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Konzert-Bericht
 
Heather 2.0

Heather Nova
Ben Taylor

Köln, Kulturkirche
24.10.2009

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Heather Nova
Anlässlich der Interviews zu ihrer Live-Scheibe "Wonderlust" (die übrigens im Kölner E-Werk mitgeschnitten wurde) erklärte Heather Nova, dass sie es vermisse, in kleinen Clubs aufzutreten, da sie die intime Atmosphäre dort jener in größeren Hallen vorziehe. Nur sei das ja leider nicht möglich, da sie ansonsten an jedem Ort mehrfach auftreten müsse. Nun ist die Kulturkirche in Köln nicht wirklich intim, aber immerhin um ein vielfaches kleiner als die Venues, in denen Heather gemeinhin auftritt. Insofern ist die aktuelle Tour denn auch ein besonderes Bonbon für die Hardcore-Fans (aus denen sich das Publikum fast ausschließlich zusammen setzte), die so ihre Heroin noch ein Mal aus nächster Nähe erleben können.
Und was das andere Problem betrifft - dass nämlich aufgrund des begrenzten Platzes nicht alle, die vielleicht gewollt hätten, vor Ort sein konnten - wird auf eine recht pragmatische Art gelöst: Die Shows sind am Folgetag als MP3-Download von Heathers Homepage zu erwerben. Insofern dürften alle mit dieser Lösung glücklich sein. Heathers letztes Album, "The Jasmine Flower", ist ja eine recht reduzierte Angelegenheit, bei der auf große Arrangements und Band-Sound fast vollständig verzichtet wurde, so dass es nicht überraschte, dass Heather die aktuelle Tour als Akustik-Event nutzte, um nicht nur das aktuelle Material, sondern vor allen Dingen auch ältere Songs im reduzierten Umfeld darzustellen.

Als Support hatte Heather Ben Taylor eingeladen, der nach eigener Aussage selbst ein bekennender Heather-Fan ist und sogar im aktuellen Heather-Tour-Shirt auftrat. "Ich bin ja schließlich der Support Act", erklärte er, "und da muss ich den Headliner schon unterstützen, oder?" Ben ist ja bekanntlich der Sohn von James Taylor und Carly Simon. Mit dieser Bürde geht der Mann bemerkenswert gelassen um: Nicht nur, dass er überhaupt gerne Songs über Familienmitglieder schreibt (darunter auch über seine Mutter) - er coverte sogar seinen Vater. Dass das nichts Gewöhnliches ist, zeigen Spannungen anderer Songwriter-Generationen - wir denken mal an die Dylans oder Earles. Ben spielte auch schon mal mit Band in Köln - aber so ganz alleine auf der Bühne schien er sich mehr in seinem Element zu fühlen, scherzte mit dem Publikum, ließ aber auch mal ernste Untertöne einfließen (z.B. mit seinen politisch motivierten Songs oder indem er das Konzert mit einem Gedicht eröffnete) und trug seine Songs mit traumwandlerischer Sicherheit vor. In Anbetracht dessen, wie hochkomplex diese für gewöhnlich angelegt sind und wie virtuos - ja geradezu erzählerisch - er seine Gitarre dazu streichelte, war dies schon bemerkenswert. Bei vielen Songwritern bemerkt man ja bei Solo-Auftritten besonders deutlich die stimmlichen, songwriterischen oder interpretativen Grenzen. Diese gibt es bei Ben Taylor aber nicht. Der Mann ist - bei aller Professionalität - ein höchst unterhaltsamer und versierter Performer, aber auch lockerer, bei dem zu keiner Sekunde Langeweile aufkommt.

Bei Heather Nova liegt der Fall ein wenig anders: Sie ist keine Gitarren-Virtuosin und viele ihrer Songs verlangen eigentlich geradezu nach einem größeren Klangbild - einfach deswegen, weil sich ihre Stimme ansonsten zu sehr verselbständigt - was aufgrund der Intensität dann schon mal anstrengend werden könnte. Zum Glück weiß sie das und hatte sich entschlossen, mit Arnulf Lindner einen Multiinstrumentalisten mitzunehmen, der auf Gitarre, Banjo, Bass, Cello, Lapsteel, mit Sampler und am E-Piano durchaus vielseitige Akzente zu setzen im Stande war. Dafür musste er sich dann Sprüche anhören wie "Du bist doch viel zu gut angezogen zum Banjo-Spielen". Das Kölner Konzert lag am Beginn der Tour - und somit lief noch nicht alles so rund, wie es hätte sein können. Das äußerte sich nicht nur darin, dass Lindner mal zum falschen Instrument griff, sondern auch dadurch, dass die Sache mit den Samples nicht so klappte, wie das wohl gewünscht war (etwa in Bezug auf den Rhythmus oder die Gitarrenstimmung). Zum Glück wurden diese aber recht sparsam eingesetzt, so dass das kein allzu großes Problem darstellte. Heather hatte sich des Weiteren gleich mehrere Aktionen einfallen lassen, um die Fans einzubinden. So bat sie im Vorfeld um Wunschtitel, die sie dann in die Setlist einarbeitet (was vielleicht die vielen alten Tracks wie "Sugar", "Doubled Up" oder "Frontier" erklärte) und letztlich gab es noch eine Art von Audition für Fans, die Heather live bei dem Song "Paper Cup" begleiten wollten. Im Fall von Köln war dies Alex auf der Mandoline. Schön, dass es Musiker gibt, die sich überhaupt die Mühe machen, sich solche - im Grunde genommen simplen - Dinge überhaupt auszudenken!

Das Material des neuen Albums, das (von "Out In Mexico" über "Ride" bis zu "Soldier") über das ganze Set verstreut war, wurde dann weit weniger werksgetreu gegeben, als sich dies angeboten hätte - was aber kein Kritikpunkt sein soll, denn Heather legt nicht sehr viel Wert darauf, die Studio-Alben einfach 1:1 zu reproduzieren, sondern ist eine Verfechterin des Gedankens, dass Songs ein Recht auf Eigenleben haben. Freilich waren es dann am Ende doch eher die Tracks, die man normalerweise mit Band-Sound im Ohr hat, die in diesem Kontext interessanter erschienen. So z.B. "Walk This Earth", wo sich Lindner selbst als Rhythmusgruppe sampelte oder "London Rain", das ähnlich abgearbeitet wurde. Als Bonbon gab es dann noch die Cover-Version "Gloomy Sunday" (siehe YouTube-Link), die dank Arnulf Lindners Gitarrenarbeit ungewohnt jazzig rüberkam. Zwischendurch versuchte sich Heather noch an einigen Percussion-Instrumenten und setzte sich auch mal selbst ans Piano. Eigentlich nutzte sie so alle Möglichkeiten, ein Konzert wie dieses der bloßen Lagerfeuer-Romantik zu entreißen und zu einer abwechslungsreichen, spannenden Veranstaltung werden zu lassen. Und insbesondere die Aktionen, die Fans - unter Nutzung allseits verfügbarer, moderner Kommunikationstechniken - ins Geschehen einzubeziehen, können gar nicht lobend genug erwähnt werden.

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Surfempfehlung:
www.heathernova.com
www.heathernova.de
www.bentaylormusic.com
www.myspace.com/bentaylorofficial
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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