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Konzert-Bericht
 
Thank You, Schatzi!

Orange Blossom Special 13 - 2. Teil

Beverungen, Glitterhouse-Villa
31.05.2009

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Get Well Soon
Der dritte und abschließende Festival-Tag begann dann antithetisch - also nicht mit sanftmütigem Folk-Gedudel, sondern mit Krach. Das ging aber auch: Baby Universal bietet mit Cornelius Ochs einen Frontmann, der wenigstens auch mal wie einer aussieht (genauer: Jim Morrison) und mit Front-End-Drummer Carsten Rottweiler am vorderen Bühnenrand ein Unikum, das selbst das Tier in den Schatten stellt (der Mann sitzt auf einer zur Bass-Drum umgebauten Beatbox während er die Bassdrum als Pauke verwendet). Die Jungs machen harte Rockmusik. Und das gefiel den Anweswenden so gut, dass es bei der Coverversion von PILs "This Is Not A Love Song" einen klassischen Rock'n'Roll-Moment gab - mit rhythmisch klatschendem Publikum, Pogo-Dancing und Headbanging. Das war insofern interessant, als das PIL ja mal als Antidote zum Rock'n'Roll-Zirkus angetreten waren. Aber das OBS ist ja auch nicht normal.
Mit den Miserable Rich aus dem Seebad Brighton kommen wir nun auch zum Titel dieses Berichtes: Frontmann James de Malplaquet spricht nämlich recht gut Deutsch und sagte - zumindest die ersten Songs - humorvoll radebrechend entsprechend an. Und bedanken tat er sich eben mit "Thank You, Schatzi!". Die Miserable Rich boten dann typische Sonntags-Kost: Akustischen Folkpop mit Streichern, Gitarre, Bass, gelegentlich angedeuteter Percussion (die ansonsten aber auch nicht gefehlt hätte) und einer Stimme jenseits von Gut und Böse. Eigentlich klingt James dabei wie ein anderer James: James Dean Bradfield von den Manic Street Preachers, nämlich. Nur ohne Wut im Bauch, sondern mit ganz viel Herzblut. Sehr schön war das und dem Moment absolut angemessen.

Was dann folgte, war eine typische OBS-Klamotte. Eine Spinner-Band gibt’s ja auf jedem OBS. Die Fabulous Penetrators hatten Reinhard und Rembert bei einer Scouting-Party für das neue Stag-O-Lee-Label in London entdeckt und vom Fleck weg engagiert. Die Jungs waren schon am Vortag angereist - was ein Fehler war, wie Reinhard einräumte, denn die hätten so eindeutig zu viel Zeit zum Saufen gehabt (jeder der vier Herren lief z.B. im Vorfeld des Konzertes innerhalb von ca. eine Stunde mit sechs Flaschen Bier durch die Gegend). Es gab wüstestmöglichen Spaßfaktor-Retro-Rock'n'Roll - erstaunlich hart gespielt, erstaunlich tight und punktgenau und erstaunlich irrsinnig inszeniert. Die Jungs liefen auf der Bühne hin und her wie von der Tarantel gestochen und Frontman Bowsie Casey hüpfte im Gorilla-Drag-Kostüm umher, trank einen Absinth nach dem anderen, zerschlug seine Maracas auf dem Monitor und belästigte den Stagemanager unsittlich. Als dann die ganze Glitterhouse-Truppe krabbelnd über die Bühne wogte, gab es kein Halten mehr. Das war Armageddon pur. Aber ein lustiges Armageddon.

Wer mochte, konnte das angestaute Adrenalin beim anschließenden Set von Maria Taylor wieder abbauen. Die Dame aus Birmingham, Alabama, lebt zur Zeit in Los Angeles und demzufolge sonnig sind die Songs ihres aktuellen Albums "Ladyluck" auch ausgefallen. "Mir haben Marias Songs so manchen Morgen versüßt", drückte es Rembert poetisch aus. Nachdem Marias Familie anderweitig gebunden war (Bruder Macy spielt Bass bei Conor Oberst uns Schwester Kate bastelt (endlich) an einer eigenen Scheibe), war Maria mit befreundeten Musikern unterwegs: Der Band Whispertown 2000 und Songwriter Nik Freitas, der bei ihrem Set hinter dem Drumkit saß. Ergo kamen die Songs eine Prise rauer und auch lauter daher, als man das gemeinhin von der schmächtigen Person gewohnt ist. Nicht, dass es deswegen gleich ein Rock-Konzert wurde, aber einige Nummern - z.B. der "Song Beneath A Song", zu dem die Whispertown Leute als Chor einsprangen - machten durchaus Laune. "That was amazing", fasste Maria nachher ihren OBS-Eindruck zusammen.

I Am Kloot aus Manchester machen sich gemeinhin auf deutschen Bühnen eher rar. Umso stolzer war Rembert auch, dass es ihm gelungen war, die Jungs für einen exklusiven Gig anzulocken. I Am Kloot waren einst mit einem bestimmten Konzept - akustische Rockmusik zu machen - angetreten, haben dieses aber inzwischen erweitert. So ließ sich das Trio von einem Pedal-Steel-Gitarristen und einem Keyboarder begleiten (der saß hinter dem Bass-Verstärker, war aber tatsächlich da). Und Sänger John Bramwell greift auch gelegentlich zur elektrischen Gitarre. Musikalisch sind sich die Jungs indes treu geblieben. Das wurde auch bei diesem Konzert deutlich. So unterschieden sich die alten kaum von den neuen Songs, weswegen das Konzert gewissermaßen unaufgeregt über die Bühne ging.

