Allzu oft verspürt man bei Support Acts den Drang, die Zeit ein wenig nach vorne zu drehen, damit man nicht länger auf das eigentlich anvisierte musikalische Erlebnis warten muss. Im Fall von St. Vincent erlebte der Zuschauer jedoch eine Überraschung, die man keineswegs vorspulen wollte. Ganz ohne Tamtam und in fast schon schüchterner Manier betrat St. Vincent die Bühne, die für die folgende halbe Stunde nur ihr und ihrer Gitarre gehören sollte. Genau diese Konstellation sollte die Eindringlichkeit ihrer Songs noch verstärken und sorgte im Zusammenhang mit ihrer ungekünstelten Art und der angenehmen vokalen Leistung für glänzende Minuten. Auch die sehr eigene Interpretation von "Dig A Pony" der Beatles fand ein gebührendes Plätzchen im Set.
Kann man schon vor dem ersten Ton angetan sein? Grizzly Bear müssten allein schon für die ansehnliche und sehr wirkungsvolle Bühnenkulisse inklusive Beleuchtung ein lobendes Wort verdienen. Mehrere dunkle, an Telefonmäste erinnernde, Konstruktionen stehen über die gesamte Bühne verteilt und recken sich in die Höhe. Die daran befindlichen Kabel enden jeweils mit Glühbirnen, die wiederum in einer Glashülle schlummern und je nach Bedarf mit warmem Licht durchflutet und zum Leben erweckt werden. Ein schönes Bild, das nicht nur ungemein dem Auge gut tut, sondern auch die musikalische Darbietung der vier Herren aus Brooklyn gebührend in Szene setzt. Die läuten den Abend gleich mit "Southern Point", einem neuen Stück und gleichzeitig dem Opener ihres letzten Albums "Veckatimest", ein. Auch im weiteren Verlauf des Konzerts finden sich vermehrt neue Songs wieder, die live jeweils noch in ihrer Größe zu wachsen scheinen und atmosphärisch ebenfalls brillieren. So wird das Publikum mit dem unaufdringlichen und schönen "Cheerleader" in eine Art Schwebezustand versetzt, bei "Two Weeks" zum Mitsummen angeregt oder während "Foreground" von den sanften Piano-Klängen eingenommen.
Grizzly Bear treten in ihrer gesamten Art als wahres Kollektiv auf, in dem jedem Mitglied sein eigener Platz in der ersten Reihe eingeräumt wird. Gemeinsam in einer Reihe präsentiert sich das Quartett dem Publikum und bietet ihm dadurch einen noch besseren Einblick ins das Geschehen auf der Bühne. Und es lohnt sich bei der Band allemal genau hinzusehen, was das musikalische Treiben angeht. Besonders, wenn man es mit solchen Multi-Instrumentalisten wie Grizzly Bear zu tun hat. Da wechseln sich mal eben Querflöte, Xylophon, Autoharp, Piano und vieles mehr ab. Bewundernswert tapfer spielt sich vor allem Daniel Rossen von Song zu Song durch den Abend, denn rein optisch kann man ihm ansehen, dass es ihm gesundheitlich nicht wirklich gut geht. Dennoch schraubt er sein eigenes Befinden auf der Bühne zurück und stellt die Songs in den Mittelpunkt, was man ihm hoch anrechnen muss. Zumal er einen Tag später in München die letzten paar Songs leider streichen muss, weil es ihm offensichtlich noch schlechter geht.
Eigentlich spricht bei Grizzly Bear die Musik schon genug für sich, wenn man solche Bonbons wie "Knife", "Lullaby" oder "He Hit Me" vorgesetzt bekommt. Und dann erweisen sich die vier Tonbastler aus Brooklyn auch noch als charmant und witzig, wenn die Instrumente mal für einen Moment ruhen und sie den Kontakt zu den Zuschauern suchen. Da wird über die Größe der Besucher gestaunt, die in Deutschland ganz beeindruckend zu sein scheint oder Gitarrist und Sänger Ed Droste erzählt einen Schwenk aus seiner Zeit in Berlin, wo er vor einigen Jahren wohnte. Sogar ein paar Brocken Deutsch wirft er mit einem Lächeln in den Raum und beendet seine Geschichte mit einem Bedauern die Sprache nicht besser zu sprechen und einem "Tschuldigung!", das herzlich vom Publikum aufgenommen wird.