam zu einer echten Indie-Konstante entwickelt) ist ja gewiss nicht schlecht. Warum Robin dann aber die jeweils neuen Stücke nicht spielt, ist ein wenig rätselhaft. So gab es mit der typischen Sophia-Ballade namens "Heartache" nur ein neues Stück - und ansonsten eher Gewohntes. Robin ist ja den Umgang mit Streichern spätestens seit seinem "De Nachten"-Projekt gewohnt. Deswegen überraschte es ein wenig, dass er diese bei diesem Konzert schlicht und ergreifend nur sehr offensichtlich einsetzte: Bei seinen langsamen Nummern nämlich. Es begann bezeichnenderweise mit "The Sea" - einem Song, der übrigens Robins Dilemma sehr schön illustriert. Das ist - so räumt er selbst ein - eines der wenigen echten Liebeslieder, die er geschrieben hat - und zwar für seine Tochter. Als er ihr diesen Song vorspielte, meinte sie, ob er nicht was Flotteres auf Lager habe. "Flott" - das sind Robins Rock-Nummern, die er selber "Pop-Songs" nennt - "Oh My Love" etwa, das er hier und heute solo spielte. Hier ließ er die Gelegenheit verstreichen, gerade solche Nummern etwa einmal mit Streichern zu verzieren. Dass Streicher bei Balladen als Klangfläche funktionieren, weiß man ja nun gemeinhin. Auch andere Nummern, bei denen Streicher eine Überraschung gewesen wären (sagen wir mal "Death Of A Salesman"), ließ er aus. Dafür gab es dann "Where Are You Now", "Swept Back" oder "So Slow" - ungefähr genau so, wie man das auch erwartet hätte: Schön, aber nicht besonders spannend oder neu. Wie so etwas klappen hätte können, ließ lediglich die etwas entschleunigte Version des seiner Mutter gewidmeten Stückes "Lost" erahnen. Und natürlich gab es auch wieder das für solcherlei Zwecke prädestinierte "Ships In The Sand" zu hören.

So - nur damit kein Irrtum aufkommt: Das war keineswegs eine schlechte Sophia-Show - und aufgrund des sympathischen Dear Reader-Sets auch alles andere als ein verlorener Konzertabend. Robin war für seine Verhältnisse geradezu heiter und gelassen, auch wenn er das Flirten mit dem Grantler-Image etwas übertrieb - und die Streicherarrangements stellten gegenüber einer reinen Solo-Darbietung auf jeden Fall auch eine echte Bereicherung dar. Aber: Von einem Act wie Sophia darf man als treuer Fan - gerade in solchen Situationen und aufgrund des eigenen Anspruches - Einzigartiges und Atemberaubendes erwarten. Und da war die "De Nachten"-Tour in dieser Beziehung etwas aussagekräftiger geraten. Sind wir jetzt also erst mal gespannt auf das neue Werk...

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Surfempfehlung:
www.sophiamusic.net
www.myspace.com/thesophiacollective
www.myspace.com/dearreadermusic
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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