Was aber unter dem Strich egal war, denn mit diesem Auftritt begann eine neue Ära auf dem OBS. Und zwar die, dass die jungen Leute die liebgewonnenen Methusalems vor der Bühne verdrängten. Beginnend mit dem Set der Kloots, bei denen es wirklich solche gab, die alle Texte mitsingen konnten, versammelten sich immer mehr Frischlinge vor der Bühne und wichen auch bei Baskery - und schon gar nicht bei Get Well Soon - vom Fleck. Und das bei einer Veranstaltung, bei der Witze über das Alter zum guten Ton gehören. Wer hätte das gedacht?

Die diesjährige Versteigerung der Tafel, auf der die Musiker, die beim OBS spielen, ihre Unterschriften verewigen, brachte dieses Mal über 2000 Euro. Sie ging an das Knust in Hamburg.

Baskery gehören nun zu jener Sorte von Acts, die man erfinden müsste, wenn es sie nicht schon gäbe: Drei schwedische Schwestern, die in Sachen Country, Rockabilly und Blues unterwegs sind - das aber mit einer gewissen Rock'n'Roll-Attitüde betreiben und obendrein ohne richtige Besetzung. Denn mit Akustik-Gitarre, Stehbass, Gitarren-Slide-Banjo und einem rudimentären Percussion-Kit erscheinen Baskery personell unterbesetzt. Jedenfalls bis sie zu spielen beginnen - dann machen sie Musik für mindestens sechs. Sunniva, die "kleinste" der drei Damen (die zuvor mit ihrem Papa die Band Slaptones bildeten, was eben die Rockabilly-Einflüsse erklärt), spricht aufgrund eines Studienaufenthaltes in Köln grundsätzlich Deutsch und erfreute das Publikum mit improvisierten Reimen der Couleur "Leute, Leute, was macht ihr heute". Musikalisch kennen Baskery im Prinzip eigentlich nur ein Stück - das sie aber immer wieder mit einem dergestalten Drive vorstellen, dass das gar nicht weiter auffällt. "Mad Country" oder "Kill Billy" nennen sie die Melange, die im Live-Kontext so viel lebhafter rüberkommt als auf Konserve. Dass die Mädels dabei auch immer wieder die gleichen Stories und Witzchen erzählen - und dabei mit ihrem Rock-Mädels-Dasein kokettieren -, könnte mit der Zeit zu einem Problem werden, aber das lässt sich ja noch ändern. Ansonsten gibt es bei Baskery Fun und Energie pur. Das geht so weit, dass die Saiten reißen und die Drums mit zentnerschweren Steinkübeln befestigt werden müssen, damit sie sich nicht vor Begeisterung verdünnisieren. Und auch bei diesem Act zeichnet sich ein generationenübergreifendes Element ab: Mit dieser Mixtur aus traditionellen Sounds und psychedelischem Drive schaffen es Baskery etwa gestandene Blueser ebenso zu überzeugen, wie Leute, die solche Art von Musik gerade erst entdecken.

Seit Get Well Soon ihr Debüt auf dem OBS feierten, ist eine Menge passiert für Konstantin Gropper und seine Mannschaft: Die Band spielte auf dem Glastonbury Festival (obwohl Konstantin sagt, dass der Gig auf dem OBS besser war), die Debüt-CD erschien und Konstantin wurde von Wim Wenders gebeten, Songs für dessen letzten Film zu komponieren. Des Weiteren tourte die Band unablässig und Konstantin arbeitete als Berater für Maike Rosa Vogel und als Komponist an mehreren Soundtrack-Projekten - so dass er erst jetzt dazu kommt, neue Songs vorzubereiten. Deswegen bestand das Set beim diesjährigen OBS auch großteils aus - mittlerweile bewährten - Klassikern. Nachdem Probleme mit der falsch verkabelten Sound-Anlage behoben waren, präsentierten sich GWS mit einem kristallklaren, transparenten und dennoch druckvollen Sound und jeder Menge Dynamik. Es ist dabei schon erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit GWS - allen voran natürlich Konstantin Gropper - vieles einfach richtiger machen, als vergleichbare Acts. Da gibt es einfach immer die perfekte Mischung aus den richtigen Zwischentönen, Stimmungen, Melodien, Arrangements, Riffs, Harmonien und Textzeilen. Dabei haben GWS als Live-Act noch dazugelernt, präsentieren sich heute nicht mehr als statische Kapelle, sondern als wirbelnder Haufen und wissen mit leisen wie lauten Tönen (von denen es immer mehr gibt) gleichermaßen zu überzeugen. Und das ohne Pathos. Kluge Köpfe sagen ja, dass gute Musik den Zuhörer auf eine andere (spirituelle) Ebene transportieren können sollte. Und das können GWS. Wer daran etwas auszusetzen hat, müsste das schon recht überraschend begründen. "Verdammt noch mal. Wo holt der Kerl den ganzen Scheiß her?", murmelte der - zwar angetrunkene, aber sichtlich begeisterte - Kollege John Bramwell, der das Konzert vom Bühnenrand beobachtete, anerkennend. Das fragte sich wohl auch so mancher andere. "Wir sind ganz ergriffen", verabschiedete sich Konstantin vom Publikum - und das beruhte dann wohl auch auf Gegenseitigkeit.

Insgesamt war das ein mehr als würdiger Schlusspunkt zu einem Festival, das eigentlich vollkommen ohne musikalische Ausfälle oder Lückenbüßer ausgekommen war - und dennoch für jeden etwas zu bieten hatte. Respekt.

Video: Baskery - "Hole" - OBS 13:

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Video: Get Well Soon - "People Magazine" - OBS 13:

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Video: Maria Taylor - "Ladyluck" - OBS 13:

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Video: Miserable Rich - "Early Mourning" - OBS 13:

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Surfempfehlung:
www.orange-blossom-special.de
www.glitterhouse.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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