Als Support-Act haben Archive für ihre Tour BirdPen, ebenfalls aus Großbritannien, mitgebracht. Trotz ihres nur knapp bemessenen Timeslots von etwa einer halben Stunde sind diese angenehm engagiert bei der Sache und sichtlich erfreut angesichts der Tatsache, vor so vollem Haus spielen zu dürfen. Dabei scheinen sie sich keineswegs daran zu stören, dass natürlich alle hier im Saal nur wegen Archive gekommen sind.
Die Wahl der Vorband ist durchaus nachvollziehbar: Obwohl BirdPens Ansatz Musik zu machen, wesentlich geerdeter ist als der von Archive, sind sich die Bands nicht ganz unähnlich. Beide neigen zu ausufernden Instrumental-Parts und jeder Menge Pathos. Außerdem singt Dave Penny in beiden Bands, was die ganz Sache natürlich auch logistisch vereinfacht. BirdPen gehen jedoch weniger hypnotisch als der Hauptact ans Werk und erinnern mit ihrer ungestümen Art viel mehr an Bands wie ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead. Und das ist an dieser Stelle durchaus positiv gemeint, wenngleich das Dargebotene sicherlich keine musikalische Revolution auslösen wird. Nichtsdestotrotz spielen BirdPen ihr Set mit einer Leidenschaft, die bei größeren Bands ihresgleichen sucht. Grundsolide, ehrliche Rockmusik mit interessanten Arrangements, einigen wirklich guten Hooklines und einem tollen Sänger.
Nach etwa einer halben Stunde Umbaupause betreten Archive die Bühne. Sofort ist die Stimmung am kochen - diese Band braucht noch nicht einmal etwas dafür zu tun. Ohne viele Worte - denn diese braucht es bei dieser Art von Musik nicht - spielen die Briten ein grandioses Konzert mit einer gesunden Mischung von Songs aus der gesamten Diskographie, aber mit eindeutigem Schwerpunkt auf dem aktuellen Werk "Controlling Crowds". Überraschend ist dabei, wie viele Hits diese Band doch hat, die man aber teilweise längst wieder vergessen hatte. Im Gegensatz zu unserer Generation Ü30: Ein Publikum, das sich von solch melancholischer und großteils schleppender Musik derartig euphorisieren lässt, erlebt man wahrscheinlich nur äußerst selten. Dazu gibt eine unheimlich coole und stimmige Videoshow mit verstörenden Schwarzweiß-Aufnahmen, hartem Schnittgewitter oder einfach nur weißen Schneeflocken auf einer großen Leinwand im Bühnenhintergrund - wie sich das für eine Band wie Archive gehört.
Einige der vielen Höhepunkte sind die Songs, bei denen Rapper Rosko John mit auf die Bühne kommt. Hier zeigt sich besonders, wie sehr diese Band noch immer mit einem Genre verwoben ist, das wie kaum ein zweites tief in die 1990er Jahre gehört und danach fast vollständig in Vergessen geriet: TripHop. Doch gerade diese Spannung zwischen den althergebrachten musikalischen Traditionen des TripHops, den hypnotischen Prog- und Psychdelic-Passagen und den wütenden und ausufernen Gitarrengewittern ist es, die Archive auch heute noch auf eine gewisse Art und Weise Avantgarde sein lässt.
Ungewöhnlich vielleicht die Entscheidung, auch Stücke mit Sängerin Maria Q zu spielen, obwohl diese gar nicht anwesend war - stattdessen kam sie nur vom Band und war auf der Leinwand in Überlebensgröße zu sehen. Doch dieser kleine Makel mag den Gesamteindruck eines tollen Konzerts mit unglaublich dichter Atmosphäre kaum trüben.