Kurz bevor die Fields Of The Nephilim zu spielen beginnen, scheint es, als wäre das Publikum vor der Bühne einmal komplett ausgetauscht worden. Anstatt enger Lack- und Lederkleidchen, engen Synthetic-Shirts oder schrill-bunten Outfits sind plötzlich Lederhosen, Jeans und Band-T-Shirts zu sehen. Dass sich einige der Zuschauer extra für diesen Auftritt eine Tageskarte gekauft hatten, war unschwer zu erkennen. Und während die schwermütigen Songs am Rhein entlang schallten, entspannten sich viele der Festivalbesucher bereits bei einem Cocktail in der Strandbar.
Am Sonntagmorgen werden viele der Festivalbesucher von einem rhythmischen Klopfen geweckt. Regen prasselt auf die Zeltdächer und an die Hotelzimmerfenster. Sturmböen treiben abgebrochene Äste und nasses Laub über den Asphalt. Doch glücklicherweise verschwinden die Regenwolken wieder genauso schnell, wie sie gekommen sind.
Die Probleme auf der Ausweichbühne im Theater lassen sich leider nicht so schnell lösen. Und so kommt es, dass die Lokalmatadore von Jesus On Extasy erst mit einer 45-minütigen Verspätung auf die Bühne kommen. Diese Verspätung zieht sich im Theater leider durch den ganzen Tag, so dass es zu vielen Überschneidungen mit der Hauptbühne kommt. Vielleicht kommt die Verspätung aber auch nicht ungelegen - schließlich ist das Theater viel kleiner als die Rheinparkhalle - und das befürchtete Gedränge im Theater bleibt schließlich aus.
Richtig voll wird es an der Mainstage unterdessen zum ersten Mal während des Auftrittes von Saltatio Mortis. Oder wie Moderator Honey von Welle:Erdball sagte: "Die charmanteste Band des Festivals." Und tatsächlich besticht die Mittelalter-Punk-Combo mit einer unglaublichen Spielfreude, die auch manch gesangliche Schwäche ausbügelt.
Die nächste Band auf der Hauptbühne begeistert vor allen Dingen durch ihre spektakuläre Bühnenshow. Hocico, die "Hosikoh" ausgesprochen werden, zeigten mit traditionellen indianischen Gewändern, ihrem prachtvollen Kopfschmuck und den Räucherstäbchen in alten Kelchen, dass sie stolz auf ihre Heimat Mexiko sind.
Derweil präsentierte Oswald Henke im Theater diesmal keine Songs seines Projektes fetisch:mensch, sondern lässt die Herzen der Fans von Goethes Erben und Artwork höher schlagen. Auf der Hauptbühne wird gerade für Unheilig umgebaut - zu erkennen an dem erschreckend hohen weiblichen Fan-Anteil in den ersten Reihen. Schließlich sprintet der Graf auf die Bühne, rast von links nach recht, zuckt, tanzt - und macht mit seinen hektischen Bewegungen den Fotografen das Leben schwer. Im Gepäck hat er sehr viele Songs des Albums "Puppenspieler" - kein Wunder, baumelt doch die Puppe an ihren Fäden von der Decke.
Schnell, schnell - geht es danach wieder ins Theater. Jedoch nur um sich die Frage zu stellen: KMFDM oder Front 242? In der Halle scheint es noch zu dauern und so machen sich viele Besucher direkt wieder auf den Weg ins Freie, um direkt von lautstarken "Zwei-Vier-Zwei"-Sprechchören begrüßt zu werden. In der ersten Reihe hält ein Fan eine belgische Flagge hoch, andere schreien sich die Lungen aus dem Hals. Gänsehautatmosphäre pur. Kunstnebel wird aus einer Maschine gepustet, die Scheinwerfer blenden das Publikum. Dann brandet Jubel auf, als sich die Band endlich auf die Bühne wagt. Beim Jubel bleibt es nicht: Der erste Beat erklingt, die Körper der Fans zucken im Rhythmus. Zwar zuerst nur in den ersten Reihen, doch spätestens als "Headhunter" und "Im Rhythmus bleiben" erklingt, tanzt fast jeder auf dem Gelände.
Gefeiert wird noch bis spät in die Nacht in Köln - zu Klängen von Camouflage, The Gathering und der Musik, die von den DJs aufgelegt wird. Karten für das Amphi-Festival am 24. und 25. Juli 2010 hat der Vorverkauf bereits begonnen. Gruppentickets für sechs Personen zum Preis von fünf sind ebenfalls schon erhältlich. Bereits angekündigt ist ein Auftritt von Welle:Erdball - der aber noch nicht vom Veranstalter bestätigt wurde.