Los ging es am Freitag aber mit erst mal hippen Bands wie den kurz vorm Durchbruch stehenden
Glasvegas, deren Gig aber - aufgrund technischer Probleme - deutlich kürzer als geplant ausfiel,
Johnossi oder dem ersten Highlight:
The Ting Tings sorgten nach
Bosse (dessen "Drei Millionen" tatsächlich jeder kannte) für Gedrängel vor der Bühne und ließen die parallel spielen
The Sounds ziemlich langweilig klingen. Charmant las Sängerin Katie White vom Zettel ihre deutsche Ansprache ab und bot mit Jules De Martino eine klasse Show. Im Anschluss dann kam eine junge Dame, von der nicht viele wussten, ob sie zum Hurricane passt oder nicht:
Katy Perry, die Pfarrerstochter, die mal ein Mädchen geküsst hat. Doch die Frage war schnell geklärt. Denn und wie das passt! Selbst gestandene Metaller und Punks tanzten und sangen zu Perry, ihre pinken Mitmusikanten und Songs wie "Hot N Cold". Es war ein großer Spaß und deutlich aufregender, als die anschließend spielende
Duffy, deren Stimme zwar durchaus Klasse hat, deren Songs auf der Bühne jedoch ein wenig zu einlullend wirkten. Doch na und? Nebenan auf der großen Bühne standen ja die
Editors und die schüttelten einen Hit nach dem anderen aus dem Ärmel. Wie nicht anders zu erwarten wurde es ein festlicher Gig mit einer arschcoolen Rampensau namens Tom Smith am Mikrofon, der Gitarre und dem Klavier. Direkt im Anschluss kamen
Franz Ferdinand und auch hier spielte sich die Band durch ihre Erfolge. Es war beängstigend zu hören, wie viele Kracher die sympathischen Herren schon im Programm haben - und schön zu sehen, wie das Publikum das Ganze abfeierte. Der Abend war im vollen Gange, all der Regen und all die Kälte waren längst vergessen - die Aussicht auf die nächsten Künstler erwärmten Körper und Geist.
Auf der etwas kleinen Open-Air-Bühne nämlich kündigte sich Großes an. Moby war da und Moby rockte wie immer das Haus. Mit wundervoller Begleitung gab es Schmalz und Schmackes, "Why Does My Heart Feel So Bad" und "Lift Me Up", den "Natural Blues" und "Feeling So Real". Manch einer überlegte doppelt, ob er sich die Kings Of Leon anschauen sollte. Die spielten vor zwei Jahren noch irgendwann am Nachmittag, diesmal waren sie der Freitags-Headliner. Zwar hatte ihr Gig nicht die Intensität von Moby und die Band selbst sprühte jetzt nicht unbedingt vor Spielfreude, die Massen aber waren von der Show und den Songs schwer begeistert. Und als vom "Sex On Fire" die Rede war, hatte auch manch Nicht-Fan eine Gänsehaut. Kraftwerk sangen anschließend noch vom Modell und der Autobahn und ein erster, richtig starker Hurricane-Abend ging zu Ende.
Auch am zweiten Tag regnete es den Vormittag immer wieder, es war kalt, es war grau und manch dunkle Wolke verirrte sich bedrohlich imposant über das Gelände. Zwar fielen die Gigs von The Rakes oder Less Than Jake dadurch nicht komplett ins Wasser, aber manch Zuschauer blieb den Bühnen dann doch lieber fern. Und wartete, bis es mit den Blood Red Shoes oder den irgendwie ziemlich lahmen Wombats aktuell und angesagt und No Use For A Name wunderbar punkrockig und bei besserem Wetter weiterging. Ska-P brachten dann noch mal das Jungvolk zum Tanzen, ehe The Mars Volta zwar gewohnt gekonnt, aber wie immer auch mächtig anstrengend lärmten. Doch das alles war nur ein Vorgeplänkel, das alles war nur das Rahmenprogramm, für das wohl schlicht beste Tripple, das das Hurricane je gesehen hat. Mit den Pixies kam die erste Legende auf die Bühne. Black war cool wie Sau, Deal mehr am Grinsen, als am Singen, die Songs durch die Bank toll: "Here Comes Your Man", "Dig For Fire", natürlich "Where Is My Mind". Mit Social Distortion wurde es noch besser, noch kultiger, noch cooler. Die Kerle hauten hier einen Klassiker nach dem anderen raus. Der persönliche Übersong "Mommy's Little Monsters" sorgte für die erste Glücksträne im Auge, "Sick Boys" oder "Don't Drag Me Down" gaben den Rest und bei "Ring Of Fire" gab es kein Halten mehr. Dazu ein redseliger Mike Ness, ein wunderbares "Bad Luck" und "Story Of My Life" als finaler Gott. Wahnsinn.
Und der war noch lange nicht zu Ende. Da konnten sich Clueso, Get Well Soon oder Ben Harper auf den anderen Bühnen noch so viel Mühe geben. Das ultimative Erlebnis wartete in Form von Faith No More. Die kamen in hässlichen Anzügen auf die Bühne und stimmten das schmalzige, fast schon eklige Peaches & Herb-Cover "Reunited" an. Patton war zudem am Stock, was zwar im Grunde wunderbar zum Gesamtbild passte, aber einen ernsten Hintergrund hatte. Der Sänger hat wohl Probleme mit der Sehne. Was ihn aber nicht davon abhielt, in den kommenden 90 Minuten schlicht alles zu geben. Mit "Real Thing" und "Land Of Sunshine" ging es direkt in die Vollen. Doch natürlich gab es die Songs nicht in der originalen, sondern der 2.0-Version. Sprich: Man gab dem Ganzen eine Extra-Portion Lärm und Chaos. Da wurde geprügelt und geschrieen und als wir mal gesagt haben, dass Faith No More heute wohl wie Tomahawk klingen würden, dann wurden mit diesem Gig bestätigt. Immer wieder mischte sich ein fieses Patton-Lachen zwischen die Songs, es würgte und kreischte und machte aus Klassikern wie "Caffeine" oder "Surprise! Your're Dead" fast schon neue Nummern. Mit einer spanischen Version von "Evidence" gab es eine erste, mit dem live immer noch beachtlichen "Easy" eine weitere Verschnaufpause. Dazwischen und danach gab es Hits, Hits, Hits. Bei "Ashes To Ashes" sprang sogar der Sänger selbst im Takt, mit "Midlife Crisis" oder "The Gentle Art Of Making Enemies" kann man eh nichts falsch machen und wer es sich leisten kann, "Be Aggressive" und "Epic" schon im regulären Set zu spielen, der ist nur zu beneiden. Zwischendurch lästerte Patton grinsend über die anderen Gruppen des Festivals ("Welche Band findet ihr scheiße? Die Pixies dürften die einzige Band sein, die nicht scheiße ist!"), erkundigte sich nach Scheidungen, Kindern und Drogenentzügen und machte auch damit den Abend zur ultimativen Patton-Show. Als Zugaben gab es erst noch "We Care A Lot", ehe sie sich mit "This Guy's In Love With You" von Herb Albert verabschiedeten. Und einen unschlagbaren Tag beendeten.
Es war wohl besonders dieser Auftritt, der den Altersschnitt der Zuschauer rapide in die Höhe trieb. Schon lange nicht mehr hat man so viel "reiferes" Publikum auf dem Eichenring gesehen. Gleichzeitig hatten sich auch die jüngeren Fans unter Kontrolle und nur wenige Alkholleichen taumelten über das Gelände. Eine - so wie wir das mitbekommen haben - durch die Bank entspannte und sympathische Security, überraschend wenig Pfützen und Matsch auf dem Gelände und genügend überdachte Sitzplätze vervollständigten das entspannte Bild und als am Sonntag dann auch immer mal wieder die Sonne raus kam, war das Glück perfekt. Obendrauf gab es tolle Bands wie The Living End mit ihrer "Second Solution", The Gaslight Anthem mit ihrem "The '59 Sound" oder Brand New mit Wucht und Gefühl zu hören. Gogol Bordello waren dann lange nicht so gut wie ihre Labelkollegen von Anti-Flag, die mit "Turncoat", "Die For The Government" oder "Sodom, Gomorrah, Washington DC" begeisterten. Lily Allen war zwar nett anzusehen, aber sicher nicht wirklich spannend und Disturbed dafür da, das Metal-Volk auf dem Eichenring mit Songs wie "Stricken" oder dem Genesis-Cover "Land Of Confusion" zum Moshen zu bringen. Keane brachten die Mädels zwischenzeitlich zum Kreischen und die Eagles Of Death Metal die Jungs zum Trinken. Und dann kamen die letzten fetten Namen des Festivals. Gerne hätten wir hier übrigens auch Bilder von den Sonntags-Headlinern gezeigt. Doch während das bei Faith No More und den Kings Of Leon problemlos möglich war, hatten sowohl Die Ärzte als auch die ach so lieben, bodenständigen Jungs von Fettes Brot keine Lust auf Onliner im Fotograben. Trotz Fotopass, trotz allem. Verstehen wir nicht, finden wir nicht gut, können wir aber nicht ändern. Den Besuchern war das natürlich egal. Sie ließen sich erst von den Broten "zerficken", anschließend bewarfen sie Die Ärzte mit Bechern. Für den guten Zweck, für Viva Con Aqua.